TSK 11 Göttingen 2006 Friese et al. Abbildung 1: (a) Schematische geologi- sche Karte Islands (nach Gudmundsson, 2006). Rahmen markiert den in (b) mar- kierten Teilausschnitt. NVZ: Nordvulka- nische Zone; EVZ: Ostvulkanische Zone; WVZ: Westvulkanische Zone; SISZ: Südis- ländische Seismische Zone. (b) Vereinfachte geologische Übersichtskarte des Thingvel- lir Grabens in Südwest Island (nach Gud- mundsson, 1987) Strukturgeologische Analy- sen des Thingvellir Spalten- schwarms, Südwest Island Poster Nadine Friese1 Michael Krumbholz1 Steffi Burchardt1 Agust Gudmundsson1 1 Abteilung Strukturgeologie und Geodyna- mik, Geowissenschaftliches Zentrum Göttin- gen, Goldschmidtstraße 3, 37077 Göttingen Abbildung 2: Mit Grundwasser gefüllte, an der Oberfläche vertikale Störung. Die Öff- nungsweite beträgt etwa 10m. Blickrich- tung nach NNE Der Holozäne Thingvellir Spalten- schwarm ist Teil des 60 km langen Hengill Vulkansystems, das sich in der Westvulkanischen Zone in Island befindet und ein etwa 9000 Jahre altes basaltisches Lavafeld nördlich des Sees Thingvallavatn durchquert (Abb. 1). Dieser Spaltenschwarm enthält einige der größten postglazialen Verwerfungen und Brüche, die in der Riftzone Islands anzutreffen sind. Das Zentrum des Hen- gill Vulkansystems bildet der 0.8 Ma alte gleichnamige Vulkan. Der Gipfel des Vulkans ist durchzogen von NE-SW streichenden Abschiebungen, von denen einige bis zum See Thingvallavatn ver- folgt werden können. Der Thingvellir Spaltenschwarm wird von nahezu ver- tikalen Zugbrüchen und geöffneten Ab- schiebungen dominiert (Abb. 2). Diese Strukturen sind en-échelon und subparallel zueinander angeordnet und streichen im Mittel N29°E. Die Län- gen der Brüche variieren zwischen 360m und 7700m; die Sprunghöhen reichen von 0.5m bis zu 40m. Entlang der westlichen Grabenverwerfung, Alman- nagja, wurde eine maximale Öffnung des Bruchs von 68m gemessen. 1 Friese et al. TSK 11 Göttingen 2006 Während tektonischer Studien im Plei- stozänen Hengill Gebiet an einem etwa 7 km langen E–W streichenden Profils wurden mehr als 60 Störungen, davon 35 große Abschiebungen gemessen. Die Abschiebungen in diesem Gebiet strei- chen NE–SW und sind an der Ober- fläche subvertikal (Abb. 3). Die ma- ximale Sprunghöhe beträgt 160m, ge- messen an einer Abschiebung, die den nordwestlichen Hang des Hengill Vul- kans durchschneidet. Mehr als 85% aller gemessenen Abschiebungen zeigen Ver- satzbeträge kleiner als 25m. Die Ab- schiebungen mit den größten Beträgen treten im und nahe dem westlichen Teil des Hengill Systems auf. So kann zum Saemundsson (1967) zum Beispiel eine Sprunghöhe von mehr als 240m entlang einer Abschiebung südwestlich des Sees Thingvallavatn ermitteln, und schätzte für einige Verwerfungen im Nordwesten des Sees, im Gebiet Botnssulur, Beträge von über 400m. Messungen anhand von Luftbildern (mit Hilfe eines Stereomi- krometers) bestätigten diese Gelände- daten. An der Abschiebung Jorukleif, im Südwesten des Untersuchungs-gebietes, wurden Sprunghöhen von 210m gemes- sen. Es kann eine direkte Korrelati- on zwischen dem Alter der Gesteine und den Verwerfungsbeträgen festge- stellt werden. So liegt die Abschiebung Jorukleif in dem Gebiet, wo einige der ältesten Gesteine des Hengill Gebietes anzutreffen sind. Ein 30 km langes Profil, welches einen Schnitt von 3Ma alten Pliozänen Ge- steinen am Fjord Hvalfjördur bis hin zu den Holozänen Lavafeldern des Thing- vellir Spaltenschwarms repräsentiert, wurde von Forslund & Gudmundsson (1991) systematisch aufgenommen. Da- nach durchziehen 156 Abschiebungen mit einem durchschnittlichen Streichen Abbildung 3: NE–SW streichende Abschie- bungen im Hengill Gebiet. Blickrichtung E, Kraftwerk Nesjavellir in der Bildmitte von N37°E das Gebiet. Die durch- schnittliche Sprunghöhe beträgt 10m; die maximal gemessene Sprunghöhe beträgt 150m. Der Einfallswinkel der Quartären Störungen beträgt im Mittel 75°. Sie sind somit steiler als diejenigen, die in den Tertiären Gebieten ange- troffen werden können, welche einen durchschnittlichen Einfallswinkel von 69° aufzeigen. Diese strukturgeologischen Daten implizieren, dass das Spannungsfeld, welches die Holozäne Entwicklung des Thingvellir Fissure Swarm maßgeblich beeinflusste, mindestens seit den letzten 3Ma gleich bleibend war. Das dominierende NE Streichen aller Strukturen im Extensionsgebiet Islands ergibt eine Ausrichtung der maximalen Zugrichtung von 110–130°. Dieser Trend geht in etwa konform mit dem derzeiti- gen geodätischen Vektor. Literatur Forslund T, Gudmundsson A (1991) Crustal spreading due to dikes and faults in southwest Iceland. J. Struct. Geol 13: 443– 457 2 TSK 11 Göttingen 2006 Friese et al. Saemundsson, K (1967) Vulkanismus und Tek- tonik des Hengill Gebietes in Südwest Island. Acta Naturalia Islandica Vol II, pp 105 3