TSK 11 Göttingen 2006 Ebert et al. Entwicklung einer fluidbeein- flussten Scherzone am Bei- spiel der Glarner Hauptüber- schiebung (Schweiz) Vortrag Andreas Ebert1 Marco Herwegh1 Adrian Pfiffner1 Lokalisierung unter retrograden De- formationsbedingungen kann häufig in groß-maßstäblichen Scherzonen beob- achtet werden. Dabei nimmt die Scher- zonenbreite kontinuierlich ab. Gleichzei- tig passt sich das Gefüge (Korngröße, Kornform, Kornorientierung, Zwillings- dichte, kristallographische Orientierung, usw.) den neuen Umgebungsbedingun- gen (Temperatur, Spannung und Ver- formungsrate) an. Die Glarner Haupt- überschiebung in den Ostschweizer Al- pen ist ein gutes Beispiel, um das Aus- maß und die Entwicklung einer Ver- formungslokalisierung zu bestimmen. In der Vergangenheit wurde sie detailliert in Hinblick auf ihre Isotopenverteilung und daraus resultierenden Fluidbewe- gungen und Überprägungen untersucht. Dies erlaubt das Zusammenspiel der Lo- kalisierung und der Fluidüberprägung zur Zeit der Platznahme der Glarner- decke zu bestimmen. Im Fall der Glar- ner Hauptüberschiebung wurde permi- scher Verrucano über den sedimentä- ren infrahelvetischen Komplex (Flysch und mesozoische Karbonate) geschoben. Dabei entstand zwischen dem Hangen- den und Liegenden der bekannte Loch- seiten Kalkmylonit. Die alpinen peak- metamorphen Bedingungen lagen im Bereich der Anchizone (230◦C) im Nor- den und der Grünschieferfazies (350◦C) im Süden. Entlang der Überschiebungsbahn wur- den im Abstand von wenigen Kilome- 1 Institut für Geologie, Universität Bern, Schweiz tern Probenserien vertikal zur Scher- bahn genommen. Dabei wurde be- ginnend am Kontakt zum Verrucano bis zu 20m tief beprobt, wobei nahe am Kontakt im Dezimeter-Bereich be- probt wurde. Alle Proben zeigen sta- bilisierte Korngefüge, welche durch ein temperatur- und spannungskontrollier- tes Wechselspiel von korngrößenreduzie- renden Mechanismen und Kornwachs- tum charakterisiert sind. Als Konse- quenz nimmt die mittlere Korngröße von Nord nach Süd zu, wobei sie aber gleichzeitig senkrecht zur Scherbahn ab- nimmt (Abb. 1). Die Zwillingsdichte verhält sich entgegengesetzt zur Körn- größe. Sie nimmt mit abnehmender Di- stanz zur Überschiebung zu (Abbildung 1). Änderungen der stabilen Isotope in vertikalen Profilen zeigen überein- stimmende Trends (Badertscher, 2001). δ13C und δ18O -Werte nehmen simul- tan mit der Korngröße zur Überschie- bungsbahn hin ab (Abb. 1). Zusammen mit synkinematischen Adern zeigen die- se Isotopenänderungen, dass während der Deformation Fluide vorhanden ge- wesen sein müssen und das Gefüge be- einflusst haben. Diese Änderungen im Mikrogefüge las- sen sich nur mit veränderten Defor- mationsbedingungen während der Über- schiebung erklären. Bedingt durch die Exhumation kühlte sich der ganze Deckenstapel ab. Dadurch änderten sich die Temperatur, Spannung und Verfor- mungsrate welche wiederum einen Ein- fluss auf die Deformationsmechanismen und somit auch auf das Gefüge hatten. Als Konsequenz lokalisierte die Scher- zone zunehmends, mit dem Ergebnis, dass die Scherzonenbreite kontinuier- lich abnahm. Eine Texturabschwächung zur Überschiebungsbahn hin, wie auch die kleineren Korngrößen deuten auf 1 Ebert et al. TSK 11 Göttingen 2006 Abbildung 1: Änderung der Korngröße (schwarze Punkte), der Zwillingsdichte (weiße Punkte), der Kohlenstoff-Isotope (+) und der Sauerstoff-Isotope (x) in Abhängigkeit der Distanz zur Überschiebungsbahn für ein nördliches und südliches Profil. Beachten Sie die Zunahme der mittleren Korngröße von Nord nach Süd. Isotopendaten von Badertscher (2001). einen Wechsel von Deformationsprozes- sen hin. Mit zunehmender Lokalisie- rung nahm der Anteil an korngrößen- kontrollierter Deformation zu, während der Anteil an Dislokationskriechen ab- nahm. Die erhöhte/leichtere Überprä- gung der Isotopensignatur zur Scher- zone hin kann mit folgenden Punkten erklärt werden: (a) dynamische Rekri- stallisation mit Korngrenzwandern er- leichtert den Einbau von fremden Iso- topen, (b) lokalisierungsbedingte kleine- re Korngrößen vergrößern die Permea- bilität und damit den Fluidfluß und (c) höhere finite Verformung in loka- lisierten Scherzonenbereichen führt zu einer längeren Equilibrierungszeit zwi- schen Fluid und Mylonit. Die allerspätesten Lokalisierungsstruk- turen in der Glarner Hauptüberschie- bung spiegeln spröde Bedingungen wie- der. Diese sind scharfe planare Bän- der/Brüche, die alle alten Strukturen durchschlagen und entweder mit Ge- steinsmehl oder einer extrem feinkörni- gen Matrix gefüllt sind. Desweiteren fin- det man lokal tektonische Brekzien. Literatur Badertscher N (2001) Deformation mechanisms and fluid flow along the Glarus overthrust, eastern Helvetic Alps, Switzerland. PhD Thesis, Université de Neuchâtel, Switzer- land, pp 286 2