I N . ]b. Geol. Paläont. Abh. I 167 3 I 275-303 I Stuttgart, Februar 1984 I 'Die Embryonalentwicklung von Hibolithes . (Belemnitida, Cephalopoda) Embryonie Development of Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) Von Klaus BandeI, Erlangen, Theo Engeser und Joachim Reitner, Tübingen Mit 29 Abbildungen im Text BANDEL, K., ENGESER, T. & REITNER, ]. (1984): Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda). [Embryonic Development of Hitbolithes (Belemnitida, Cephalopoda).] N. ]b. Geol. Paläont. Abh., 167: 275-3013; Stuttgart. Abstract: A study of unaltered minera·l shell la yers, the reconstruction of the organic layers and a comparison with the embryonic shells of other shell-bearing cephalopods indicate that the young Hibolithes hatching from the egg was a miniature adult. In contrast to other known siphunculate cephalopods a siphunclc was not yet developed at this stage, so that the first chamber was emptied by the tissue of the p03terior visceral mass. K e y wo r d s: Belemnoidea, Middle ]urassic, shell, ultrastructure, ontogeny (embryonie shell, juvenile shcll) , biologie evolution, reconstruction; Northeastern Polish Plain (Lukow) . Zusammenfassung: Der Entwicklungsverlauf eines Hibolithes bis zum Schlüpfen und während der Jugend wurde rekonstruiert. Dies wurde durch die Analyse der unveränderten mineralischen Schichten ,sowie die Wiederherstellung der organischen Lagen ermöglicht und im Vergleich zu Embryonalgehäusen lebender schalentragen- der Cephalopoden und der fossilen Ammoniten gedeutet. Der Schlüpfling ähnelt einem erwachsenen Tier, hatte allerdings noch keinen Sipho entwickelt, sondern pumpte die erste Kammer über ein organisches Septum mit dem Gewebe des rück- wärtigen Eingeweidesackes leer. Erst während des freien ]ugendlebens wurde ein Sipho differenziert. 1. Einleitung Mitteljurassische Konkretionen aus Litauen lieferten zahlreiche, in Ori- ginalstruktur erhaltene Molluskenreste. Sie entsprechen den glazialtranspor- tierten Quenstedtoceras-Knollen von Lukow (Polen). Während über das litauische Material bisher keine Publikationen existieren, beschrieben MA- KOWSKI (1952), KULICKI (1979) und BANDEL (1981, 1982) aus den Kon- 18* N . J b. Gcal. u. Pa!. Abh. Bd. 167 0077-7749/84/0167-0275 $ 7.25 © 1984 E. Schweizerbart 'sche Verlagsbuchhandlung, 0·7000 Stuttgart 1 276 Klaus Bande!, Theo Engeser und Joachim Reitner kretionen von Lukow Cephalopoden, deren Schalen diagenetisch nahezu unverändert sind. Verglichen mit den recht häufigen Ammoniten sind coleoide Cephalopoden relativ selten (vgl. auch MAKOWSKI, 1952). Ein Hibolithes sp. aus einer solchen Konkretion wurde entlang der Ven- tralfurche aufgespalten und brach dabei fast in der Symmetrieebene auf. Der im Inneren enthaltene Phragmokon mit Anfangskammer war nicht aufge- füllt. Die Schalenstrukturen, sowohl die aragonitischen wie auch die kalzi- tischen Schalenelemente sind im wesentlichen unverändert, während bei der Diagenese organische Substanzen verschwunden sind und einige Fremd- minerale wie Pyrit- und Mg-Kalzitkristalle sowie apatitische Krusten neu gebildet wurden. In der Literatur findet man sehr unterschiedliche Vorstel- lungen über die Embryogenese, die ontogenetische Entwicklung und die Schalenstruktur bei Belemniten (Abb. 23-29). So gibt es zwei fundamental unterschiedliche Meinungen über die Schlüpfweise bei Belemniten. In der einen wird von der Vorstellung ausgegangen, daß sie wie rezente Tinten- fische als Miniaturadulte schlüpfen (QUENSTEDT, 1849; PRELL, 1921; NAEF, 1921-1928, 1922; u. a.). Die andere Meinung besagt, daß eine oder mehrere Larvalphasen zwischen Embryo und Adultus eingeschaltet waren (MÜLLER-STOLL, 1936; HANAI, 1952; ]ELETZKY, 1966; BARSKOV, 1972; 1973; DAUPHIN, 1982). Für den hier vorgestellten, fast wie Rezentmaterial erhaltenen Hibolithes, ließen sich diese Fragen beantworten. Das Ergebnis stützt die aus dem Vergleich mit rezenten Tintenfischen gewonnenen Vor- stellungen NAEFs. 2. Beschreibung Das Objekt (REM Nr. 5226) ist unter der Nr. Geol. Paläont. Inst. Tü- bingen Ce 1599 hinterlegt. 2.1 Erste Kammer (Anfangskammer) 2.1.1 Schalenbau Die annähernd kugelige Anfangskammer wird in aperturaler Richtung vom konvexen zweiten Septum (erstes mineralisches Septum) begrenzt. Zur Kugel ergänz.t, wäre die Längsachse geringfügig länger als die Querachse. Die Breite der Querachse beträgt etwa 0,44 mm. Die Längsachse ist zum Apex hin ventral gekippt, so daß die dorsale Seite länger ist als die ventrale (Abb. 1). Die Kammerwand besteht aus vier Schichten: a) Eine nahezu gleichmäßig dicke innere mineralisierte Schicht. b) Eine organische Zwischenschicht (jetzt Hohlraum). c) Eine unterschiedlich dicke äußere mineralisierte Schicht, die 111 das ara- gonitische Primordialrostrum übergeht. d) Eine äußere organische Schicht (jetzt Hohlraum), die in das ebenfalls als Hohlraum erhaltene organische Primordialrostrum übergeht. Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Ct phalopoda) 277 Die innere mineralisierte Schicht ist etwa 2.um dick. Sie besteht aus nadeligen Aragonitkristallen, die ihrerseits aus kleinen kissenartigen Grund- elementen aufgebaut sind (BANDEL, 1977). Die Kristalle sind vertikal zur Wuchsoberfläche ausgerichtet. Es gibt zwei Bereiche, in denen sich die ansonsten gleichmäßige Dicke ändert: im Bereich der Gewebeansatzstelle (Abb. 18) und im Bereich der Apertur, wo die Schicht vollständig aus- klingt (Abb. 10). Die mittlere, zwischen den beiden mineralisierten Lagen befindliche Schicht bestand aus organischem Material, in welches von beiden Seiten einzelne Kristallite eingedrungen sind (Abb. 10). Die ursprüngliche Schicht war etwa 1.um dick und liegt nun als Hohlraum vor. Sie setzt sich über die erste Kammer fort (Abb. 10) und ist nur im Bereich der Gewebeansatz- stelle mineralisiert (Abb. 18). Die äußere mineralisierte Schicht ähnelt in ihrem Aufbau der inneren Schicht. Ihre Dicke ist sehr variabel, beträgt jedoch mindestens das Doppelte der inneren Schicht. Apikal geht sie in das Primordialrostrum über (Abb. 4), apertural verdickt sie sich und setzt sich über die Apertur hin fort (Abb. 10). Ihre Bauelemente sind feine, gleich dicke Aragonitpri~men. Die äußere organische Schicht ist nach außen hin scharf begrenzt, von innen dringen einzelne Kristallite in sie ein. Sie ist unterschiedlich mächtig, mindestens jedoch 1.um dick. Apikal bildet sie einen Teil des Primordial- rostrums (Abb. 1, 3, 14). 2.1.2 Primordialrostrum Das Primordialrostrum hat die Form eines Konus, der etwa doppelt so breit wie hoch ist. Die Flanken sind gerade bis schwach konkav, der Apex ist unregelmäßig. Das Rostrum besteht aus zwei Abschnitten: einem unteren, aragonitischen und einem oberen, organischen Teil (Abb. 1, 4) . Der aragoni- tische Anteil setzt sich aus einzelnen Schichten zusammen, die zum Rand hin auskeilen und in die äußere mineralisierte Schicht übergehen (Abb. 4). Am Apex treten Unterbrechungen in der regelmäßigen Schichtung auf. Hier sprossen halbsphärolitische Gebilde (Abb. 4). Der obere Teil bestand aus rein organischem Material und setzt sich in die äußere organische Schicht hinein fort (Abb. 4). Die Oberfläche dieses äußeren Teils des Primordial- rostrums ist glatt und von unregelmäßig knotiger Gestalt. 2.1.3 Die Innenoberfläche der Anfangskammer Die Innenoberfläche der Anfangskammer ist teilweise von einer dünnen apatitischen Schicht ausgekleidet (Abb. 16, 18, 19). Diese ist oft zerrissen, erscheint verfaltet und ganz oder teilweise von der inneren Aragonitschicht abgelöst (Abb. 19). Auf der Dorsalseite, unterhalb der Mitte ist in die innere Schicht eine etwa 20 ,um große ovale Gewebeansatznarbe eingetieft. Ihre äußere Begrenzung ist unregelmäßig (Abb. 16, 18). In der Vertiefung 278 Klaus Bandei, Theo Engeser und Joachim Reitner Abb. 1 und 2 (Legenden s. S. 279) Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) 279 der Narbe und in ihrer direkten Umgebung finden sich 1-3 f-tm große sphärolitische Kristallaggregate (Abb. 18). 2.1.4 Kam m e r - A per t u r Bevor die innere Schicht im Bereich der Kammer-Apertur ausklingt, verdickt sie sich und bildet eine Stufe (Abb. 10). Hier war die organische Abschlußmembran der Anfangskammer angeheftet. Die organische Abschluß- membran ist zwar nicht mehr erhalten, läßt sich jedoch anhand einer Spalte zwischen erstem Septum und der inneren mineralisierten Schicht der An- fangskammer sowie ihrer stufenartigen mineralischen Anheftung an der Außenwand gut nachweisen (Abb. 10). Man kann sie als erstes organisches Septum bezeichnen. 2.2 Zweites (mineralisiertes) Septum Das zweite Septum ist in der Aufsicht konkav gebogen und besitzt im ventralen eine etwa 70 f-tm messende runde Siphonaiöffnung (Abb. 1). Die Septenduten sind in aperturaler Richtung umgebogen (prochoanitisch) (Abb. 17). Während die dorsale Dute weit ausgezogen ist und stark ausdünnt, ist die ventrale Dute nur kurz, gerundet und verdickt sich am Ende etwas. Das zweite Septum überlagert die innere prismatische Schicht der zweiten Kammer, da die Gewebeansatzstelle der zweiten Kammer vom Ansatz des zweiten Septums überwachsen ist. Das zweite Septum ist etwa 5 f-tm dick und seine Struktur ist subprismatisch. Im Querbruch erscheint es drei- lagig. Während die Kristallite oben und unten mehr vertikal ausgerichtet sind, sind die Kristallite im zentralen Teil mehr horizontal ausgerichtet. In seinem Ansatz überdeckt es den prismatischen Anheftungswulst des ersten (organischen) Septums (Abb. 8, 10). 2.3 Siphonalapparat und Konothek 2.3.1 Septen Der Aufbau der Septen ist vom dritten Septum an, abgesehen yon der Dimension, im wesentlichen gleich (Abb. 1) . Die Dicke der Septen beträgt etwa 3-4 f-tm. Sie sind in apikaler Richtung regelmäßig uhrglasförrnig Abb. lall b. Die linke Hälfte des untersumten Hibolithes sp. Fig. la / lb. The leh half of the studied Hibolithes sp. Abb. 2. Erste Kammer und folgende bei einem anisismen Atractites ohne abrupten Wedtsel im Septenabstand. Das erste Septum ist gesmlossen. (Staat!. Museum für Naturkunde Stuttgart Nr. 8451). Fig. 2. First dtamber with so me following dtambers of an Anisian Atractites. Septa distances regular. First septum closed. 280 Klaus Bande!, Theo Engeser und Joachim Reitner Abb. 3-7 (Legenden s. S. 281) Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) 281 gewölbt und besitzen auf der ventralen Seite eine Siphonaiöffnung. Die Siphonaiöffnungen nehmen im Verhältnis zum Septendurchmesser langsamer an Durchmesser zu. Beim zweiten Septum beträgt der Durchmesser der Siphonaiöffnung etwa 1/0 des Septendurchmessers, beim 6. Septum etwa 1/7• Die Septen bestehen im wesentlichen aus einer Perlmuttschicht (Abb. 9). Sie setzen unvermittelt an der Wand an und beginnen mit einem prismatischen Wulst, der sich nur wenig von der prismatischen Schicht der Kammerinnen- wand abhebt. Die Ansatznarbe des Gewebes, die auf der dorsalen Seite der Kammer deutlich eingetieft ist, ist von der Ansatzstelle des Septums überwachsen (Abb. 14). In ihrer Aufeinanderfolge ist die Anordnung der Septen sehr regelmäßig und es läßt sich keine Drängung oder keine plötz- liche Zunahme des Abstands feststellen. 2.3.2 Si p h 0 na I d u t e n Die Siphonalduten sind in apikaler Richtung umgebogen (retrochoani- tisch) und zeigen auf der Außenseite ein deutliches Rillenmuster (Abb. 11). Sie sind im oberen Teil von gleicher Struktur wie das Septum. Der untere Teil war organisch und ist deshalb nicht mehr erhalten. Der minerali- Abb. 3. Das aragonitische Embryonalrostrum setzt sich zum Teil aus regelmäßig übereinanderlagernden Schichten, teils aber auch aus radiär aufgebauten Gebilden zusammen. Fig. 3. The aragonitic embryonic rostrum is partly composed of evenly layered laminae, partly consists of spherulitic structures. Abb. 4. Das Embryonal- (Primordial-)rostrum besteht aus einem aragonit ischen Teil, der sich in die äußere mineralische Schicht fortsetzt und einem organischen Teil, der mit der äußeren organischen Schicht zusammenläuft. Fig. 4. The embryonic (primordial) rostrum consists of a lower aragonitic and an upper organic part. The lower is continuous into the upper mineral layer of the conch while the upper is connected to the outer organic layer. Abb. 5. In einer zentralen Zone (Apikallinie), von der das radiale Wachstum der Kalzitprismen ausging, sind Sphärolite entwickelt, die ursprünglich in orga- nischem Schalenmateriallagen, wie sie Abb. 20 zeigt. Fig. 5. The central line formed by the radial growth of calcite prisms of the rostrum consists of spherulites which had been connected to organic fihres as seen in Fig. 20. Abh. 6. Die Wechsellagen von dicken kalzitischen Lagen und dünnen organischen Schichten (jetzt hohl) im adulten Rostrum entsprechen den Anwachszonen. Fig. 6. Intercalation of thick calcitic and thin organic (now hollow) layers in the adult rost rum follow lines of growth. Abb. 7. Während der Diagenese sind in dem Hohlraum, der vorher von organi- schem Schalenmaterial gefüllt war, in gleicher Ausrichtung wie vorher gröbere Kalzitkristalle gesprossen. Fig. 7. During diagenesis some larger crystal following the original orientation have grown into the space wh ich had held organic shell originally. 282 Klaus Bandei, Theo Engeser und Joachim Reitner Abb. 8-11 (Legenden s. S. 283) Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) 283 sierte Teil durchzieht in der 3.-6. Kammer etwa die Hälfte der Kammer- höhe. Die Kammerhöhe beträgt etwa 80!-im und bleibt in den vorhan- denen Kammern ungefähr gleich, während der Durchmesser regelmäßig zunimmt. Die Siphonalduten sind ab der dritten Kammer im wesentlichen gleich. Manchmal sind Teile der ersten organischen Verankerungsmembrancn des sich bildenden Siphonalrohrs zum noch organischen Septum erhalten (Abb. 12). Der Ansatz des apikalen, organischen Rohrteiles im Septen- kragen des vorher gebildeten Rohrsegments erfolgt nicht über ein ringför- miges Prismenkissen wie bei Nautilus oder bei Ammoniten. Die Innenauf- sicht des Septen kragens erscheint daher glatt. 2.3.3 Er s t e s Si p h 0 n aIr 0 h r s e g m e n t Nur in der dritten Kammer ist die Siphonaldute bis auf das zweite Septum hinab verkalkt (Abb. 17). Die Mineralisierung ist im aperturalen Bereich die gleiche wie in den späteren Kammern, im unteren Teil ist sie unvollständig. Die Wand war hier porös und lagert der 1. Siphonaldute auf. Dorsal überlagert das 1. Siphonalrohrsegment den hochgebogenen Teil des Septalkragens, während es ventral dem wulstförmigen vorgelagerten Teil aufgelagert ist. Die Apertur wurde durch eine poröse, schwach mineralisierte Abb. 8. Aufsatz des 2. Septums an der Außenwand und auf der Oberfläche der mineralischen Verankerung des 1. Septums. Das Ende der mineralisierten Innen- schicht der ersten Kammer ist sichtbar und ebenfalls die Kontinuität der folgen- den Schicht. Detail von Abb. 10. Fig. 8. Attachment of the second septum to the outer wall and the top of the mineral part of the first septum. The end of the inner mineral layer of the first chamber is clearly visible, while the outer layer continues. Detail to fig. 10. Abb. 9. Der Ansatz eines Perlmuttseptums an der Wand der Konothek zeigt den Gegensa tz der Strukturen. Fig. 9. Attachment of a nacreous septum to the wall of the conothek. The nacreous structure of the septum is clearly differenciated from the prismatic structure of the inner wall of the conothek. Abb. 10. Offnung der ersten Kammer mit 2. (mineralisiertem) Septum, welches auf der mineralischen Anheftung des 1. (organischen) Septums der Wand ansitzt. Während die innere mineralische Schicht in der Anheftungsstufe endet, verlaufen die organi5che Zwischenschicht, die mineralische und organische Außenschicht unge- stört über den Einengungsbereich der Schale weg. Fig. 10. Aperture of the first chamber with second septum. The first organic septum is preserved with its mineral attachment. Organic intermediate layer and outer mineral layer continue across the constriction. Abb. 11. Die äußere Oberfläche des Septenkragens eines Perlmuttseptums zeigt Rillen, die im elastischen organischen Septum entstanden und bei seiner Minerali- sierung fixiert wurden. Fig. 11. The outer surface of the septal neck of a nacreous septum shows grooves and ridges which have formed when the first organic septum was mineralized. 284 Klaus Bandel, Theo Engeser und Joachim Reitner Abb. 12-15 (Legenden s. S. 285) Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopcdaj 285 Schicht geschlossen (Abb. 17). Dies ist das Ende des Siphonalkanals und es war wahrscheinlich mit organischen Anheftungslamellen mit dem organischen ersten Septum verankert. 2.3.4 G ewe b e ans ätz e Während der Gewebeansatz In der ersten Kammer rundlich-oval ist (Abb. 18), besteht er in den folgenden Kammern aus einer bandförmigell Narbe, die jeweils im apikalen Teil der einzelnen Kammern etwas breiter wird (Abb. 14, 13). In der 2. Kammer ist keine Narbe sichtbar. Die jeweilige Breite beträgt mindestens 20 /-lm, höchstens 30 /-lm. Die Maße bleiben in den beobachteten Kammern konstant. Neben den auch in der ersten Kammer beobachteten Prismenkissen, treten hier auch Längsstruk- turen auf (Abb. 13). 2.3.5 K 0 not h e k w a n d Wie in der ersten Kammer ist auch hier eine vierschichtige Wand vor- handen. Sie unterscheidet sich von der ersten Kammer nur in der Struktur der inneren mineralisierten Schicht. Sie hat eine sphärolitisch-prismatische Struktur. Von der organischen Zwischenschicht ausgehend ist eine Vergröbe- rung der Kristallite zur Innenwand hin zu beobachten (Abb. 9). 2.4 Adultrostrum Die Mineralogie des Adultrostrums ist durchgehend kalzitisch. Von der Oberfläche des organischen Teils des Primordialrostrums gehen Sphärolith- sektoren von 10-15/-lm Breite aus (Abb. 15). Von der Spitze des Primor- dialrostrums verläuft ein vornehmlich organischer Bereich, die sogenannte Apikallinie. Aus der Apikallinie sind von kugeligen Aggregaten ausgehend, Abb. 12. Organische Anheftungslamellen des sich bildenden Siphonalrohrs am noch organischen Septum sind in Phosphat umgewandelt worden. Fig. 12. Organic sheets of the original attachment membranes of the siphunc1e to the forming septum are preserved now diagenetically altered into phosphatic material. Abb. 13. Einzel-Ansatznarbe des Gewebes zeigt feine Längsriefen und knotige sphärolithische Kri5tallaufwüchse nahe den überlagerungsstellen durch die Septen. Fig. 13. A single tissue attachment scar with longitudinal ridges and spherulitic growths ne ar the apical and apertural cover by septa. Abb. 14. Gewebeansatznarben im dorsalen Kammerdach. Fig. 14. Tissue attachment scars in the camerae following the initial one. Abb. 15. Kalzitische Prismenbündel bilden das Rostrum im Anschluß an das organisch-aragonitische Primordialrostrum. Fig. 15. Calcitic spherulite-sectOrs form the rostrum in the ::ontinuation of the organic-aragonitic primordial rostrum. 286 Klaus Bande!, Theo Enge,er und Joachim Reitner Abb. 16-21 (Legenden s. S. 287) Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) 287 allseitig Sphärolithsektoren gesprossen (Abb. 5) . Die Einzelkristallite haben etwa um 1 f.lm Durchmesser. Mit zunehmendem Abstand zur Apikallinie erfolgte eine immer weitergehende Ausrichtung der Kristallite bis sie parallel zueinander und senkrecht auf der Oberfläche stehen. Eine ganz vergleichbare Struktur ist in der Argonauta-Schale entwickelt (Abb. 21). Im Phragmokon- bereich ist nur in den ersten Lagen eine sphärolith ische Ausrichtung zu erkennen. In den folgenden Schichten sind die Kristallite ebenfalls parallel ausgerichtet. Es ist eine Wechsellagerung von mehr organischen und mehr mineralisierten Anwachszonen festzustellen, wobei die organischen Lagen jeweils als Hohlräume vorliegen (Abb. 6). In diese Hohlräume hinein sind diagenetisch einzelne Kristalle hineingewachsen, wobei zwei Typen zu unterscheiden sind: a) Vertikaler Weiterwuchs einzelner Kristallite unter Zunahme der Kristall- größe (Abb. 7). b) Schichtparalleles, unorientiertes, manchmal sternförmiges Sprießen von Kristalliten (Abb. 20). Abb. 16. Die phosphatische dünne Innenauflage der 1. Kammer ist ein Diagenese- produkt. Fig. 16. The phosphatic innermost layer of the first chamber and at other places within the phragmocone is a product of diagenesis of an original mucus cover present on all chamber walls. Abb. 17. Das mineralisierte zweite Septum besi tzt nach vorne umgebogene Septen- krägen zwischen denen der poröse Endteil des Siphonairohres erhalten ist, aber beim Bruch etwas hochgeklappt wurde. Fig. 17. The mineralized second septum shows septal necks which are twisted forewards. The septa I aperture was closed by the porous end of the siphuncle tube, now somewhat fractured and bend up. Abb. 18. Die Ansatznarbe des Weichkörpers im dorsalen Tei l der ersten Kammer ist unregelmäßig rundlich und wird von einigen sphärolithischen Knoten geglie- dert. Die ganze Oberfläche ist von einer feinen, gut auskristallisierten Phosphat- schicht überdeckt. Fig. 18. The attachment scar within the dorsal side of the first chamber consists of an irregularly rounded depre,sion with so me aragonit ic spherulitic knobs. All surface is covered by a thin, wellcrystalized phosphatic layer of diagenetic origin. Abb. 19'. Die phosphatische Schicht kann sich von ihrer Wuchsoberfläche ablösen. Fig. 19. The phosphatic layer can become detached from its surface of growth. Abb. 20. Wie Abb. 7, nur spros.sen die Kristalle in radialer Weise. Fig. 20. Like Fig. 7, only crys tal growth in radial arrangement. Abb. 21. Die Schale von Argonallta zeigt im Querbruch eine sehr ähnliche Struk- tur, wie sie im apikalen Belemnitenrostrum auftritt. Fig. 21. Shell of Argonauta in transversal fracture. The central layer shows the same features as the central li ne of the posterior belemnite rostrum. x 900. 288 Klaus Bande!, Theo Engeöer und Joachim Reimer n r.-'1 ----t...:...:.. II==---h-D JII::=----g-- ~~ ___ f_§ e-- Abb. 22. Schematische Zeichnung der Schale von Hibolithes sp. a: Zentrallinie, von der das Wachstum des hinteren Kalzitrostrums nach außen und hinten allseitig erfolgt b : Organischer Teil des Primordialrostrums c: Aragonitischer Teil des Primordialrostrums d: Erste Kammer e: liußere organische Schicht der ersten Kammer f: liußere mineralische Schicht der ersten Kammer g : Innere organische Schicht (Zwischenschicht) der ersten Kammer h: Innere mineralische Schicht der ersten Kammer 1: Prismatische Stufe der Anheftung des ersten Septums j: Erstes, organisches Septum k: Siphonalrohrende mit organischen Hafthäutchen am ersten Septum 1: Zweites mineralisches prismatisches Septum m: Drittes mineralisches perlmuttriges Septum n: Kalzitrostrum Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) 289 2.5 Rekonstruktion des Ontogeneseablaufes von Hibolithes Das Ei von Hibolithes sp. besaß einen Durchmesser von ca. 1 -2 mm. Zum Zeitpunkt der Differenzierung der Schalen drüse war bereits die Hälfte des Eidotters vom Keim umwachsen. Wie bei rezenten Coleoiden (BANDEL & BOLETZKY, 1979) ist auch bei Hibolithes sp. die Schalendrüse vor der Bil- dung einer 1. Schale vom Mantelmuskel überwachsen und somit zum Schalensack geworden. Das primär organische Schälchen war mit den Schale-sekretierenden Zellen fest verbunden, die bei der Ausbreitung des Mantels über den Eingeweidesack vorwuchsen (BANDEL, 1982). Die Verbin- dung zwischen Drüsenzellen und Schale löste sich, nachdem der Weichkörper sich im dorsalen Bereich der 1. Kammer mit der Innenseite der Schale ver- bunden hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die Schale rein organisch, d. h. es war nur die organische Zwischenschicht vorhanden. Auf diese wurden innen und außen mineralisierte Schichten abgelagert. Im Bereich der ersten Kammer wuchs die innere Prismenschicht auf und stabilisierte die organische Zwischen- schicht. Nun wurde der Gewebeansatz vor die erste Kammer verlagert. Hier war die Schale zu diesem Zeitpunkt nicht oder nur schwach mineralisiert. Der Eingeweidesack schied ein erstes Septum in Form einer organisdlen Schicht (Abschlußmembran) aus, die über einen prismatischen Wulst fest mit dem Rand der 1. Kammer verbunden war. Der Embryo hatte somit eine erste funktionsfähige Kammer. Noch vor der Bildung eines Siphos konnte das rückwärtige Gewebe des Eingeweidesackes Flüssigkeit über die poröse Absmlußmembran (erstes Septum) aus der ersten Kammer abpumpen. Da- mit war ein funktionsfähiger Auftriebsapparat entstanden, der Embryo konnte schlüpfen. Zum Schlüpfzeitpunkt hatte das Dach des Schalensackes bereits ein Primordialrostrum ausgeschieden, möglicherweise auch die um- hüllende Außenschicht. Der Schlüpfling war ca. 2 mm lang und hatte eine vollständig im Innern gelegene, etwa 1,5 mm lange Smale (endocochleat). Fig. 22. Schematic drawing of the conch of Hibolithes. a: Central line of calcitic prismatic growth into all directions. b: Organic portion of the primordial rostrum. c: Aragonitic portion of the primordial rostrum. d: First chamber. e: Outer organic layer of the first chamber. f: Outer mineral layer of the first chamber. g: Inner organic layer (intermediate layer) of the first chamber. h: Inner mineral layer of the first chamber. 1: Prismatic ridge of the attachment of the first septum to the wall of the chamber. J: First organic septum. k: End of the siphuncular tube with organic attachment sheets connecting it to I: the first septum. m: Secolld septum composed of prismatic aragonite structure. n: Third septum composed of nacreous aragonite structure. Calcitic rostrum. 290 Klaus Bande!, Theo Engeser und Joachim Reimer Sie war im wesentlichen ein konisches Röhrchen, an dessen Apex die ausgepumpte und teilweise gasgefüllte Anfangskammer gelegen hat. Die Schräglage des Schlüpflings im Wasser wurde durch das Primordialrostrum garantiert, welches ventral angesetzt war. Auf Grund der organischen, wenig druckresistenten Struktur des ersten Septums konnte das Jungtier nur im oberflächennahen Wasser leben. Der freischwimmende Tintenfisch bildete nun das erste mineralische, zweite Septum aus. Der Eingeweidesack differen- zierte gleichzeitig den Siphonalstrang aus und verankerte ihn am ersten, organischen Septum. Der Ansatz des Körpergewebes zur Schale verlagerte sich etwas nach vorne. Er war in einen schmalen dorsalen Streifen in der Wohnkammer auf der Schale innen angesezt. Nachdem das zweite Septum fertiggestellt war, entstand das erste Segment des Siphonalrohrsystems. Dieses besteht aus dem perlmuttrigen Septum, dem oberen perlmuttrigen Teil des Siphonalrohres (Siphonaldute) und dem unteren porösen Teil des Rohres. Das erste Segment des ersten echten Siphos endet blind mit einem porösen Verschluß. über ihn konnte die schmale zweite Kammer leergepumpt werden. Mit dem weiteren Ausbau des SiphonaIapparates, gekoppelt mit der Anlage eines ausgeprägten Proostrakums, wurde das Adultrostrum als Ge- gengewicht angelegt. Im Bereich der Konothek konnte das Rostrum regel- mäßig ausgeschieden werden. Am apikalen Ende erfolgte die Ausscheidung des Rostrums über einen organischen, im Rostrum apikal eingesenkten Knoten. Dieser diente als Aufwuchsort für zunächst sphärolitische, später regelmäßige Kalzitkristalle und verlagerte sich allmählich mit der Vergröße- rung des Rostrums nach hinten, so daß eine fadenförmige Reihe von Knoten im Zentrum des Rostrums sich bildete. Die Rohrst:gmente des Siphonalrohres waren nicht durchgehend massiv. Sie wurden im Bereich des vorherigen Septenkragens angeheftet. Der orga- nische Rohrteil blieb dünn, falls er nicht doppelwandig ausgebildet war (MUTVEI, 1971). Somit bewohnte wahrscheinlich auch das jugendliche, dem adulten ähnliche Tier Bereiche des flachen Meeres und konnte nicht in größere Tiefe mit größerem Wasser druck hinabsteigen. Der Einbau eines sehr gleichmäßigen organisierten Kammerteils, in dem alle Septen in regel- mäßigem Abstand aufeinander folgen, läßt darauf schließen, daß vom Zeit- punkt des Schlüpfens an das Jungtier ohne dramatische Einschnitte organi- scher und ökologischer Art sich zum erwachsenen Tier entwickelte. 3. Vergleich der Embryonal- und Juvenilgehäuse von Spirula, Quenstedtoceras und Hibolithes in Stichpunkten 3.1 Spirula überwachsung der Schalendrüse durch den Muskelmantel. Bildung einer organischen Schale; Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belernnitida, Cephalopoda) 291 Umbau der Anheftung des Weich körpers vom schalenbildenden Gewebe (später Periostrakumdrüse) an die Innenseite der ersten Kammer; Mineralisierung der ersten Schale von innen; teilweiser Rückzug des Weichkörpers aus der ersten Kammer; Verlagerung der Körperanheftung nach vorne; Umhüllung des in der Kammer verbliebenen Eingeweidesackes durch eine organische Schale, die in der ersten Kammer angesetzt ist (Prosipho ) ; Differenzierung des Gewebes des Siphonalstranges; Ausscheidung einer porösen organischen Kappe im apikalen Teil und eines birnenförmigen, perlmuttrigen Rohres (1. Septum) im aperturalen Bereich durch das Siphonaigewebe ); Beginn der Leerung der ersten Kammer; Schlüpfen aus dem Ei (vielleicht auch erst nach der Bildung eines 2. oder 3. Septums) ; Weiterbau des Siphonaisystems durch Bildung von vollständigen Septen und Siphonalrohrsegmenten; Unregelmäßige mineralische Abscheidungen auf die Schale (BANDEL & BOLETZKY, 1979). 3.2 Quenstedtoceras Bildung der Schalendrüse, die nicht überwachsen wird; Ausscheidung einer organischen Schale, die einen runden Anfangsteil und eine ganze Windung umfaßt; Verlagerung der Anheftung des Weichkörpers vom Schalenrand auf die Innenseite der Innenlippe in die Al'Ifangskammer hinein; Mineralisierung der organischen Embryonalschale von innen, wobei nur die Außenwände erfaßt werden; Bildung einer mineralischen Innenschicht in der ersten Kammer; teilweiser Rückzug des Weichkörpers aus der ersten Kammer unter Bei- behaltung der Körperanheftung; Anheftung des sich differenzierenden Siphonalstranges; Bildung eines ersten Septums (Proseptum), das von den folgenden Septen verschieden ist; Verlagerung der Körperanheftungsstelle von der Innenlippe auf das erste Septum; Umhüllung des Siphonalstranges mit organischer Substanz und Einhängen in die Apertur des ersten Septums (über organische Haftbänder, Prosipho); Bau des zweiten Siphonalrohrsegmentes bestehend aus perlmuttrigern Septum, Septenkragen und organischem Sipho mit poröser Zone im Ansatz zum vorherigen Siphonalrohrsegment; weiterer Ausbau des Siphonaisystems, bis mehrere Kammern funktions- fähig sind; 292 Klaus BandeI, Theo Engeser und Joachim Reitner Schlüpfen; Weiterbau des Siphonaisystems, der Septen und Vergrößerung der Schale (BANDEL, 1982). 3.3 Hibolithes Oberwachsung der Schalendrüse durch den Muskelmantel; Bildung einer organischen Schale durch das über den EingeweidesaCk vorwachsende Drüsengewebe; Umbau der Anheftung des Weichkörpers vom schalenbildenden Gewebe an die Innenseite der ersten Kammer; Mineralisierung der Embryonalschale erst von innen und dann von außen und allmählicher Aufwuchs des Primordialrostrums; Verlagerung der Körperanheftung nach vorne und Rückzug des Weich- körpers aus der ersten Kammer; Abschluß der ersten Kammer durch eine organische Wand (das erste Septum); Leerung der ersten Kammer über den Bereich des ganzen Septums; Schlüpfen (wahrscheinlich frühester Zeitpunkt); Ausbau des Siphonalrohrsystems; Bildung eines zweiten, von den folgenden Septen verschiedenen Septums (Proseptum) ; Bau des ersten Segmentes des Siphonalrohrsystems, bestehend aus perl- muttrigem Septum, Septenkragen und porösem, blind endendem Siphonal- rohr mit Aufhängung im Kragen des 2. Septums und mit Haftbändern am 1. organischen Kammerverschluß (1. Septum); Einbau weiterer Siphonalrohrsegmente und Septen; Ausbildung des Belemniten-typischen Proostrakums; Bau des Adultrostrums. 3.4 Hauptunterschiede Der Hauptunterschied zwischen Quenstedtoceras einerseits und den beiden Coleoiden andererseits besteht darin, daß die Schalendrüse bei ersterem nicht überwachsen wird. Hibolithes verzögert die Ausbildung des endgültigen Siphonaiapparates durch die Ausbildung einer organischen Abschlußmem- bran, die ein primitives Septum darstellt. Der Eingeweidesack formt sich erst anschließend apikal in das Siphonalrohr um. Spirula und Quenstedto- ceras bauen hingegen noch vor dem Schlüpfen in unterschiedlicher Weise ~hren Siphon al apparat aus und differenzieren einen embryonalen Siphonal- strang. Hibolithes-Schlüpflinge pumpten Flüssigkeit aus der ersten Kammer über eine große Auflagefläche, ähnlich der rezenten Sepia. Erst später, wahr- scheinlich nach dem Schlüpfen erfolgte die Kammerleerung langsamer und in ähnlicher Weise wie bei Spirula, Quenstedtoceras und auch Nautilus. Die organische Bauweise des ersten Septums wie auch die Konstruktion des Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) 293 Siphonalrohres mit porösem organischem Rohrteil legen nahe, daß Hibolithes im Gegensatz zu Nautilus und Spirula und wohl auch Quenstedtoceras ein Bewohner ausschließlich des flachen Wassers war. b c a Abb. 23. Rekonstruktion der Ontogenie eines Belemniten nach den Vorstellungen von MÜLLER-STOLL (1936) gezeichnet. Das Tier soll mit einer Gasblase in der Smale und einem Dottersack smlüpfen (a). Die Larve soll vertikal im Wasser smwimmen (b, c) und erst nach Einbau von Kammern und einem Sipho mit Endblase und nach Verbrauch der Dotterreserven zur horizontalen Schwimmweise übergehen und hierbei das Rostrum bilden. Fig. 23. Reconstruction of the ontogeny of a belemnite following description and illustration of MÜLLER-STaLL (1936). Gas in the first shell and yolk sac are supposed to be present upon hatching (a). A larva develops (b, c). Only after disappearance of the yolk sac venical position changes into horizontal and a rostrum is formed. 19 N . Jb. Geol. u. Pal. Abh. Bd. 167 294 Klaus Bande!, Theo Engeser und JoadUm Reitner 4. Organisches erstes Septum bei anderen Cephalopoden MAPEs (1979) beschrieb aus dem obersten Karbon (Missourium) aus den USA einen neuen Bactriten (Bactrites woodi) der im Gegensatz zu den bei Bactriten glatten Septum ein retikulat gemustertes besitzt. Während bei den Bactriten normalerweise das erste Septum vom Sipho durchsetzt ist, ist das erste Septum bei Bactrites woodi geschlossen (MAPEs, 1979; Taf. 18, Fig. 8). Bei einem anisischen Atractites von Jugoslawien wurde ebenfalls ein ge- schlossenes 1. organisches Septum beobachtet (Abb. 2), wie es in ähnlicher Form von J ELETZKY (1966) bei dem obertriassischen M etabelemnites und von DAUPHIN (1982) bei Aulacoceras, ebenfalls aus der Obertrias, beschrieben wurde. 5. Diskussion und Historisches Schon QUENSTEDT (1845-49, Taf. 29, Fig. 29) glaubte, daß die kugel- förmige Blase der ersten Kammer, bei der oft das Primordialrostrum wie ein kleiner Belemnit ansitzt, das Embryonalschälchen der Belemniten dar- stellt. Also schlüpfte ein kleiner fertiger Belemnit aus dem Ei. GRANDJEAN (1910) sowie auch CHRISTENSEN (1925) beobachteten dieses Embryonal- rostrum ebenfalls, erkannten es aber nicht als solches, sondern sahen in ihm nur eine Verdickung im apikalen Bereich der Wand der ersten Kammer. MÜLLER-STOLL (1936) nannte dieses Embryonalrostrum "Stachel" oder "Cal- car primordialis", ordnete ihm aber keine Funktion zu. Er glaubte, daß der Embryo mit diesem Höcker versehen zwar schlüpfte, aber mit der gasge- füllten ersten Kammer nach oben und Kopf sowie noch vorhandenen Dotter- sack nach unten im Plankton schwebte (Abb. 23). Erst nach einem längeren Larvalstudium, das MÜLLER-STOLL in zwei Phasen unterteilte, sollte das Jungtier mit Hilfe des Kalzitrostrums eine horizontale Lage beim Schwim- men einnehmen können. Vollkommen irrig sind die Deutungen einer Em- bryonalschale, die sich bei STOLLEY (1911) und ABEL (1916) finden. STOLLEY glaubte, daß zuerst ein Embryonalfaden gebildet wird (Abb. 24). Als solchen deutete er den im hinteren Kalzitrostrum gelegenen, sphärolithi- schen, organischen Bereich (Apikallinie), der beim Rostrumbau allmählim nach hinten verlängert wird. An diesem Embryonalfaden soll sich ein spitzes schlankes Embryonalrostrum gebildet haben, welchem schließlich nom die Embryonalblase (Anfangskammer) angefügt werden sein soll. STOLLEY kommt somit auch zum Schluß, daß das junge Belemnitentier sehr anders ausgesehen haben muß als das adulte. Diese Vorstellung wurde von ABEL (1916) aufgegriffen, mit Ideen von JAEKEL (1902) angereichert und detail- liert für verschiedene Rostrumtypen ausgebaut. J AEKEL (1902) ging davon aus, daß die Belemniten in ihrem Lebensbereich mit ihrem Rostrum im Boden steckten. ABEL erkannte, daß ein gasgefüllter Belemnitenkammer- Die Embryonalentwick.1ung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) 295 apparat dem Tier positiven Auftrieb verleihen würde. Von der falschen Beobachtung geleitet, daß die rezente Sepia den Dom ihres Schulpes als Grabstachel nutzt, meinte ABEL, daß das Rostrum einiger Belemniten, darunter auch Hibolithes, dazu gedient hätten, Pflanzen dickichte zu durch- pflügen und im Boden herumzustochern und somit Beutetiere aufzustöbern. Im übrigen folgte er STOLLEYs Vorstellungen der Belemniten-Ontogenese. HANAI (1952) hielt am Embryonalfaden STOLLEYS fest, stellte ihn sich aber in das Aragonit-Primordialrostrum hinein verlängert vor (Abb. 25), was in Wirklichkeit ja nicht der Fall ist. HANAI deutete den Faden als organische Zentral achse wie er bei den konischen kambrischen Fossilien Volborthella und Salterella vorkommt. Das Primordialrostrum wird dabei als ein Hin- 24 d Abb. 24. Rekonstruktion der Embryonalentwicklung eines Belemniten gezeichnet nach den Vorstellungen von STOLLEY (1911). Der Embryo soll als erste Schale den Embryonalfaden bilden (a). Um diesen herum soll ein Rostrum abgeschieden werden (b). Erst bei der Vergrößerung des Rostrums soll die Anfangskammer ent- stehen (c) . Diese Larve soll später in den Belemniten metamorphisieren, dessen Lebensstellung mit dem Rostrum im Boden steckend sein soll (d). Fig. 24. Reconstruction of the development of a belemnite drawn according to STOLLEY (1911). An embryonie thread (a) is supposed to become covered by a embryonic rostrum (b). This is then enlarged to form the first charnber (c). The "larva" afterwards was thought to metamorphize into a belemnite (d) that uses its rostrum to dig in the sediment. Abb. 25. Umgezeichnet nach HANAI (1952, pI. 7, fig. 4). HANAI stellt sich vor, daß die Belemnitenontogenese über eine Salterella-Larve (a) in die Orthoceras- Phase (b) verläuft, ehe mit der Abscheidung des Proostrakums und Kalzitrostrums die Belemnitenphase (c) beginnt. Fig. 25. Redrawn from HANAI (1952, pI. 7, fig. 4). HANAI reconstructed the ontogeny of belemnites as a three phase happening with a Salterella stage (a) followed by an Orthoceras stage (b) and the final belemnite stage (c) . 296 Klaus Bandel, Theo Engeser und ]oachim Reitner weis auf die Rekapitulation einer phylogenetischen Vorstufe der Cephalo- podenentwicklung während der Embryogenese der Belemniten gedeutet. Erst nach diesem »Salterella-Stadium" soll das »Orthoceras-Stadium" erreicht werden, mit fast zentralem Sipho und einer Anfangskammer (Protoconch). Danach erst soll das "Belemniten-Stadium" folgen mit Bildung der Septa und Ablsagerungen des kalzitischen Rostrums. Inzwischen sind Volborthella und Salterella aus der Verwandtschaft der Cephalopoden verschwunden (YOCHEL- SON, 1977). Nicht allzuweit von dieser Deutung entfernt ist auch die Vor- stellung von J ELETZKY (1966) zur Entstehungsgeschichte des ersten Belem- niten-Schälchens. Er glaubte, daß die Schichten des Primordialrostrums von hinten nach vorne nacheinander ausgeschieden und aufeinandergefügt wur- den, bis sie schließlich allmählich einen immer größeren Napf bildeten. Dabei • b d Abb. 26. Rekonstruktion des Entwicklungsablaufs der Belemnitensmale nam den Angaben von ]ELETZKY (1966) gezeimnet. Eine tassenförmige erste Sm ale (a) wird vergrößert indem weitere Smalenklappen von ,innen aufgelagert werden (b). So wird die erste Kammer und das Primardialrostrum aufgebaut. Nun soll das Ge- webe um die bisher nimt endocomleate Smale herumwamsen (c) und das erste Septum (closing membrane) bildet sim. Später soll die Smale zur Innensmale werden (d) und der Sipho bildet sim mit einem typismen Fuß-förmigen Ende. Fig. 26. Reconstruction of the development of a belemnite as described by ]ELETZKY (1966) . A cup like first shell (a) is enlarged by further cups (b) until the first mamber and the primordial rostrum have been secreted. Now the tissue is thought to grow over the shell (c) and the "closing metnbrane" forms a first organic septum. Later the shell became interior (d) and the siphuncle with a "foot" formed (d). Die Embryonalentwicklung von Hibolitbes (Belemnitida, Cephalopoda) 297 a e 27 b c d 28 d e Abb. 27. Entwicklungsmodell eines Belemniten nach PRELL (1921, Fig. 4). Er rekonstruierte nach dem Modell von Spirula und daher mit Caecum und Prosipho (a-d), aber ohne Primordialrostrum. Daneben ist die Schale eines Belemniten- schlüpflings gestellt, wie NAEF (1922) sie sich vorstellte (e) und wie sie schon von QUENSTEDT (1845-1849) beschrieben wurde. Fig. 27. Development of a belemnite as PRELL (1921, Fig. 4) reconstructed it. As model Spirula was taken (a-d), thus a caecum and prosipho was drawn and the primordial rostrum omitted. He shows the shell of a hatching belemnite as NAEF (1922) imagined it and like QUENSTEDT (1845-1849) described it. Abb. 28 . BARSKOV (1973, Fig. 2) rekonstruierte den Gang der Ontogenese (a-e) ähnlich wie ]ELETZKY (1966) über eine ectocochleate Larvalphase (a, b) und mit Zuhilfenahme diagenetisch gebildeter Phosphatkruste. Fig. 28. In the model of belemnite development represented by BARSKOV (1973, Fig. 2) an external shell (a, b) is supposed tO become internal during larval life. Diagenetically formed phosphatic layers are here used in the reconstruction. 298 Klaus Bandel, Theo Engeser und Joachim Reimer soll allmählich sowohl das Primordialrostrum als auch die erste Kammer entstanden sein. Während dieser Phase soll das Tier eine im Wasser frei herumschwimmende Larve gewesen sein. Einige dieser Ansichten, in denen nidtt oder nur wenig nach der jeweiligen Funktion des gebildeten Em- bryonal- oder Larval-Skeletts gefragt wurde, erscheinen deswegen besonders irrig, da NAEF (1921-28, 1922) bereits ein mit den Befunden bei rezenten Coleoiden vereinbartes Modell geliefert hat (Abb. 27a), das sich im wesent- lidten nun bestätigt und auch, allerdings verfälsdtt, von MÜLLER-SToLL (1936) übernommen wurde. PRELL (1921) deutete es ähnlidt zu NAEF (Abb. 27b), allerdings ohne das Aragonitrostrum zu berücksidttigen. BARs- KOV (1972) erschuf noch eine Variante, bei der aus einer primär ectocodt- leaten Schale durdt Sekundär-Umwadtsung eine endocochleate Sdtale ent- standen sein soll. Bei dieser Rekonstruktion spielt besonders die phosphatisdte Innensmicht der ersten Kammer eine große Rolle, die aber ein Diagenese- artefakt darstellt (Abb. 28) . Möglicherweise spielte bei der Bildung dieser Schicht der organische Sdtleim eine Rolle, der beim Kammerapparat von Nautilus alle Innenwände einer Kammer umhüllt, gleidtgültig, ob diese flüssigkeits- oder gasgefüllt ist (BANDEL & SPAETH, 1983). Bei der Diagenese entsteht in und aus dieser Schicht eine dünne prismatische Phosphatsdtidtt, die nidtt nur bei Belemniten, sondern audt in Ammoniten immer wieder an- zutreffen ist (BANDEL, 1981, 1982). GRANDJEAN (1910) hatte diese Phosphatschidtten als erster bemerkt. Diese sind audt verantwortlich für die komplexe Natur des ersten Septums in GRAND JEANS Rekonstruktion (Abb. 29a) und für die En:tstehung des Fußes am Ende des Siphonalstranges (CHRISTENSEN, 1926; ]ELETZKY, 1966). Diese während der Diagenese entstandene Sdticht kann an allen Kammerinnen- wänden auftreten. Auch bei der Besdtreibung der Struktur der Wand der ersten Kammer sowie der Wand der folgenden Konothek und der Struktur der diversen Septen tragen phosphatisdte Schichten zur Sdtichtenvermehrung bei. GRANDJEAN (1910) fand folglidt eine äußere, kalkige und eine innere, phosphatisdte Schicht in der Wandung der Anfangskammer. Später wurde die chemisdte Natur dieser Sdtidtten nicht mehr beachtet (CHRISTENSEN, 1925; ]ELETZKY, 1966 u. a.) und Unterschiede ergaben sidt aus dem Fehlen der während der Diagenese entstandenen Lage. MÜLLER-SToLL (1936) fand nämlich nur eine Sdtidtt, wo CHRISTENSEN (1925) und ]ELETZKY (1966) zwei bemerkten. Es gibt auch Fälle, bei denen mehrere phosphatisdte Schidt- ten locker übereinander lagern und BARSKOW (1972) hat diesen Umstand in seine Ontogeneserekonstruktion miteinbezogen. ;NAEF (1921-28, 1922) hatte zwar die Gestalt der Embryonalsdtale eines Belemniten im Prinzip richtig gedeutet. Allerdings hat er vom Modell der rezenten Spirula und der fossilen Ammoniten, den Prosipho und das erste Caecum übernommen. Dabei hatte GRANDJEAN (1910) bereits das Septum im wesentlichen richtig beschrieben und bemerkt, daß der Sipho nie bis in die erste Kammer hineinreidtt, sondern vorher endet. CHRISTENSEN Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) 299 Abb. 29. GRANDJEAN (1910, Fig. 17) umgezeidmet (links) und CHRISTENSEN (1925, Fig. 22) umgezeichnet (red1ts) beschrieben die SdIalenbeziehungen des Belemnitenjuvenilgehäuses in vielen Punkten ridItig. GRANDJEAN hält die SdIale der Anfangskammer (a) für kalzitisdI und das erste Septum sowie die Innen- smidIten für phosphatisdI (b). Der Sipho endet bei ihm in einem Fuß. CHRISTENSEN bemerkte die Anheftungsmembranen (b) des Siphos am organisdIen ersten Septum (a) . Allerdings interpretierte er das 2. Septum (c) als Siphofuß und meinte das 3. Septum (d) sei das erste Kalkseptum. Fig. 29. GRANDJEAN (1910, Fig. 17) (redrawn at left) and CHRISTENSEN (1925, Fig. 22) (redrawn at right) described many features of the juvenile shell of belernnite quite correctly. GRANDJEAN thought that the walls of the first mamber (a) were calcitic and the first septum as weil as the inner shell layers (b) were phosphatic. The siphuncular tube (c) was reconstructed to end in a foot-like exten- sion. CHRISTENSEN noticed the attamment sheets (b) of the siphuncle-end to the first septum (a). The second septum (c) was erroneously interpreted as "foot of the siphuncle". Only the third septum (d) was considered to represent the first calcareous one. (1925) bestätigte mit seinem Material diesen Befund und fand zudem, daß das erste Septum wohl biegsam gewesen sein muß, weil am Ende des Siphos oft eine kleine Aufwölbung zu erkennen ist. Er vermutete, daß der Sipho hier angeheftet war und das Septum nach oben gezogen hat. JELETZKY (1966) homologisierte das erste Septum mit dem ersten Proseptum der Am- moniten, hielt dann das zweite, kalkige Septum für homolog mit dem zwei- ten Proseptum der Ammoniten, welches sich allerdings bei Ammoniten als nicht existent erwies (BANDEL, 1982). Die Gestalt dieses zweiten Septums war zuerst von J ELETZKY (1966) richtig erkannt worden. Zuvor war er den Darstellungen GRANDJEANS gefolgt (Abb. 29). NEAFS (1921-28, 1922) Re- konstruktion des Sipho ist, abgesehen vom fehlenden ersten, organischen Septum, nicht weiter von der Realität entfernt als die Vorstellung einer 300 Klaus Bande!, Theo Engeser und Joachim Reitner pilzförmigen Erweiterung des Siphoendes von CHRISTENSEN (1925), MÜLLER- STOLL (1936) und JELETZKY (1966). Man kann durchaus ein Caecum im zweiten Septum interpretieren, wo das Siphonalrohr blind endet und dem Prosipho entsprechende An- heftungslamellen sich befinden, die allerdings nicht in die erste Kammer hineinreichen, sondern auf deren Abschluß enden. Das Siphoende ist in den Schliffbildern JELETZKYS (1966, 1980) gut zu erkennen. Die Struktur der Septen, vom 3. an, wurde von MUTVEI (1964) als im wesentlichen perlmutterig erkannt. Hierbei ist nicht der plattige Typus der Perlmuttstruktur von Nautilus entwickelt, sondern vielmehr der der nadeligen Lamellenschicht (MUTVEI, 1964, BANDEL & BOLETZKY 1979, BANDEL, 1982), einer Sonderbildung der Perlmutt, welche nach bisheriger Kenntnis auf coleoide Cephalopoaen beschränkt ist. Die komplexe Struktur der Septen und ihrer Kragen, wie sie J ELETZKY (1966) beschrieb, ist für die Jugendsepten des untersuchten Hibolithes nicht nachweisbar. Bei der Struktur des Kalzitrostrums ergibt sich, daß Vorstellungen zur primären Porosität diese Bildung, wie sie SPAETH (1975) entwickelt hat, für Hibolithes nicht zutreffen. Das Rostrum war dicht und eine im Fossil auftretende Porosität beruht auf dem Verschwinden der ursprünglich organi- schen Schichten, die mit den kalzitischen Schichten wechsellagerten. Die Vor- stellung, daß das Kalzitrostrum der Belemniten ursprünglich aragonitisch gewesen sei (BARSKOV, 1970) erweist sich als irrig. Die Prismen des Rostrums sind sehr ähnlich den Prismen, welche die kalzitische Argonauta-Schale :mf- bauen und auch die apikale Mittclzone entspricht in ihrem Aufbau der Innenschicht der Argonauta-Schale. MUTVEI (1964) stellte fest, daß es bei ectocochleaten Cephalopoden wie Nautilus keine Äquivalente zum Rostrum der Belemniten gibt. Das Äqui- valent des Periostrakums von Nautilus hingegen fand er in der Lage zwischen Perlmutt der Konothek und dem Rostrum. Zur Ausdeutung der Homologien von Innenschalen-Strukturen und Außenschalen-Schicht- folgen muß man sich die ontogenetische Entwicklung der Schalendruse vergegenwärtigen, wie sie bei allen conchiferen Mollusken in etwa gleichartiger Weise abläuft (BANDEL, 1982). Nur bestimmte Bereiche des sich aus der Schalen druse entwickelnden Mantels können die unterschied- lichen Schichten wie Periostrakum, hochorganisierte Mineralschale (Perlmutt) und weniger organisierte Mineralschale (Aragonit- und Kalzitrostrum) ab- scheiden. Septen können also kein Periostrakum besitzen, wie z. B. BLIND (1980) behauptet, weil in ihrem Bildungsbereich kein Mantelrand zur Ver- fügung steht, in dessen Drüsengruben das Periostrakum sezerniert werden kann. Hierbei ist es gleichgültig ob der Schalenmantel vom Muskelmantel überdeckt i~t, wie bei den Endocochleaten, oder ob er in einem freien Muskelmantel endet, wie bei allen außenschaligen Conchiferen. Das Drüsen- gewebe zur Produktion des Periostrakums ist in beiden Fällen vorhanden, im Gegensatz zur Meinung von MÜLLER-STOLL (1936), es kann aber kein Die Embryonalentwicklung von Hibolithes (Belemnitida, Cephalopoda) 301 Rostrum produzieren, wie NAEF (1922) vermutete. Die Zuordnung der ver- schiedenen mineralischen Innenschichten zu bestimmten Epithelien läßt sich nicht durchführen (z. B. MÜLLER-SToLL, 1936; BARsKov, 1973; ]ELETZKY, 1966) wie sich bei der Untersuchung von Schalenbildungsprozessen bei rezenten Mollusken herausstellte. Die Diskussion der in der Literatur dargestellten Befunde und Inter- pretationen zeigt deutlich auf, daß es bei der Rekonstruktion der Onto- genese fossiler Gehäuse sehr darauf ankommt sowohl den aktualistischen Be- fund zu kennen, als auch die im Fossil vorhandenen Daten zu analysieren. Dabei darf nicht vergessen werden, daß immer auch eine Gesteinsdiagenese zu berücksichtigen ist. Dadurch entspricht nicht unbedingt jede Schicht des Fossils auch einer Schicht der ursprünglichen Schale. Am weitesten von der Wahrheit entfernt sind jene Modelle, die ganz losgelöst von der Kenntnis der Ontogenese rezenter Coleoiden ersonnen wurden. Es erweist sich als sehr nützlich, wenn man der Rekonstruktion einer Ontogenese der Schale immer die entsprechende Funktion hinterfragt. Bei der Rekonstruktion von Homo- logien, sei es verschiedener Schalenstrukturen (MüLLER-SToLL, 1936, NAEF, 1922) oder Wände (JELETZKY, 1966) oder gar der Rostrumstrukturen (HANAI, 1952; STOLLEY, 1911; ABEL, 1916) sind die größten Mißinterpre- tationen vorgekommen. Literatur ABEL, O. (1916): Paläobiologie der Cephalopoden aus der Gruppe der Dibran- chiaten. - Jena (Fischer). BANDEL, K. (1977): übergänge von der Perlmuttschicht zu prismatischen Schicht- typen bei Mollusken. - Biomineralisation 9 : 28-47; Stuttgart. (1981): The structure and formation of the siphuncular tube of Quen- stedtoceras compared with that of Nautilus (Cephalopoda). - N. Jb. Geol. Paläont., Abh., 161: 153-171; Stuttgart. (1982): Morphologie und Bildung der frühontogenetischen Gehäuse bei conchiferen Mollusken. - Facies, 7: 1-198; Erlangen. BANDEL, K. & BOLETZKY, S. 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