1 Berliner geowiss. Abh. 1 E 13 B. KREBs-Festschrift 187-201 3 Taf. 1 Berlin 19941 Zur EischaIenstruktur von Varanus komodoensis OUWENS 1912 Rolf KOHRING & Joachim REITNER Zur Eischalenstruktur von Varanus komodoensis OUWENS 1912.- Rolf KOHRING & Joachim REITNER. Berliner geowiss. Abh. (E) 13: 187-201; Berlin. Zusammenfassung: Die Eischalenstruktur von Varanus komodoensis OUWENS 1912 (Komodowaran) wird mit verschiedenen Methoden untersucht (REM. Dünnschliffe. histologische Methoden. Fluorochromierungen. EDAX) und dokumentiert. Sie besteht aus einem wellblechartig arrangierten Geflecht organische Fasern. in die zentral eine Lage kalzitischer Sphärolithe integriert ist. Zusätzlich findet Mineralisation in kesseiförmigen Einheiten statt, in denen Kalzitkristalle die Anlage der Fasern nachzeichnen. Die Oberfläche der Schale wird durch eine dünne Schicht aus radialen bis mehr oder weniger kugeligen Kieselsäure-Aggregaten bedeckt. Der Vergleich mit den Eischalen von drei Varanus-Arten und anderen Squamaten zeigt. daß die Schalenstrukturie- rung auch unter funktionsmorphologischen Aspekten erfolgt. Summary: Eggshell structure of Varanus komodoensis OUWENS 1912 (Komodo monitor) is analyzed using different methodes (SEM, thin sections, histological staining, fluorochromes, EDX) and documented. The shell consists of wavy organic fibres. Within the shell, a distinct layer of calcitic spherules can be recognized. Addi- tionally, bigger kettle-like objects are fully mineralized, reflecting the wavy structure of the fibres. The outer surface of the shell is covered by a thin layer consisting of amorphous silica. The shell is compared with three other species of Varanus and other squamatic reptiles. Schlüsselwörter: Eischalen, Mikrostruktur, Squamata, Warane, Biomineralisation. Adresse der Autoren: Institut für Paläontologie, Freie Universität Berlin, Malteserstr. 74-100. Haus D, 12249 Berlin, Bundesrepublik Deutschland. 1. Einleitung Die Eischalen amnioter Wirbeltiere können nach HIRSCH & PACKARD (1987) in drei verschiedene Grundtypen unterteilt werden, die sich hinsichtlich ihrer Struktur und, damit verknüpft, ihrer Minera- logie unterscheiden. Weiche, pergamentartige Eischalen kommen bei vielen Eidechsen und Schlangen sowie mutmaßlich den bislang nur un- zureichend untersuchten monotrematen Säugetie- ren vor und sind wenig bis gar nicht mineralisiert. Kalzifizierung findet bei diesen Formen unorgani- siert oder gezielt in den äußeren Bereichen der Schalen vor (SEXTON et al. 1979, PACKARD et al. 1991). Aber auch wenn keine sichtbare Verkal- kung der Eischalen stattfindet, können mit Hilfe fluorochromierter Substanzen Calcium-führende organische Schleime und Initialkristalle in Schalen nachgewiesen werden, z.B. bei der anolinen Ei- dechse Anolis equestris (KOHRING & REITNER, in press). Die oft nur diffuse Verteilung kalkigen Materials in den Schalen haben HIRSCH & PACKARD (1987) veraniaßt, die kalzitischen Be- standteile weicher Eischalen als "disorganized" zu bezeichnen. Die Eischalen des einzigen noch lebenden Vertreters der Rhynchocephalen (Sphenodon punctatus GRAY 1842) und vieler aquatisch leben- der Schildkröten gehören zum zweiten Typus, den sogenannten biegsamen ("pliable") Schalen, die durch eine nur geringe, jedoch gesteuerte Kalzifi- zierung charakterisiert sind (PACKARD et al. 1982, HIRSCH & PACKARD 1987). Die kalkigen Bestand- teile liegen in den äußeren Bereichen in wohldefi- nierten Einheiten vor, die sich :vermutlich aus den Schaleneinheiten des dritten ,Typus, der rigiden Eischalen, ableiten lassen und- daher phylogene- tisch kein intermediäres Stadium repräsentieren. Die festen, kalkigen EiSchalen finden sich bei vielen höheren Wirbeltieren. Während die Schalen von Schildkröten aus Aragonit bestehen, sind Eischalen von Krokodilen, Vögeln und Dino- sauriern aus Kalzit gebaut. Rigide kalkige Schalen sind aber auch innerhalb der Squamaten gelegent- lich realisiert und können dann auch ein geringes Fossilisationspotential aufweisen (HIRSCH & HARRIs 1989, KOHRING 1991). So sind die Eischa- len von Gekko gecko palisadenartig kalzifiziert, zeigen aber im Dünnschliff einen beträchtlichen 188 R. KOHRING & J.REITNER Anteil organischer Substanzen (KOHRING & REITNER. in press). Die fossile Überlieferung von Amniota- Eischalen beschränkt sich auf die rigiden Eischa- len. während die nur schwach kalzifizierten Scha- len fossil unbekannt sind (HIRSCH & PACKARD 1987). Während sich die Erforschung fossiler Eischalen im wesentlichen auf die bei den Taxa Dinosauria und A ves. und bereits deutlich unterge- ordnet. Crocodilia und Chelonia. konzentriert. werden moderne Eischalen vorwiegend unter wirt- schaftlichen Aspekten untersucht. Zahlreiche Ar- beiten und Ergebnisse stammen aus dem Bereich der Geflügelzucht (Zeitschrift ''Poultry Science"). Die Untersuchung moderner Reptilien-Eischalen ist dagegen bislang vernachlässigt worden. Dies gilt in ganz besonderem Maße für die Schalen von Squamaten. Erst in den letzten fünfzehn Jahren sind an vereinzelten Arten Struktur und biochemi- sche Zusammensetzung untersucht und dokumen- tiert worden (SEXTON et al. 1979. PACKARD et al. 1982. 1991, PACKARD & HIRSCH 1989, siehe auch SCHLEICH & KÄSTLE 1988). Da eine systematische Erfassung der Eischalen von Eidechsen und Schlangen durch die in vielen Fällen schwierige Materialbeschaffung bislang nicht erfolgt ist, ist unser Kenntnisstand der Morphologie der Schalen entsprechend noch sehr lückenhaft. Jede Dokumen- tation einzelner Arten ist daher wichtig, um Ge- meinsamkeiten und Unterschiede in den Schalen- strukturen besser abschätzen zu können. Inwieweit das Formenspektrum zur Beurteilung phylogeneti- scher Verwandtschafts-Beziehungen herangezogen werden kann, bleibt abzuwarten. 2. Ziel, Material und Methoden In der vorliegenden Arbeit soll die Eischalenstruk- tur des Komodo-Warans (Varanus komodoensis OUWENS 1912) beschrieben und mit anderen Schalen nahverwandter Arten verglichen werden. Für die Untersuchung standen einige Schalenfrag- mente der Eier zur Verfügung, die von einem der beiden Komodo-Warane des Berliner Aquariums im Frühjahr 1993 gelegt wurden. Methoden Kleine Bruchstücke der getrockneten Eischalen wurden mit dem REM (Rasterelektronen- Mikro- skop, Cambridge 360) untersucht, um die Scha- lenstrukturen sowie die Oberflächen zu erfassen. Weitere Exemplare wurden mit verschiedenen histologischen Färbestoffen im Block gefärbt, be- vor sie in Kunstharz eingebettet wurden. Als er- folgreich erwiesen sich Färbungen mit basischen Fuchsin, Methylenblau und Toluidin Blau 0 (polysaccharide). Zur Fluoreszenz Bestimmung und Lokalisierung von Ca-bindender organischer Verbindungen wurden kleine