TSK 11 Göttingen 2006 Hoffmann et al. Strukturgeologische Gelände- studie im Mittleren Bunt- sandstein zur Nutzung als geothermisches Reservoir Poster Stefan Hoffmann1 Christian Müller1 Sonja L. Philipp1 Agust Gudmundsson1 Zur Nutzung von Erdwärme aus Teu- fen zwischen 2–5 km werden häufig Sy- steme aus einer Injektions- und Förder- bohrung (‚Dubletten-System‘) genutzt. Dabei wird durch die Injektionsboh- rung ein Fluid in den Untergrund ver- presst, welches sich erhitzt und durch die Förderbohrung wieder an die Ober- fläche gelangt. Ein wesentlicher Para- meter für die produktive Nutzung von solchen Dubletten-Systemen ist eine ho- he Permeabilität der Gesteine im Un- tergrund. Häufig werden in solchen geo- thermischen Reservoiren die Wegsam- keiten für Fluide von Brüchen kontrol- liert, die bereits vorhanden sind oder künstlich erzeugt werden müssen (hy- draulische Stimulation). Deshalb ist die Kenntnis über existierende Bruchgeo- metrien sowie Vernetzung der Bruch- systeme von fundamentaler Notwendig- keit zur Abschätzung der Permeabilität von geothermischen Reservoiren. Seis- mische Verfahren und Bohrkernanaly- sen besitzen im Allgemeinen dafür eine zu geringe Auflösung. Daher bieten sich dreidimensionale Rekonstruktionen des Bruchsystems aus analogen Obertage- aufschlüssen an (vgl. Philipp et al. 2005; 2006). Detaillierte strukturgeologische Gelän- destudien wurden dazu in Aufschlüs- 1 Geowissenschaftliches Zentrum der Geor- g-August-Universität, Abteilung Strukturgeo- logie und Geodynamik, Goldschmidtstr. 3, 37077 Göttingen Abbildung 1: Aufschluss im Mittleren Buntsandstein bei Bad Karlshafen: a) Die N-S streichenden Klüfte bilden durch recht geradlinig verlaufende Kluftflächen relativ glatte Aufschlusswände; b) Die W-E strei- chenden Klüfte sind meist schichtgebun- den, so dass Aufschlusswände mit deutlich hervorspringenden Bereichen entstehen. sen des Mittleren Buntsandsteins in Bad Karlshafen (bei Höxter) und Reinhau- sen (bei Göttingen) durchgeführt. Die Sandsteine des Mittleren Buntsand- steins wurden während der Trias im gesamten Norddeutschen Becken abge- lagert. In Niedersachsen ist der Bunt- sandstein südlich des Harzes in weiten Arealen an der Oberfläche aufgeschlos- sen. Nördlich des Harzes ist der Mittlere Buntsandstein von jüngeren Sedimenten überdeckt und in geothermisch interes- santen Teufen von ca. 3 km anzutreffen. Der Mittlere Buntsandstein ist durch einen sohlbankzyklischen Aufbau im 1 Hoffmann et al. TSK 11 Göttingen 2006 Abbildung 2: Abgelenkte oder gestopp- te Bruchausbreitung in geschichteten Ge- steinen (Reinhausen): dünne Tonschichten (weißgestrichelt) zwischen mächtigen Sand- steinschichten beeinflussen die Bruchaus- breitung. gesamten Beckenbereich charakterisiert (Bachmann et al. 1999). Diese beginnen jeweils mit mächtigen Basissandstei- nen, die im Hangenden in eine gering- mächtigere Wechselfolge aus Sandstein- Bänken und Ton-/Schluffsteinen über- gehen. Die Aufschlüsse dieser Gelände- studie decken diese unterschiedliche Fa- zies ab: Der Aufschluss in Reinhausen entspricht den mächtigen Basissandstei- nen, hingegen ist in Bad Karlshafen die heterogene Wechselfolge aufgeschlossen. In den Geländeuntersuchungen soll un- tersucht werden, in wieweit Mate- rialkontraste zwischen sandigen und tonig/schluffigen Gesteinsschichten die Bruchausbreitung beeinflussen. In beiden Aufschlusslokalitäten tritt ein orthogonales Kluftsystem mit einer N–S und einer W–E streichenden Kluftschar auf (vgl. Philipp et al. 2006). Im Auf- schluss in Bad Karlshafen setzen sich die N-S streichenden Klüfte oft durch mehrere Schichten fort. Diese Kluftschar weist eine geringe Richtungs- und Ein- fallsstreuung auf und bildet im Auf- schluss meist auch sehr glatte Wände aus (Abb. 1a). Die Klüfte der W-E strei- chenden Schar sind hingegen schicht- gebunden und zeigen eine weit größe- re Richtungsstreuung. Die Eigenschaf- ten dieser zweiten Kluftschar führen zu Aufschlusswänden mit deutlich hervor- springenden Bereichen (Abb. 1b). Im Vergleich zu Bad Karlshafen zei- gen die dickbankigen Sandsteinschich- ten in Reinhausen größere Kluftab- stände. Dies deutet auf einen Zu- sammenhang zwischen Bankmächtig- keit und Klufthäufigkeit hin. Die meist groß-dimensionierten Klüfte reagieren überaus empfindlich auf dünne Ton- steinschichten (Abb.2). Tonsteinschich- ten können als Spannungsbarriere fun- gieren und den Verlauf von Klüften be- einflussen oder sogar terminieren. Aus den Gelädeuntersuchungen geht hervor, dass die Bruchausbreitung von der Schichtmächtigkeit und entschei- dend vom Materialkontrast der un- terschiedlichen Schichtpakete abhängt. Die Geländebeobachtungen zeigen, dass schon geringmächtige Lagen von Ton- stein viele Klüfte stoppen oder ihren Verlauf ändern können (Abb. 3). Anscheinend aber entspricht die mecha- nische Schichtung nicht immer der sedi- mentären Schichtung, wie zum Beispiel 2 TSK 11 Göttingen 2006 Hoffmann et al. in Bad Karlshafen. Mehrere Schichten können eine Einheit bilden und sich wie eine einzelne Schicht verhalten (Phil- ipp et al. 2005). Diese Klüfte sind geothermischen Reservoiren von großer Bedeutung, da sie zusammenhängende Bruchnetzwerke bilden können und zu einer erhöhten Permeabilität des Reser- voirs führen. Ein solches Bruchnetzwerk würde in einem geothermischen Reser- voirgestein zu einem erwünscht hohen Fluidfluss führen. Anscheinend aber entspricht die mecha- nische Schichtung nicht immer der se- dimentären Schichtung. So bilden im Aufschluss in Bad Karlshafen mehre- re Schichten häufig eine Einheit, die sich wie eine einzelne Schicht bei der Kluftausbreitung verhalten (Philipp et al. 2005). Diese Klüfte sind in geo- thermischen Reservoiren von großer Be- deutung, da sie zusammenhängende Bruchnetzwerke bilden und zu einer erhöhten Permeabilität des Reservoirs führen können. Ein solches Bruchnetz- werk würde im Mittleren Buntsandstein zu einer erwünscht hohen Permeabilität führen. Danksagung Wir danken der Deut- schen Bundesstiftung Umwelt für ein Promotionsstipendium für C. Müller, sowie den Steinbruchbetrieben Bunk und Niemeyer für den Zugang zu den Aufschlussflächen. Literatur Bachmann GH, Beutler G, Hagedorn H & Hauschke N (1999) Stratigraphie der Germa- nischen Trias. In: Hauschke N & Wilde V (Hrsg.). Trias - Eine ganz andere Welt. Pfeil Verlag, München, S. 81–104 Philipp SL, Oelrich A, Müller C, Hoffmann S, Bartelsen T, Thäter D & Gudmundsson A (2006): Strukturgeologische Studien als Bei- trag zum Erfolg tiefengeothermischer Pro- jekte. (in diesem Band) Philipp SL, Hoffmann S, Müller C & Gud- mundsson A (2005) Verringerung des Fün- digkeitsrisikos für tiefengeothermische Pro- jekte durch strukturgeologische Geländestu- dien und Numerische Modell. Geothermische Jahrestagung 2005, Unterschleißheim: 113– 124 Abbildung 3: Terminationsverhalten von 74 Klüften an einer Tonschicht in Reinhausen. Die Tonschicht fungiert als Spannungsbar- riere und stoppt die meisten Klüfte. 3