TSK 11 Göttingen 2006 Krumbholz et al. Fluidtransport entlang von Störungen und Klüften im Gebiet des Hengill-Vulkans, SW-Island Poster Michael Krumbholz1 Nadine Friese1 Steffi Burchardt1 Agust Gudmundsson1 Das Holozäne Hengill-Vulkansystem liegt in der aktiven Westvulkanischen Zone in Südwestisland. Es beinhaltet den Hengill-Zentralvulkan, der sich süd- lich des Sees Thingvallavatn befindet, und ist eines der aktivsten geothermi- schen Systeme Islands (Abb. 1). Die aktuelle Spreizungsrate in der Westvul- kanischen Zone liegt zwischen 3 und 7mma−1 bei einer Subsidenzrate von 1mma−1 (Tryggvason 1982; La Femina et al. 2005). Das Hengill-Vulkansystem ist 60–70 km lang und zwischen 5 und 10 km breit. Strukturgeologisch wird das Gebiet von großen NNE-streichenden Abschiebungen dominiert. Der Hengill-Vulkan selbst liegt in der Nähe des Tripelpunktes zwischen der Reykjanes-Halbinsel, der Westvulkani- schen Zone und der Südisländischen Seismischen Zone. Diese besondere plat- tentektonische Konfiguration ist eine der Ursachen für die sehr hohe seismi- sche Hintergrundaktivität. So wurden allein in dem Zeitraum zwischen 1994 und 1998 mehr als 80.000 Erdbeben klei- ner Magnitude im Gebiet um den Hen- gill registriert (Vogfjord et al. 2005). Ungefähr die Hälfte davon zeigte Herd- flächenlösungen, die auf Abschiebungen und auf Seitenverschiebungen zurückzu- führen sind. Die Seitenverschiebungen bilden in diesem Gebiet ein konjugier- tes System von NNE-streichenden dex- 1 Geowissenschaftliches Zentrum Göttingen, Goldschmidtstraße 3, 37077 Göttingen Abbildung 1: Das geothermische Kraftwerk Nesjavellir im Hengill-Vulkansystem. Die Abschiebungen im Hintergrund streichen N30°E. tralen und ENE-streichenden sinistralen Störungen. Die andere Hälfte der Erdbe- ben fand vorzugsweise in Hochtempera- turgebieten statt und zeigt Herdflächen- lösungen, die charakteristisch für Exten- sionsversagen verursacht durch zirku- liernde geothermale Wässer sind (Foul- ger 1988). Das Hauptziel dieser Untersuchung ist, das Verständnis für die Bruchentwick- lung und die Fluidtransportmechanis- men im Hengill-Gebiet zu verbessern. Dieses Verständnis ist notwendig, um realistischere Modelle über den Fluid- transport in den geothermischen Fel- dern erstellen zu können und um bes- sere Prognosen über ihre Lebensdau- er zu ermöglichen. Weiterhin soll der Kenntnisstand über den Einfluss von Wässern auf Erdbebenentstehung un- tersucht werden, da in diesem Gebiet die meisten Erdbeben durch Fluidüber- druck ausgelöst werden. Für diesen Zweck wurden mehr als 2000 Klüfte, 1000 Mineralgänge und 29 großskalige Abschiebungen am Hengill- Vulkan gemessen (Abb. 2). Die großen Abschiebungen, die eine Grabenstruk- tur bilden, streichen im Mittel N30°E. 1 Krumbholz et al. TSK 11 Göttingen 2006 Abbildung 2: Stereographische Projektion (untere Hemisphäre) von A) 2044 Klüften and B) 972 Mineralgängen. Die Kluftscha- ren sind senkrecht und parallel zum Ver- lauf der Grabenstruktur. Die Hauptschar der Mineralgänge streicht NE–SW, wäh- rend die untergeordneten Gangscharen E– W streichen bzw. subhorizontal liegen. Der gemessene vertikale Gesamtver- satz über diese 29 entlang eines Pro- fils gemessenen großen Abschiebungen beträgt mehr als 1200m. Die Klüf- te im Untersuchungsgebiet besitzen zwei Hauptrichtungen. Eine Kluftschar streicht parallel (NE–SW) zum Hengill- Vulkansystem während die zweite Kluft- schar genau senkrecht (NW–SE) da- zu ausgerichtet ist. Die NE–SW ver- laufenden Klüfte wurden bevorzugt von den zirkulierenden geothermalen Wäs- sern als Leiter benutzt und liegen heute zum großen Teil als Mineralgänge vor. Diese Kluftschar wurde bevorzugt von den Wässern benutzt, da sie senkrecht zur maximalen Zugspannung, also senk- recht zum örtlichen Spreizungsvektor, ausgerichtet war. Zusätzlich zu dieser NE–SW streichenden Schar von Mine- ralgängen haben sich zwei untergeord- nete Gangscharen entwickelt. Eine von ihnen streicht E–W und fällt nach Sü- den ein, die zweite Schar ist subhorizon- tal. Da die E–W streichenden Mineral- gänge nicht mit dem regionalen Span- nungsfeld erklärt werden können, wäre es möglich, dass sie mit dem konjugier- ten System von Seitenverschiebungen in Zusammenhang stehen. Dieses System von Seitenverschiebungen ist vermutlich die Ursache für die häufigen Erdbeben im Gebiet des Hengill-Vulkans. Literatur Foulger GR (1988) Hengill triple junction, SW Iceland, 2. Anomalous earthquake focal me- chanisms and implications for process within the geothermal reservoir and at accretiona- ry boundaries. J. Geophys. Res. 93, 13507– 13523 La Femina PC, Dixon TH, Malservisi R, Ár- nadóttir T, Sturkell E, Sigmundsson F & Einarsson P (2005) Geodetic GPS measure- ments in south Iceland: Strain accumulation and partitioning in a propagating ridge sy- stem, submitted to JGR Tryggvason E (1982) Recent ground deformati- on in continental and oceanic rift zones. Con- tinental and Oceanic Rifts, Geodynamic Se- ries, 8, 17–29 Vogfjord KS, Hjaltadóttir, S & Slunga, U (2005) Volcano-tectonic interaction in the Hengill region, Iceland during 1993-1998. Geophys. Res. Abstracts 7, EGU05-A-09947 2