Paläont. Z. 59 3/4 9 Abb. 245-260 1 Stuttgart, Dezember 19851 Teuthiden aus dem Unterapt (»Töck«) von Helgoland (Schleswig-Holstein, Norddeutschland) Teuthids from the Early Aptian ("Töck") of Heligoland (Schleswig-Holstein, North Germany) THEO ENGESER, Tübingen und ]OACHIM REITNER, Berlin* Mit 9 Abbildungen Abstract : From the Early Aptian ("Töck") of Heligoland (North Germany) three new species, one new genus and one new family of Teuthids are described: M astigophora stuehmeri n. sp., Boreopeltis helgo- landiae n. gen. n. sp. and Maioteuthis damesi n. sp. The new genus Boreopeltis n. gen. ist placed in the family Plesioteuthididae NAEF 1921. The genus Mastigophora OWEN 1856 previously attributed to the family Lo- ligosepiidae VAN REGTEREN ALTENA 1949 is proposed as type genus of the new family Mastigophoridae. Two poorly preserved specimens cannot"be identified specifically (?Trachyteuthis sp. and Plesioteuthis sp.). Kur z fas s ung: Aus dem Unterapt (»Töck«) von Helgoland werden drei neue Arten, eine neue Gat- tung und eine neue Familie von Teuthiden beschrieben: M astigophora stuehmeri n. sp., Boreopeltis helsolan- diae n. gen. n. sp. und Maioteuthis damesi n. sp. Die Gattung Boreopeltis n. gen. wird zur Familie PleslOteu- thididae NAEF 1921 gestellt. Die Gattung Mastigophora OWEN 1856, bisher zur Familie Loligosepiidae VAN REGTEREN ALTENA 1949 gestellt, wird zur Typusgattung der neuen Familie Mastigophoridae vorge- schlagen. Zwei weitere Exemplare können nicht näher bestimmt werden (?Trachyteuthis sp. und Plesio- teuthis sp.). Einleitung Teuthiden aus der Unterkreide waren bisher fast unbekannt. Bisher waren nur zwei Arten aus dem Barreme der Insel Maio (Kapverdische Inseln) beschrieben (REITNER & ENGESER 1982). Einen weiteren Teuthiden aus der Unterkreide bilden HECKER & HECKER (1955) aus dem Apt der Mittleren Wolga-Region als »Plesioteuthis? sp.« (- Geoteuthinus? sp., ENGESER & REITNER 1983) ab. Die Abbildungen von »Sepia« vetustissima COSTA 1850 (COSTA 1850: 89-92, Taf. 7) aus dem Apt von Pietraroia (Prov. Benevento, Italien) lassen nicht entscheiden, ob es sich um einen Sepien-/Teuthiden-Rest bzw. überhaupt um einen Coleoiden-Rest handelt. In der Literatur wird noch eine weitere Teuthidenfundstelle mit Unterkreide-Alter erwähnt. In den Fossillisten der Arbeiten von DAMES (1883: 1031), STOLLEY (1915: 571, 574), PRATJE (1923: 23) und ERNST (1927: 123) werden aus dem Unterapt (»Töck«) von Helgoland, »Sepiophori- den« und ein »Geoteuthis« aufgeführt, aber weder abgebildet noch beschrieben. Bei einer Nachfrage nach dem Verbleib der Stücke, sie sollten sich nach NAEF (1922: 166) in Hamburg • Anschriften der Autoren: Dr. THEO ENGES ER, Geol.-Paläont. Institut der Universität, Sigwartstraße 10, 0-7400 Tübingen; Dr. ]OACHIM REITNER, Paläont. Institut der Freien Universität, Schwendenerstraße 8, 0-1000 Berlin 33. 0031-0220/ 85/ 0059-0245 $ 4.00 © 1985 E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung, D-7000 Stuttgart 1 246 Theo Engeser und Joachim Reimer befinden, bekamen wir von Prof. eH. SPAETH (Harn burg) die Auskunft (schrift!. Mitt. vom 29.4. 1982), daß sämtliche Stücke während des Krieges vernichtet wurden. Gleichzeitig machte er uns auf das von Herrn Dip!.-Ing. H. H. STÜHMER (Helgoland) neu aufgesammelte Teuthiden-Material aus dem »Töck« sowie auf die Publikation von STÜHMER, SPAETH & SCHMID (1982) aufmerksam. Herr STÜHMER überließ uns dann in liebenswerter Weise seine Stücke zur Bearbeitung und vermittelte uns auch ein Teuthidenexemplar von Frau VERA AN- GER (Helgoland). Angesichts der Seltenheit von Unterkreide-Teuthiden tragen die Stücke von Herrn STÜHMER und Frau ANGER wesentlich zur Kenntnis dieser auch insgesamt recht seltenen Fossilien bei. Lokalität und Stratigraphie Als Fundort der beschriebenen Teuthiden kann nach Auskunft von Herrn SWHMER der gesamte Nordstrand der Helgoländer Düne (Abb. 1) etwa in Höhe des Schriftzuges, der quer über die Helgoländer Düne gelegt ist, angegeben werden. Die Abbildung wurde mit schrift!. Genehmigung von H. H. STÜHMER aus STÜHMER, SPAETH & SCHMID (1982: 13, Abb. 3) repro- duziert. Die Teuthiden stammen aus angeschwemmten Geröllen, die jedoch alle eindeutig dem Schwarzschiefer des Unterapt (»Töck«) zuzuordnen sind (vg!. auch STÜHMER, SPAETH & SCHMID 1982). Systematischer Teil Unterklasse Coleoidea BATHER 1888 Ordnung Teuthida NAEF 1916 Unterordnung Prototeuthina NAEF 1921a Bemerkungen: FISCHER & RlOu (1982) veränderten die nicht ganz befriedigende Systematik von JELETZKY (1966) in nicht korrekter Art und Weise. So wird die Unterordnung Loligosepiina JELETZKY 1965 zu einer »Superfamilie Loligosepiacea JELETZKY 1965« erniedrigt und zur Unterordnung Prototeu- thina NAEF 1921a gestellt. Außerdem wird die "neue« Superfamilie Plesioteuthacea aufgestellt. Dieses Vorgehen ist nach I.R.Z.N. Art . 36 nicht korrekt. Die Einführung der Familiennamen Plesioteuthididae durch NAEI:.(1921a) und Loligosepiidae durch VAN REGTE REN ALTENA (1949) bewirkt auch die Verfüg- barkeit des Uber- und Unterfamiliennamens. In dieser Arbeit wird vorgeschlagen, die Unterordnung Lo- ligosepiinaJELETzKY 1965 zu streichen und die zu dieser Unterordnung gestellten Familien zur Unterord- nung Prototeuthina NAEF 1921a zu stellen . Die Diagnose der Unterordnung Prototeuthina NAEF 1921a wird wieder auf den Umfang der von NAEF (1922) gegebenen Diagnose ausgeweitet. Die Unterschiede zwischen den Unterordnungen Loligosepiina und Prototeuthina sind verglichen mit den Unterschieden etwa der Prototeuthina zu den Mesoteuthina NAEF 1921a sehr gering. Die Ubergänge zwischen den bei- den Unterordnungen sind fließend. In etlichen Fällen, z. B. bei Arten der Gattung Loligosepia QUEN- STEDT 1839 und Paraplesioteuthis N AEF 1921 a, kann nicht exakt entschieden werden, in welche 9.er beiden Unterordnungen sie gestellt werden sollen. Eine Gliederung der Prototeuthina NAEF 1921a in Uberfami- lien ist aber überflüssig, da die verwandtschaftlichen Beziehungen der einzelnen Familien zueinander sehr unsicher sind. Die Unterordnung Prototeuthina NAEF 1921a umfaßt nun die Familien Plesioteuthitidae NAEF 1921a, Leptoteuthididae NAEF 1921a, Lioteuthididae NAEF 1922, Loliliosepiidae VAN REGTEREN ALTENA 1949, Geopeltididae VAN REGTE REN ALTENA 1949 und Mastigophondae n. farn. Die Familie Necroteu- thididae KRETZOl1942 aus dem Oligozän von Ungarn, die auf einem einzigen Exemplar beruht, wird ge- strichen, da Necroteuthis hungarica KRETZOI sehr wahrscheinlich ein Sepien-Rest ist. Die Unterordnung Prototeuthina NAEF 1921a ist von der Obertrias (Rhät) bis zur Oberkreide (Maastricht) nachgewiesen (v gl. REITNER 1978, BINKHORST VAN DEN BINKHORST 1861-62). <::: .;<;.;'" :::;:) Teuthiden aus dem Unterapt (»Töck«) von Helgoland . ...... \ ..... : .. ......... :::.\ ........ :.:', ..... ......... -==~ -' " ". N ............ ~.... ~ ..... ~ ..... \ ....... ,-_.\ i \. " . ........ ; 247 .... " . ..... ", ./ Abb. 1. Karte des Inselkomplexes Helgoland mit Verlauf der untermeerischen Klippenzüge (aus STÜH- MER, SPAETH 13< SCHMID 1982, mit ausdrücklicher Genehmigung von H. H. STÜHMER). Fig. 1. Map of Heligoland with the two islands (Main island and "Düne") and surrounding submarine cliffs. (According to STÜHMER, SPAETH 13< SCHMID 1982). 17 Paläont. Z. 59 248 Th'eo Engeser und Joachim Reitner Familie Mastigophoridae n. farn. Sy n . : e. p. Loligosepiidae VAN REGTE REN ALTENA 1949. T y pu sg attung : Mastigophora OWEN 1856. ' Diagnose: Mäßig schlanke bis schlanke Prototeuthiden mit großen Konusfahnen, die am unteren Gladiusende einen relativ großen Konus bilden. Das Mittelfeld zeigt mit Aus- nahme einer einfachen Mittellinie keine Strukturelernente. Es läßt sich nicht oder nur sehr undeutlich von den Seitenfeldern abgrenzen. Die Seitenfelder gehen zur Außenseite des Gla- dius hin ohne scharfe Grenzlinie in die Konusfahnen über. Hyperbolarfelder zwischen Sei- tenfeldern und Konusfahnen fehlen völlig. Differentialdiagnose: Die neue Familie Mastigophoridae n.fam. unterscheidet sich von der Familie Loligosepiidae VAN REGTEREN ALTENA 1949, in die die Typusgattung Masti- gophora OWEN 1856 bisher gestellt wurde, in folgenden Punkten: Die Vertreter der Familie Loligosepiidae besitzen eine in sich strukturierte Mittellinie. Das Mittelfeld ist deutlich von den Seitenfeldern abgrenzbar. Zwischen den Konusfahnen und den Seitenfeldern sind breite Hyperbolarfelder vorhanden, die ebenfalls klar abgrenzbar sind. Die Familie Geopeltididae VAN REGTE REN ALTE NA 1949 besitzt einen wesentlich breiteren Habitus und ebenfalls klar abgrenzbare Konusfahnen, Hyperbolarfelder, Seitenfelder und ein Mittelfeld (allerdings ohne Mittellinie). Gewisse Beziehungen bestehen zur Familie Lioteuthididae NAEF 1922. Der Gladius dieser Familie ist, vergleichbar zum Gladius der Vertreter der Familie Mastigophori- dae n.fam., nicht klar in Konusfahnen, Hyperbolarfelder, Seitenfelder und Mittelfeld geglie- dert. Jedoch sind die Seitenfelder bzw. Seitenplatten wesentlich anders gestaltet. Die Familie Lioteuthididae NAEF 1922, die lediglich die monotypische Typusgattung Lioteuthis NAEF 1922 umfaßt, ist nur sehr schlecht bekannt und seit der Erstbeschreibung und -abbildung (subjektiv gestaltete Zeichnung) nicht mehr bearbeitet worden, so daß eine genaue Differen- tialdiagnose schwierig ist. Eine Neubeschreibung wird derzeit vorbereitet. Be m e r k u n ge n : Bisher kann der Familie Masti~ophoridae nJam. nur die Gattung M astigophora OWEN 1856 zugeordnet werden, die von Callovium bis Unterapt bekannt ist. Gattung Mastigophora OWEN 1856 Typusart : Mastigophora brevipinnis OWEN 1856. Bemerkungen: Die Gattung Mastigophora OWEN 1856 wurde erst vor kurzem neu beschrieben (DoNovAN 1983). M astigophora stuehmeri n.sp. Abb. 2, 3, 4 1982 »5epia«-ähnlicher Tintenfisch. - STÜHMER, SPAETH & SCHMID, S. 144/ 45, Taf. 52. D e ri va ti o n o mini s: N ach dem Finder und Sammler Helgoländer Fossilien, Dipl.-Ing. H . H . STÜHMER (H elgoland). H o lo t y pu s: Slg. H . H . STÜHMER (Helgoland), Nr. 1090, Abb. 2, 4. Lo cu s t y pi cus : Nordstrand der Helgoländer Düne, Helgoland, Schleswig-Holstein. Stratum t y pi c um : Schwarzschiefer (»Töck«) des Unterapt. Material: 1 Exemplar. Diagnose: Eine große Art der Gattung Mastigophora OWEN 1856 mit relativ breitem Ha- bitus und bis an das Vorderende des Gladius hochgezogenen Konusfahnen. Der Gladiuswin- kel beträgt etwa 10°. Beschrei bung: Das vorliegende Exemplar (Abb. 2, 4) ist ca. 33 cm lang. Der Gladius ist jedoch am Vorderende nicht ganz vollständig. Es dürfte hier jedoch nur wenig fehlen (ca. 2-4 cm). Auch das hintere Ende des Gladius ist beschädigt, und die Gladiusspitze fehlt. Diese fin- det sich links unterhalb des Gladius in einem 8 X 5 cm großen Fleck mit fossilisierten Weich- Teuthiden aus dem Unterapt (»Töck«) von Helgoland 249 I----t------it--+-\----ML -+------'H----+-+---M F --;t---+-t---SF --t-'-f----KF ~l Abb. 2. Mastigophora stuehmeri n. sp .> Holotyp, Unterapt von H elgoland, Slg. H. H . STÜHMER (Helgo land) Nr. 1090. Dorsalse ite. Maßstab in cm. (Abgebildet in STÜHMER, SPAETH & SCHMID 1982: 144/ 45, Taf. 52, »5epia«-ähnlicher Tintenfisch) Fig. 2. Mastigophora stuehmeri n. sp., ho lotype, Early Aptian of H eligoland, Col!. H . H. STÜHMER (Heligo- land) no. 1090, dorsal view. Scale in cm. (Previously figured in STÜHMER, SPAETH & SCHMID 1982: 144/ 45, pI. 52) Abb. 3. Rekonstruktion des Gladius von Mastigophora stuehmeri n. sp. aus dem Unterapt von Helgoland. Ventralsei te.Das untere Ende wurde analog zu M. brevipinnis aus dem Callovium von England ergänzt. Maßstab - 1 cm. Abkürzungen siehe Abb. 4. Fig. 3. Reconstruction o f the gladius of Mastigophora stuehmeri n. sp. , Early Aptian of Heligoland, ventral view. The posterior end of the gladius was completed analogous to M. brevipinnis from the Callovian of England. Scale - 1 cm. For abbreviations see Fig. 4. 250 Theo Engeser und Joachim Reitner teil- und Gladiusresten. Etwas unterhalb der Mitte erreicht der Gladius mit 10,5 cm seine größte Breite. Das Exemplar ist leicht »asymmetrisch«, da es auf der rechten Gladiusseite liegt. Die rechte Konusfahne ist daher nicht zu sehen. Der Gladius ist nur wenig strukturiert. Wäh- rend die Mittellinie noch relativ gut zu sehen ist (Abb. 4), sind Mittelfeld, Seitenfeld und linke Konusfahne nur sehr schwer gegeneinander abzugrenzen. Ein Hyperbolarfeld fehlt ganz. Die Seitenfelder sind an hand der nach oben gebogenen Anwachsstreifung (Abb. 4) zu erkennen. Sie gehen ohne deutliche Grenzlinie in das Mittelfeld über. Die Grenze Seitenfeid/ Konusfah- nen wird durch eine nicht scharf eingrenz bare Zone gebildet, in der die nach oben gebogenen Anwachsstreifen des Seitenfeldes ihre Richtung ändern und dann parallel zum Seitenfeld ver- laufen. Die Konusfahnen setzen anscheinend bereits unmittelbar am Vorderende des Gladius an. Sie zeigen eine Anwachsstruktur, die mit den Seitenfeldern einen nach unten gerichteten spitzen Winkel bildet. Das Exemplar ist ventral eingebettet, zeigt also die Dorsalseite des Gla- dius. Die usprüngliche Gesamtlänge des Gladius betrug wohl ungefähr 45 cm (Abb. 3). Das hin- tere Ende wurde analog Mastigophora brevipinnis OWEN 1856 (Callovium von England) und einer noch nicht beschriebenen Mastigophora-Art aus dem Untertithonium von Solnhofen re- konstruiert. Die Breite am Vorderende betrug, anhand der linken Gladiushälfte ergänzt, etwa 10 cm und entspricht der Breite des Mittelfeldes plus linkem und rechtem Seitenfeld, da die Konusfahnen erst unmittelbar darunter ansetzen. Die Gladiuselemente wurden in der Rekon- struktionszeichnung übertrieben deutlich dargestellt, um die einzelnen Gladiuselemente ge- mäß unserer Interpretation zu erläutern. D i He ren tial diagnos e: Mastigophora stuehmeri n.sp. unterscheidet sich von M. brevi- pinnis OWEN 1856 aus dem Callovium von England durch die absolute Größe und durch den etwas breiteren Habitus. Die Konusfahnen setzen bereits nahe am Vorderende des Gladius an, während sie bei M. brevipinnis auf die unteren 2/3 des Gladius beschränkt sind (DONOVAN 1983). Eine weitere noch nicht beschriebene Art der Gattung Mastigophora aus dem Unterti- thonium von Solnhofen ist durch einen wesentlich schlankeren Habitus charakterisiert. Vor kommen und stra ti graph ische Reich wei te : Bisher nur vom Locus typicus und Stratum typicum bekannt. Familie Plesioteuthididae N AEF 1921 a Gattung Plesioteuthis WAGNER 1859 Typusart: Loligo priscus RÜPPELL 1829. Be m e r k u n gen : Die Gattung Plesioteuthis wurde bereits in WAGNER (1859) aufgestellt und nicht erst in WAGNER (1860), wie die meisten Autoren (z. B. NAEF 1922, JELETZKY 1966, DONOVAN 1977) angenom- men haben. Plesioteuthis sp. Abb.5 Fundort: Nordstrand der Helgoländer Düne, Helgoland. Fundschicht: »Töck«, Unterapt . Material: 1 Exemplar, Slg. VERA ANGER (Helgoland), Nr. 1. Beschreibung: Der Gladius des vorliegenden Stückes (Abb. 5) ist größtenteils nicht mehr erhalten, kann jedoch anhand des Abdruckes beschrieben werden. Der Gladiusabdruck ist max. 11,2 cm lang und am Vorderende etwa 1,7 cm breit. Er ist am hinteren Ende unvoll- ständig. Die Gladiuslänge kann aufgrund des Winkels der Seitenfelder auf max. 15 cm rekon- struiert werden. Der Gladiuswinkel beträgt etwa 7°. Die Abdrücke der Seitenfelder sind ein- getiefte Furchen, d. h. waren ursprünglich erhabene Leisten, die sich beiderseits des Mittelfel- Teuthiden aus dem Unterapt (»Töck«) von Helgoland 251 KF Abb. 4. Mastigophora stuehmeri n. sp., Holotyp, Unterapt von Helgoland, Detailphoto aus der unteren Hälfte des Gladius. Die linke Hälfte des M ittelfeIdes, das linksseitige Seitenfeld und die linksseitige Kon- usfahne sind nicht scharf vone inander zu trennen. Maßstab in cm . - KF ~ Konusfahne, ISF ~ Inneres Sei- tenfeld , MF ~ Mittelfeld, ML ~ Mittellinie, ÄSF ~ Äußeres Seitenfeld . Fig. 4. Mastigophorastuehmeri n. sp., holotype, Early Aptian of Heligo land , sect ion of th e lower half of the gladius. The left half of the median field and the lateral field as we Il as the left wing are not c1early distin- guishable. Scale in cm. - KF ~ wing, ISF ~ Inner lateral fi eld , MF ~ median field , ML ~ median line, ASF ~ outer lateral field. des entlangzogen. Seitenplatten waren nicht vorhanden. Die Mittellin ie war im untersten Gladiusviertel eine erhabene, schmale Linie, die dann in den folgenden Gladiusvierteln in eine flachere, breite Mittellinie übergeht, die etwa 1/ 5 der Mittelfeldbreite umfaßt. Die einzi- gen Gladiusreste, die erhalten sind, befinden sich im Bereich dieser breiten Mittellinie (auf Abb. 5 als breite, weiße Zone erkennbar) . Vor dem vorderen Ende des G ladiusabdruckes fin- den sich foss ilisierte Weichteil reste, die als Kopfreste gedeutet werden können. Be m e r k u n ge n: Da im wesentlichen nur der Gladiusabdruck sichtbar ist und außerdem der hintere Teil des G ladius fehlt, so daß diagnostisch ve rwertbare Merkmale wie Fo rm der Konusfahnen bzw. Länge der Konusfahnen nicht bestimmt werden können, ist eine spezifische Bestimmung nicht sinnvoll. Der 252 Theo Engeser und Joachim Reitner Wechsel in der Ausprägung der Mittellinie während der Ontogenese von einer erhabenen schmalen Mit- tellinie zu einer flacheren, breiten Mittellinie deutet auf die Gattung Plesioteuthis WAGNER 1859 hin. Das Exemplar kann daher als Plesioteuthis sp. bestimmt werden. Es bestehen zwar gewisse Unterschiede in der Ausbildung der Mittellinie sowie im LlB-Index gegenüber Plesioteuthis prisca (RüPPELL 1829), allerdings sind wegen der oben erwähnten Gründe bessere Funde abzuwarten, um diesen Typus als eigene Art aus- scheiden zu können. Gattung Boreopeltis n. gen. Typusart: Boreopeltis helgolandiae n. gen. n. sp. Derivatio nominis: Zusammengesetzt aus Boreo-, gr. - Norden, und peltis, gr. - Schulp. Dia g nos e: Mäßig schlanke Plesioteuthiden mit breiter Mittellinie, breiten, unterteilten Seitenfeldern und breiten Seitenplatten, die auf die unteren ca. 2/3 der Gladiuslänge zu verfol- gen sind. Die Konusfahnen sind vermutlich klein. Differentialdiagnose: Boreopeltis n. gen. unterscheidet sich von der Gattung Plesio- teuthis WAGNER 1859 durch die breitere Mittellinie, die bis an das Vorderende des Gladius reicht, die anders gestalteten Seitenfelder, sowie den breiteren Habitus. Maioteuthis REITNER & ENGESER 1982 besitzt einfache und schmälere Seitenfelder, keine Mittellinie und einen klei- neren Gladiuswinkel. Dorateuthis WOODWARD 1883 hat einfachere Seitenfelder, eine Mittelli- nie, die ebenfalls bis an das Vorderende hochgezogen ist, aber keine Seitenplatten. Paraplesio- teuthis NAEF 1921a zeigt eine deutliche, wesentlich schmälere Mittellinie, aber keine Seiten- platten. Auch bei Romaniteuthis FISCHER & Rrou 1982, dessen Gladius allerdings nur ungenü- gend bekannt ist, fehlen Seiten platten. Die Seitenfelder und das Mittelfeld sind anders gestal- tet. Zugewiesene Arten: Boreopeltis helgolandiae n. gen. n. sp. aus dem Unterapt von Helgoland und Boreopeltis sagittata (NAEF 1921b) aus dem Untertithonium von Solnhofen. Vorkommen und stratigraphische Reichweite: Untertithonium bis Unterapt, Solnhofen (Bayern, Süddeutschland) und Helgoland (Schleswig-Holstein, Norddeutschland). Bemerk ungen: Neben der Typusart B. helgolandiae n. gen. n. sp. wird der neuen Gattung Boreopel- tis auch noch »Leptoteuthis« sagittata NAEF 1921 b zugewiesen. Die in NAEF (1921b) in der Abbildungser- klärung zu Abb. 60 für »Plesioteuthis prisca (RüPPELL 1829)« CRICK (1915: 313, Taf. 9) aufgestellte Art wird dann in NAEF (1922: 120, Abb. 43) als »junge Leptoteuthis gigas« bezeichnet. InNAEF (1922) findet sich kein Hinweis auf die in NAEF (1921 b) vorgeschlagene neue Art. Auch in der Sekundärliteratur wurde die vor- geschlagene neue Art nicht registriert, da alle folgenden Autoren nur auf NAEF (1922) zurückgegriffen ha- ben. Die Neuuntersuchung des CRlcK-Originals ergab jedoch, daß dieses Stück mit Sicherheit nicht zu Leptoteuthis v. MEYER 1834 zu stellen ist. Die Rekonstruktion von NAEF (1922: 120, Abb. 43) ist falsch, vor allem die Strukturierung der Seitenfelder und des Mi~telfeldes. Die Seitenplatten sind viel zu breit. We- sentlich genauer ist die Rekonstruktion in NAEF (1921b: Abb. 60), die jedoch in der Sekundärliteratur nicht berücksichtigt wurde. Die Art kann aufgrund der breiten Seitenplatten, der Struktur der Seitenfelder und des Mittelfeldes und der Mittellinie der Gattung Boreopeltis n. gen. zugeordnet werden. Das Original zu CRICK (1915) soll an anderer Stelle neu beschrieben werden. Boreopeltis helgolandiae n. gen. n. sp. Abb. 6, 7, 8 Derivatio nominis: Nach der Insel Helgoland. Holotypus: Slg. H. H. STÜHMER (Helgoland), Nr. 1568, Abb. 6. Paratypoide: Slg. H. H . STÜHMER (Helgoland), Nr. 1567a, b (Abb. 7, 8, Nr. 1570a, b.) Locus typicus: Nordstrand der Helgoländer Düne, Helgoland, Schleswig-Holstein. Stratum typicum: Schwarzschiefer (»Töck«), Unterapt. Material: 3 Exemplare. Dia g nos e: Eine Art der Gattung Boreopeltis mit sehr breiten Seiten platten und breiter Mittellinie. Der Gladiuswinkel beträgt etwa 12°. Teuthiden aus dem Unterapt (»Töck«) von Helgoland 253 Abb. 5. Plesioteuthis sp., Unterapt von Helgoland, G ladiusabdruck. Slg. VERA ANGER (Helgoland) Nr. 1. Im mittleren Drittel des G ladius sind im Bereich der Mittellinie noch Reste des Gladius erhalten (weiße Zone) . Maßstab in cm. Fig. 5. Plesioteuthis sp., Early Aptian of Heligoland, gladius imprinr, Col!. Mrs. VERA ANGER (Heligoland) no. 1, scale in cm. Abb. 6. Boreopeltis helgolandiae n. gen . n. sp., Holotyp, Unterapt von Helgoland, Slg. H. H. STÜHMER (Helgoland) Nr. 1568, Mittellinie, Seitenfelder und Seitenplatten sind gut zu sehen. Maßstab in cm. Fig. 6. Boreopeltis helgolandiae n. gen. n. sp., holotype, Early Aptian of Heligoland, Col!. H. H. STÜHMER (Heligoland) no. 1568, Median line, lateral fields and lateral plates are c1early visible. Scale in cm. 254 Theo Engeser und Joachim Reitner Beschrei bung: Das vorliegende Stück (nur eine Hälfte vorhanden) (Abb. 6) wurde zum Holotyp gewählt, weil es die Gladiuselemente am besten zeigt. Der Gladius ist max. 12 cm lang und 5 cm breit. Er ist aber am hinteren Ende unvollständig. Der Gladius ist z. T. über- deckt mit fossilisierten Resten des quergestreiften Mantelmuskels. Der Gladius ist in unter- schiedlicher Weise erhalten. Teile des Gladius liegen unverdrückt vor, d. h., daß der ursprüng- liche Aragonit, aus dem der Gladius aufgebaut war, umgewandelt wurde in neomorphen Kal- zit. Von anderen Teilen des Gladius liegen nur noch die organischen Lagen vor, d. h., daß aus diesen Partien der ursprüngliche Aragonit ohne Neomorphose herausgelöst wurde. Diese un- terschiedliche Erhaltung ist auf unterschiedliche Verletzung der organischen Hüllen zurück- zuführen, die einmal eine Umwandlung des Aragonits in Kalzit zur Folge hatte, im anderen Fall eine ersatzlose Herauslösung des Aragonits aus den organischen Gladiuslagen. Der Gla- dius besitzt eine am vorderen Gladiusende ca. 5 mm breite, längsgestreife Mittellinie, die an- scheinend etwas stärker mineralisiert war als das übrige Mittelfeld, das ebenfalls längsge- . streift ist. Die Seitenfelder sind scharf vom Mittelfeld abgegrenzt. Die Seitenfelder sind in zwei Elemente untergliedert. Direkt an das Mittelfeld schließt ein am vorderen Gladiusende 3 mm breiter Gladiusabschnitt mit konvexer Anwachsstreifung an, der hier mit »innerem« Seitenfeld bezeichnet wird. Das »äußere« Seitenfeld ist wesentlich schmäler und hatte ur- sprünglich einen runden Querschnitt, ist jedoch im entmineralisierten Zustand, z. B. auf der linken Gladiusseite, flachgedrückt. Etwa 4 cm vom Gladiusvorderende entfernt setzt außer- halb am Seitenfeld ein weiteres Gladiuselement an, das hier mit »Seitenplatte« oder »Lateral- platte« bezeichnet wird. Es ist unterteilt in ein schmales, ca. 1 mm breites, dem Seitenfeld pa- rallel verlaufendes Feld und in ein sich nach unten bis auf 4 mm verbreiterndes Feld. Es zeigt keine der typischen Hyperbolarfeld- oder Konusfahnenstrukturen. Da das Exemplar am hin- teren Ende unvollständig ist und auch keiner der Paratypoide vollständig ist, ist die Existenz von Konusfahnen fraglich. Sie wurden jedoch analog zu Boreopeltis sagittata (NAEF 1921 b) aus dem Untertithonium von Solnhofen rekonstruiert. Der Gladiuswinkel, an der Innenseite der Seitenfelder gemessen, wurde aus dem vorliegenden Bruchstück rekonstruiert und beträgt etwa 12°. Die Gesamtlänge des Exemplars dürfte etwa 15 cm betragen haben (Abb. 7). Beschreibung von Parat y poid 1: Das ExemplarliegtaufPlatte (Abb. 7) und Gegen- platte vor. Die Reste des Exemplars auf der Platte sind etwa 12 cm lang und max. 5 cm breit. Der Gladius ist am vorderen Ende etwa 3,2 cm breit. Auf der Gegenplatte verteilen sich die Reste des Exemplars auf 9 cm Länge und 4 cm Breite. Das Exemplar zeigt als zusätzliche Infor- mation zum Holotypus den Tintenbeutel (Abb. 7). Dieser ist relativ klein (1 x 1 cm) und ca. 8 cm vom vorderen Gladiusende entfernt. Es ist allerdings möglich, daß er z. T. schon ausge- laufen ist und daher die relativ geringe Größe nur vorgetäuscht wird. Der Gladius auf der Platte (Abb. 7) zeigt vor allem die Mittellinie und die Seitenfelder gut. Beschrei bung von Paratypoid 2: Das Exemplar liegt ebenfalls in Platte und Gegen- platte vor. Die Platte zeigt die Reste des Exemplars auf ca. 8 cm Länge und 6 cm Breite verteilt. Der Gladius ist am vorderen Ende von fossilisierten Resten des quergestreiften Mantelmuskel überdeckt. Auf der Gegenplatte sind die Reste des Exemplars auf 6 x 6,5 cm verteilt. Hier ist vor allem das Mittelfeld gut zu sehen. Die Mittellinie ist allerdings nicht so klar abgrenzbar wie bei den anderen Exemplaren. Das Exemplar bringt sonst keinerlei zusätzliche Informa- tion. Di ffere n t iald i a gnose: Boreopeltis helgolandiae n. gen. n. sp. unterscheidet sich von Bo- reopeltis sagittata (NAEF 1921 b) durch die wesentlich breiteren Seitenplatten und die deut- licher ausgeprägte Mittellinie. Bemerk un gen: Bei keinem der drei Exemplare ist eine Angabe der Einbettungslage sinnvoll, da die Gladi.i in der Mit,te auseinanderge.rissen und auf Platte und Gege~platte verteilt sind. DIe unt.erschiedlich deutlIche Auspragung der MittellInie (z. B. Abb. 6 und ParatypOld 2) kann darauf zurückgefuhrt werden, daß bei diesen zwei Exemplaren einmal mehr dorsale und im anderen etwas mehr ventrale Partien des Gladius zu sehen sind. Teuthiden aus dem Unterapt (»Töck«) von H elgoland " ... " .... +- c.... QJ :=J +- \/l c 0 ~ QJ .... 255 ML MF ISF I---~ASF SP ... ... " KF ~l Abb. 7. Boreopeltis helgolandiae n. gen . n . sp., Paratypoid I, Platte, Unterapt von Helgoland, Slg. H . H . STÜHMER (Helgoland) Nr. 1567b, Maßstab in cm. Fig. 7. Boreopeltis helgolandiae n. gen. n. sp., paratypoid I , plate , Early Aptian of Heligoland, Coll. H . H. STÜHMER (H eligo land) no. 1567b, scale in cm. Abb. 8. Boreopeltis helgolandiae n. gen . n. sp., Rekonstruktion des Gladius. Das untere Ende wurde analog Boreopeltis sagittata (NAEF 1921b) ergänzt. - ISF - Inneres Seitenfeld, ASF - Außeres Seitenfeld. Fig. 8. Boreopeltis helgolandiae n. gen. n. sp., reconstruction of the gladius, the posterio r end of the glad ius w,as completed and modelIed on that of Boreopeltis sagittata (NAEF 1921b). - ISF - inner latera l field s, ASF - outer late ral fields. 256 Theo Engeser und Joachim Reitner Gattung Maioteuthis REITNER & ENGESER 1982 Maioteuthis damesi n. sp. Abb.9 1982 »Teuthoidee«. - STÜHMER, SPAETH & SCHMID, S. 146/ 47, Taf. 53. Deri va tio nom i n is: Nach W. DAMEs, der zum ersten Mal die Existenz von Teuthiden in der Un- terkreide von Helgoland erwähnte. Holotypus: Slg. H. H. STÜHMER (Helgoland), Nr. 1187a, b, Abb. 9. Paratypoid: Slg. H . H. STÜHMER (Helgoland) Nr. 1569a, b. L 0 c u s typ i c u s: Nordstrand der Helgoländer Düne, Helgoland, Schleswig-Holstein. Stratum typicum: Schwarzschiefer (»Töck«) des Unterapt. Material: 2 Exemplare. Diagnose: Ein Vertreter der Gattung Maioteuthis REITNER & ENGESER 1982 mit relativ großem Gladiuswinkel und breiten Seitenplatten. Be s c h r e i b u n g des Hol 0 typ u s: Der Gladius und fossilisierte Reste des Weichkörpers des Exemplars sind auf Platte (Abb. 9) und Gegenplatte verteilt. Auf der Platte ist der Gladius auf etwa 16 cm Länge erhalten. Das Exemplar ist jedoch am hinteren Ende unvollständig. Die maximale Gladiusbreite beträgt etwa 2,5 cm. Die fossilisierten Reste des Weich körpers vertei- len sich auf eine Breite von 7 cm. Das Mittelfeld zeigt eine schwache Streifung und eine nur andeutungsweise sichtbare Mittellinie. Die beiderseits des Mittelfeldes verlaufenden Seiten- felder sind strukturiert. Sie bestehen aus einer inneren erhabenen Leiste (etwa 3 mm breit) und einem äußeren, parallel verlaufenden 2 mm breiten Feld ohne sichtbare Längsstreifung oder Anwachsstreifung. Die Seitenfelder laufen zum Vorderende des Gladius wieder zusam- men. Diese Beobachtung wird als Verdrückung gedeutet. Der Gladiuswinkel beträgt etwa 10°. Der Tintenbeutel ist ca. 3 x 2 cm groß und liegt ca. 4 cm vom unteren Ende der Platte ent- fernt. Vom Gladius sind auf der Gegenplatte max. 13,2 cm erhalten. Vor allem an dieser Hälfte des Exemplars sind die Lateralplatten, die außen an den Seitenfeldern ansetzen, gut zu sehen. Sie haben am unteren Ende der Gegenplatte mit ca. 1 cm die gleiche Breite wie das Mittelfeld des Gladius an der entsprechenden Stelle. Die Lateralplatten beginnen etwa 3 cm vom oberen Rand der Gegenplatte gemessen. Eine Rekonstruktion des Gladius ist schwierig, da vor allem die Länge des fehlenden vor- deren Teils des Gladius schwer abzuschätzen ist. Das fehlende hintere Ende läßt sich auf- grund des Apikalwinkels des Gladius auf ca. 4-5 cm berechnen. Die Konusfahnen waren aller Wahrscheinlichkeit nach recht klein - wie bei den anderen Vertretern der Gattung Maioteu- this- bzw. können aufgrund des verhältnismäßig kurzen fehlenden Stückes am hinteren Ende des Gladius allerhöchstens eine mittlere Größe erreicht haben. Die Gladiusgesamtlänge muß also mindestens 20 cm betragen haben. Wahrscheinlich ist jedoch eine Gladiusgesamtlänge um 25 cm. Dies läßt sich auch aufgrund der Lage des Tintenbeutels abschätzen. Beschreibung des Paratypoids: Auch bei diesem Exemplar liegt der Gladius auf Platte und Gegenplatte vor. Das Stück bringt keine zusätzliche Information zum Holotypus. Es zeigt aber noch einmal das Mittelfeld recht gut, auf dem keine Mittellinie zu sehen ist. Der Gladius ist zerbrochen und unvollständig. Es wurde wahrscheinlich von einem Freßfeind zer- bissen. Differen tialdiagnose: Maioteuthis morroensis REITNER & ENGESER 1982 aus dem Bar- reme der Insel Maio (Kapverdische Inseln), M aioteuthis arcuata (von der MARCK 1873) aus dem Camp an von Sendenhorst (Westfalen) und (?)M aioteuthis maestrichtensis (BINKHORST VAN DEN BINKHORST 1862) aus dem Maastricht von Limbourg (Niederlande) unterscheiden sich von Maioteuthis damesi n. sp. aus dem Unterapt von Helgoland (Schleswig-Holstein) durch das Fehlen von Lateralplatten sowie durch den kleineren Apikalwinkel. Vor kommen und s tra ti graph ische Reich wei te: Bisher nur vom Locus typicus und Stratum typicum bekannt. Teuthiden aus dem Unterapt (»Töck«) von Helgoland 257 Abb. 9. Maioteuthis damesi n. sp. Holotyp, Platte, Unte rapt von Helgoland, Slg. H . H. STÜHMER (Helgo- land) Nr. 11 87a, Gladius mit Abdruck des Tintenbeutels und fossilisierten Resten des Mantelmuskels. Seitenfelder und Lateralplatten gut zu sehen. Eine Mittellinie ist nicht zu erkennen. Maßstab in cm. (Ab- gebildet in STÜHMER, SPAETH & SCHMID 1982: 146/ 47, Taf. 53, »Teuthoidee«) . Fig. 9. Maioteuthis damesi n. sp ., holotype, plate, Early Aptian of Heligoland, Col!. H. H. STÜHMER (Heli- goland) no. 1187a. Gladi us w ith ink sac imprint and rests of the foss ilized mantle muscle. Latera l fields and lateral plates are clearly vis ible . No median line recognizable. Scale in cm . (Previo usl y figured in STÜHMER, SPAETH & SCHMID 1982: 146/ 47, p!. 53) 258 Theo Engeser und ]oachim Reitner Unterordnung Mesoteuthina NAEF 1921a Familie Trachyteuthididae NAEF 1921a Gattung Trachyteuthis v. MEYER 1846 ?Trachyteuthis sp. Fundort: Nordstrand der Helgoländer Düne, Helgoland, Schleswig-Holstein. Fun dschich t: Schwarzschiefer (»Töck«) des Unterapt. Material: 1 Exemplar, Slg. H. H. STÜHMER (Helgoland), Nr. 1566. Beschrei bun g: Das vorliegende Exemplar ist etwa 6 cm lang und max. 2,7 cm breit, aber am hinteren Ende unvollständig. Der Gladius ist seitlich eingebettet und zeigt fast nur die rechte Gladiushälfte. Das Vorderende des Gladius ist abgerundet und entspricht dem Mittel- feld der Mesoteuthiden. Das Mittelfeld ist aus mindestens zwei Schichten aufgebaut. Die obere Schicht besitzt eine »wellenförmige«, erhabene Ornamentierung, die jedoch im großen und ganzen konzentrische, dem Außenrand des Mittelfeldes entsprechende Zuwachsrhyth- men zeigt. Auf diesem »welligen« Feld ist eine schwache Mittellinie erkennbar. Die untere Schicht ist nahezu glatt und zeigt eine feine, konzentrische Anwachsstreifung. Auf der rech- ten unteren Seite des Gladius sind noch Reste des Hyperbolarfeldes und der Konusfahne er- kennbar. Be m e r k u n gen: Da diagnostisch verwertbare Merkmale wie Konusfahnenlänge in Relation zur Ge- samtlänge des Gladius sowie der Längen/ Breiten-Index des Gladius aufgrund des fragmentarischen Cha- rakters des Fossils nicht zu ermitteln sind, ist eine spezifische Bestimmung nicht möglich. Das vorlie- gende Stück ist mit großer Wahrscheinlichkeit zur Familie Trachyteuthididae NAEF 1921a zu stellen. Die Zuordnung zur Gattung Trachyteuthis ist jedoch nur provisorisch, da die »wellige« Oberflächenstruktur für Trachyteuthis bisher nicht bekannt ist. Die »wellige« Oberflächenstruktur würde die Aufstellung einer neuen Gattung rechtfertigen, wenn die Form spezifisch bestimmbar wäre. Es sind daher besser erhaltene, vollständige Funde abzuwarten, um diese offenen Fragen zu klären. Bedeutung der Fu,nde Das Wissen über kretazische Teuthiden vergrößert sich durch die neuen Formen enorm. 1. M astigophora stuehmeri n. sp: Die stratigraphische Reichweite der Gattung Mastigophora OWEN 1856, die bisher nur aus dem Callovium von England bekannt war (OWEN 1856, DONOVAN 1983), verlängert sich durch diesen Nachweis beträchtlich. 2. Plesiosteuthis sp. Auch bei diesem Fund verlängert sich die stratigraphische Reichweite der Gattung be- trächtlich. Die Gattung Plesioteuthis WAGNER 1859 war bisher nur aus dem Untertithonium von Solnhofen und Umgebung (NAEF 1922 u. a.), Nusplingen (Baden-Württemberg) (FRAAS 1855) und Cerin (Frankreich) (O'ORBIGNY 1842-51, THIOLLIERE 1850) bekannt. 3. Boreopeltis helgolandiae n. gen. n. sp. Mit dieser neuen Gattung wird die Anzahl der Gattungen innerhalb der Familie Plesio- teuthididae NAEF 1921a auf insgesamt fünf erhöht. Die stratigraphische Reichweite der Gat- tung wird durch die Zuordnung von »Leptoteuthis« sagittata NAEF 1921 b (- "Plesioteuthis prisca (RüPPELL)« CRICK 1915: 313, Taf. 9) zur Gattung Boreopeltis n. gen. beträchtlich erwei- tert. 4. Maioteuthis damesi n. sp. Mit dieser Art wird die Anzahl der Arten der Gattung Maioteuthis REITNER & ENGESER 1982 auf insgesamt vier erhöht. Die neue Art repräsentiert einen von den übrigen drei Arten verschiedenen Typus. 5. ?Trachyteuthis sp. Teuthiden aus dem Unterapt (»Töck«) von Helgoland 259 Dieses Exemplar ist der erste Nachweis eines Mesoteuthiden in der Unterkreide (vg. ]E- LETZKY 1966, DONovAN 1977). Sehr wahrscheinlich repräsentiert dieses spezifisch nicht be- stimmbare Teuthidenbruchstück eine neue Gattung innerhalb der Familie Trachyteuthididae NAEF 1921a. Dank Wir danken ganz besonders Herrn Dipl.-Ing. H. H. STÜHMER und Frau VERA ANGER (beide Helgo- land) für die Uberlassung Ihrer Stücke zur Bearbeitung sowie Herrn Prof. CH. SPAETH (Harn burg), der uns auf die Stücke aufmerksam machte und dankenswerterweise den Transport der gewichtigen Stücke bis nach Stuttgart übernahm. Mr. HOWARTH, Mr. OWEN und Mr. PHILLIPS (alle Britisches Museum, Na- tural History, London) muß für die dort gewährte freundliche Unterstützung gedankt werden. Herr W. WETZEL (Tübingen) erledigte freundlicherweise die Photoarbeiten. Die Endausarbeitung dieser Publikation wurde durch die Unterstützung eines der Autoren (T.E) im Rahmen eines Stipendiums des Wissenschaftsausschusses der NATO über den DAAD ermöglicht. Literatur BINKHORST VAN DEN BINKHORST, J.-T. (1861-62): Monographie des Gasteropodes et des Ct~phalopodes de la Craie Superieur du Limbourg. - Brüssel, Maastricht. COSTA, O. G. (1850) : Paleontologia del Regno di Napoli. - Neapel. CRICK, G. C. (1915): On a dibranchiate cephalopod (Plesioteuthis) from the Lithographie Stone (Lower Kimmeridgi3:~) of Eichstädt, Bavaria. - Proc. malac. Soc. Lond., 11: 313-318; London. DAMES, W. (1894): Uber die Gliederung der Flözformationen Helgolands. - Sitz.-Ber. k. preuss. Akad. Wiss. Berlin, phys. math. Cl., 1893: 1019-1039; Berlin. DONOVAN, D. T. (1977): Evolution of the dibranchiate cephalopoda. - Symp. zool. Soc. Lond. , 38: 15-48; London. - (1983): Mastigophora OWEN 1856: a little-known genus of Jurassie coleoids. - N . Jb. Geol. Paläont. 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