%I Selbstverlag Fachbereich Geowissenschaften%C FU Berlin %X Der Untersuchung der Entwicklung der kalkigen Nannofossilien und der kalkigen Dinoflagellaten-Zysten an der Kreide/Tertiär-Grenze liegt Probenmaterial aus der Kembohrung Nennhausen 2/ 63 (Westbrandenburg) und von den Dänischen Vergleichsprofilen in Nordjütland (Nye K10v, Kj01by Gaard, Bulbjerg, Vokslev) und von der Typuslokalität des Danien, Stevns Klint (Seeland), zugrunde. Aus der Einstufung des Probenmaterials aus der Bohrung Nennhausen 2/ 63 anhand kalkiger Nannofossilien ergibt sich eine stratigraphische Neubewertung dieses Materials. Der beprobte Bereich (Teufe 812 - 572 m) umfaßt den Abschnitt vom höheren Untermaastricht (Oberer Bereich der CC 24 nach SISSINGH, 1977) bis zum untersten Dan (untere NP2 nach MARTINI, 1971 bzw. untere Cruciplacolithus asymmetricus-Zone nach VAN HECK & PRINS, 1987). Die Kreide/Tertiär- Grenze ist, tiefer als bisher, bei Bohrmeter 590, begründet durch eine Fazieswechsel von Tonmergel zu glaukonitischem Kalkfeinsandstein und das Auftreten der ersten tertiären Florenelemente sowie der "survivor"-Arten anzusetzen. Der Hiatus im Grenzbereich umfaßt nur den oberen Bereich der CC 26 (Nephrolithus frequens-Zone nach SISSINGH, 1977) und den unteren Bereich der Biantholithus sparsus-Zone nach VAN HECK & PRINS, 1987). Die Bohrung Nennhausen durchteufte ein für Ostdeutschland einmaliges Profil im Bereich der Kreide/Tertiär- Grenze, dessen für den Küstenbereich ungewöhnliche Vollständigkeit durch die Lokalisierung in einer Salzstockrandsenke begründet wird. Der in der Nennhausener Abfolge fehlende Bereich wird, entsprechend der Korrelation der Nannofossildaten, von den Dänischen Vergleichsprofilen vollständig abgedeckt, so daß die Darstellung der Entwicklung der Vergesellschaftung kalkiger Dinoflagellaten-Zysten im Kreide/Tertiär- Übergangsbereich möglich wird. Aus der taxonomischen Bearbeitung ergeben sich Neubeschreibungen folgender Taxa: vier Gattungen: Orthotabulata (Orthopi thonelloideae), Operculodinella (Obliquipithonelloideae), Lentodinella und Septiareata (Pithonelloideae), 13 Arten: Orthopithonelloideae: Orthopithonella multipora, Orthocarinellum biconvexum, Orthotabulata obscura, Bitorus bulbjergensis, Ruegenia crassa, Obliquipithonelloideae: Obliquipithonella ossa, Operculodinella hydria, Od. reticulata, Od. costata, Carinellum turbosimile, Calcicarpinum tetramurus, Pithonelloideae: Lentodinella danica, Septiareata pyramiforma, und einer “Form- Art": Orthopithonella gustafsonii forma salebra. Die Gattungsdiagnose von Orthocarinellum wird dahingehend erweitert, daß auch Formen mit gleichmäßig gewölbtem Epi- und Hypotrakt einbezogen sind. Die Morphospezies Obliquipithonella operculata, Operculodinella hydria, Od. reticulata und Od. Costata werden als zusammengehörige Formreihe sensu KEUPP et al. (1991) mit gleitenden Übergängen erkannt. Mit der Einbeziehung von O. operculata als kugelförmiges Minimalstadium in die Formreihe, in der O. hydria das monocarinate Stadium, Od. reticulata das kryptotabulate und Od. costata das nahezu holotabulate Stadium vertreten, wird deren Zystennatur bestätigt. Nach ihrer Reichweite sind für den Bereich der Kreide Tertiär-Grenze vier Gruppierungen von Morphospezies kalkiger Dinoflagellaten-Zysten unterscheidbar: 1. das Gros der "Durchläufer“ [;] 2. wenige Formen, die offensichtlich ohne direkte Reaktion zu ihr, im Kreide/Tertiär-Übergangsbereich ihren Niedergang haben [;] 3. “Stress“- Formen, mit bloom-artiger Entwicklung im untersten Dan [;] 4. Formen, die erst ab dem oberen Paläozän bekannt sind. [;] Ausgehend davon können im untersuchten Material vermutlich als Reaktion auf den ökologischen Stress infolge der Ereignisse an der Kreide/Tertiär-Grenze fünf Etappen mit jeweils spezifischer Zystengemeinschaft erkannt werden. Diese lassen innerhalb der Assoziationen der kalkigen Dinoflagellaten- Zysten eine Entwicklung vermuten, die ähnlich der der kalkigen Nannofossilien neben den 'Durchläuferarten” ein Überdauern der Grenze durch bloom-artige Häufigkeit von "Stress”-Formen dokumentiert, aus denen sich später mehrere neue Morphospezies ableiten. Eine Analyse von evolutiven Aspekten scheitert jedoch daran, daß es sich bei den untersuchten Objekten nur um die fossil erhaltungsfähigen Kalkwände der Zysten der kalkigen Dinoflagellaten handelt, während die Theka fossil nicht überliefert ist. Die verwendeten taxonomischen Einheiten tragen deskriptiven Charakter, spiegeln also nur die erfaßbaren Merkmalskombinationen wider, deren genetische Fixierung vorerst nicht sicher erkannt werden kann. Darüber hinaus kann aufgrund des Nachweises funktionell strukturierter Organica an der Basis der kalkigen Innenwand von Bonetocardiella sp. ein Biomineralisationsprozess abstrahiert werden. Dieser ist, ausgehend von den beobachteten Strukturen, durch eine genetische Steuerung sowohl der Kristallnukleierung durch Anlage eines spezifischen Stützskeletts als auch des Kristallwachstums, gekennzeichnet. An Obliquipithonella ossa n.sp. sind erstmals an einer einfachwandigen obliquipithonelloiden Form, als Nukleierungszentren interpretierte, sternförmige Eindrücke auf der proximalen Seite der wandaufbauenden Skelettkristalle beobachtet worden. Ausgehend davon kann angenommen werden, daß ein entsprechend konfiguriertes Netz aus Mucusfasem als spezifizierte, also genetisch fixierte unlösliche (gerüstbildende) Strukturkomponente fungierte. Der stark von der anorganischen Gestalt abweichende Skelettkristallhabitus scheint maßgeblich auf die inhibitierende Wirkung immobilisierter löslicher (Nukleierungs-) Matrix zurückführbar zu sein. Sowohl Kristallnukleierung als auch Kristallwachstüm haben demnach einer genetischen Kontrolle unterlegen. Die Charakteristika von O. ossa n.sp. lassen vermuten, daß es sich um einen Morphotyp handelt, der eine Zwischenstellung zwischen Orthopithonelloideae und Obliquipithonelloideae einnimmt. Die Biomineraliationsprozesse von orthopithonelloiden und obliquipithonelloiden kalkigen Dinoflagellaten-Zysten sind vermutlich weniger krass zu trennen als vielmehr durch Übergänge bestimmt. %U http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?gldocs-11858/11549 %~ FID GEO-LEO e-docs