TSK 11 Göttingen 2006 Seidel et al. Texturanalysen von Halitmy- loniten aus den Salzstöcken Gorleben, Morsleben und Teutschenthal Poster Torben Seidel1 Bernd Leiss1 Yvonne Küster2 Klaus Ullemeyer3 Michael Schramm2 Das Verständnis der Mechanismen und der Prozesse der Gefügeentwicklung und die damit verbundene Charakterisie- rung der anisotropen physikalischen Ei- genschaften von natürlich deformiertem Steinsalz sind von grundlegender Bedeu- tung. So lassen sich damit u.a. Aussa- gen zur Entwicklung von Salzstrukturen vom mikroskopischen bis zum regiona- len Maßstab machen, aber auch wichti- ge Parameter u.a. für den Kavernenbau oder die Endlagerung toxischer Stoffe in Salzstrukturen gewinnen. Ein wichtiger Gefügeparameter ist dabei die Entwick- lung kristallographischer Vorzugsorien- tierungen (Texturen). In der Literatur gibt es im Gegensatz zu Deformations- experimenten und numerischen Simu- lationen relativ wenige Untersuchungen natürlicher deformierter Steinsalze (für einen Überblick siehe Scheffzük 1999). Die meisten der bislang untersuchten Proben sind Einzelproben und sind nicht nach mylonitischen oder rekristal- lisierten Steinsalzgesteinen unterschie- den (u.a. Schwerdtner 1966, 1968, Goe- mann & Schumann 1977, Ertel 1987). Aussagen sind daher nicht zwingend re- präsentativ und eine Charakteristik der gesamten Salinarstruktur nicht möglich. 1 Geowissenschaftliches Zentrum der Univer- sität Göttingen (GZG), Goldschmidtstr. 3–5, D-37077 Göttingen 2 Bundesamt für Geo- wissenschaften und Rohstoffe (BGR) Hanno- ver, Stilleweg 2, D-30655 Hannover 3 Geologi- sches Institut, Universität Freiburg, Albertstr. 23-B, D-79104 Freiburg Abbildung 1: Zentraler Teil des südlichen permischen Beckens mit den dort entwickel- ten Salzstöcken und -kissen (Abb. nach Lokhorst 1999). Der Rand des Beckens ist durch einen Fazieswechsel der Zechstein 2 Karbonate vom Beckenhang (grau) zum Beckeninneren (hellgrau) hin gekennzeich- net. Die Lokationen der beprobten Bohr- kerne von Gorleben, Morsleben und Teut- schenthal sind vermerkt. Ziel unserer Arbeiten ist daher eine strukturbezogene (Falten, Scherzonen etc.) Gefügecharakterisierung durch Korrelation von Kornformanalysen, Texturen, makroskopischen Strukturen im dm- bis 10er Meter Bereich und der gesamten Salzstruktur. In einer ersten Studie wurde auf Salzproben aus Bohrkernen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover zurückgegriffen. Die Proben stammen aus durchteuften Scherzo- nen, d.h. Bereichen mit signifikanten Kornlängungen, die auf Verformung zurückgeführt werden. Es wurden Bohrkerne aus den Salzstrukturen von Gorleben, Morsleben und Teutschenthal in Norddeutschland beprobt (Abb. 1). Die Gesamtintensität der Verformung nimmt von Teutschenthal bis Gorleben 1 Seidel et al. TSK 11 Göttingen 2006 Abbildung 2: Flächenanschnitte der Proben a) Gorleben und b) Morsleben. zu, d.h. in Teutschenthal liegt eine Salzkissenstruktur, in Gorleben eine Diapirstruktur vor. Steinsalzgesteine sind immer vergleichs- weise grobkörnig und Halit ist optisch isotrop. Eine systematische quantitative und volumenbezogene Texturanalyse ist damit vor allem mit der Neutronenbeu- gung sinnvoll, da Neutronen in Materie relativ schwach absorbiert werden und daher größere Probenvolumina durch- strahlt werden können. Besonders geeig- net ist dabei der Neutronentexturmess- platz SKAT am Vereinigten Institut für Kernforschung in Dubna, Russland, da dort Probenvolumina mit bis zu 5cm Durchmesser messbar sind. (Ullemeyer et al. 1998). Als Probenkörper wurden daher Zylin- der mit einem Durchmesser von 5 cm bzw. Würfel mit einer Kantenlänge von 5 cm präpariert. Das Probenkoordina- tensystem wurde unabhängig vom Ge- füge, aber in Bezug zur Bohrkerngeome- trie festgelegt. Die z-Richtung ist paral- lel zur Bohrrichtung, x parallel und y senkrecht zum Medianschnitt des Bohr- kerns orientiert. Die Flächenanschnit- te in Abb. 2 sind nicht zwingend par- allel zur Foliation und zur Mineral- streckungslineation orientiert, da diese am Bohrkern nicht immer eindeutig er- sichtlich sind. Die Gefüge aus Gorleben und Morsle- ben zeigen deutliche Kornformanisotro- pien (Abb. 2a, b). Während die Proben aus Gorleben Kornlangachsen zwischen 1 mm und bis zu 10mm aufweisen, zei- gen die Morslebenproben Kornlangach- sen zwischen 1mm und 5mm. In bei- den Lokationen liegen die abgeschätz- ten Kornachsenverhältnisse bei 1:2 bis 1:2.5. Die Korngrenzen sind gerade bis leicht verzahnt. Bei den Proben aus Teutschenthal lassen sich keine bzw. nur sehr schwache Kornlängungen nachwei- sen. Der mittlere Korndurchmesser be- trägt ca. 3mm. Die Korngrenzen sind 2 TSK 11 Göttingen 2006 Seidel et al. bei diesen Proben etwas stärker ver- zahnt. Die quantitativen Neutronentextur- messungen zeigen für alle untersuchten 4 Proben keine kristallographischen Vorzugsregelungen. Da die bislang aus der Literatur bekannten Regelun- gen im Steinsalz in der Regel sehr schwach sind, wurden Untergrund- und -Detektorkorrekturen sehr genau überprüft und Einzelmaxima in den Polfiguren mit Hilfe der Texturkompo- nentenmethode auf kristallographische Kompatibilität überprüft. Es konnten jedoch keine, auch nicht sehr schwache Regelungen festgestellt werden. Obwohl die anisotropen Kornformgefü- ge klare Hinweise auf plastische Verfor- mung geben, können über die Textur- analyse keine Hinweise auf intrakristal- line Gleitsysteme als Verformungsme- chanismen gefunden werden. Zur Dis- kussion steht ein Verformungsprozess ohne intrakristallines Gleiten, d.h. Lö- sung/Fällung bzw. Diffusion, oder eine postdeformative Entregelung. Laufende Untersuchungen sollen zeigen, ob und in welchen Strukturen der Salzstöcke Tex- turen auftreten. Literatur Ertel A (1987) Neutronographische Textur- untersuchung an Salinargesteinen aus Kali- salzlagerstätten der DDR. Dissertation Karl- Marx Univ. Leipzig, pp 94 Goemann U & Schumann H (1977) Röntge- nographische Gefüge- Untersuchung an einer orientiert entnommenen Probe von grobkör- nigem Steinsalz. Tschermaks Mineral. Petro- gr. Mitt. 24, 179–190 Lokhorst A (ed) (1999) NW European gas atlas CD-Rom. Bundesanstalt für Geowissenschaf- ten und Rohstoffe Hannover. Scheffzük C (1999) Neutronographische Tex- turanalysen und Mikrostrukturuntersuchun- gen natürlicher und triaxial verformter Ha- lite. Dissertation RWTH Aachen, Scienti- fic Technical Report STR99/15, GeoFor- schungsZentrum Potsdam. Schwerdtner WM (1966) Preferred Orientati- on of Halite in a ‘Salt Seismogram’. Proc. Second. Symp.on Salt 1965, Northern Ohio Geol. Soc., Cleveland, 70–84 Schwerdtner WM (1968) Intragranular gliding in domal salt. Tectonophysics 5, 353–380 Ullemeyer K, Spalthoff P, Heinitz J, Isakov NN, Nikitin AN & Weber K (1998) The SKAT texture diffractometer at the pulsed reactor IBR-2 at Dubna: experimental layout and first measurement. Nuclear Instruments and Methods in Physics Research A412, 80–88 3