Berliner geowiss. Abh. (A) 106 221-241 1 Abb., 5 Taf. Berlin 1989 
Kieselschwämme (Hexactinellida und "Lithistida") aus den Cipit-Kalken der 
Cassianer Schichten (Karn, Südtirol) 
Von HELMUT l<Eu", Jom"IDI REITNER & DORTE SALlIIIOII· 
Aus unterkarnischen Cipit-Kalken (Cassianer Schichten) wird eine artenarme Faunula rigider Kieselschwän.ne 
beschrieben. Erstmalig für die Trias gelingt der Nachweis komplett erhaltener lithistider Schwämme. Sie 
inkrustieren als sekundäre Gerüstbildner die abgestorbenen corallinen Spongien. Im Gegensatz dazu siedeln 
die Hexactine11iden im Weichboden der Mud mounds. Das bisher fragwürdige Vorkommen der hexactine11iden 
Gattung Casearia in der Trias wird gesichert belegt. Die schlechte Erhaltung der nur im Dünnschliff erkenn-
baren Kieselschwämme erlaubt jedoch keine weitreichenden systematischen Aussagen. 
Abstract 
A small, low diversity fauna of sponges with rigid primary si 1 iceous skeletons is described from the so-
called "Cipit-Boulders" of Lower Carnian age (Cassian Beds, Northern Italy). Completely preserved lithistid 
sponges of Triassic age are described for the first time. They grew on calcareous skeletons of dead coral-
1 i ne sponges wi thi n mud mounds. In contrast, hexact i ne 11 id sponges sett 1 ed on the soft mud between the 
other reef dwellers. The questionable occurrence of the hexactinellid genus Casearia in the Triassic is now 
confirmed. Owing to the poor preservation of the calcified sil i ceous sponges, which can only be recognized 
in thin sections, evidence for specific systematic determinations is limited. 
·Anschrift der Autoren: 
Prof . Dr.Helmut Keupp, Dr.Joachim Reitner, Dipl.-Geol. Dorte Salomon 
Institut für Paläontologie 
Freie Universität Berlin 
Schwendenerstr. 8 
1000 Berlin 33 
• 
, 
/ 
1. Einführung 
Die Trias ist eine Periode der Erdgeschichte, aus 
der über Spongien mit rigidem Kieselskelett bisher 
wenig bekannt geworden ist. Die verstreuten Mit-
teilungen mehr oder weniger komplett überlieferter 
Schwämme beschränken sich auf Vertreter der Hexac-
tinelliden (RAUFF 1893/94 ,TICHY 1975, FORSICH & WENOT 
1977 ,v. FREYBERG 1928 , BOOZIOCH 1989). Di ese Armut an 
dokumentierten Funden geht sicherlich teilweise 
auf fehlende überlieferung und Bearbeitung zurück. 
Andererseits scheint die Perm-Trias Grenze zumin-
dest für die Hexactinell ida einen entscheidenen 
Faunenschnitt -wohl den wichtigsten in ihrer Ge-
schichte überhaupt- darzustellen. Aus der reichen 
permischen Hexactinellida-Fauna, die FINKS (1960) 
aus W-Texas beschreibt, hat deshalb wohl keine 
einzige Gruppe (vielleicht mit Ausnahme der Pileo-
litidae: Cype77ospongia fimbriartis (RIGBY & GOSNEY 
1983) aus der unteren Trias von Utah steht wahr-
scheinlich dieser Gruppe nahe) in das Mesozoikum 
überlebt. Die Trias stellt für die Hexactinellida 
somit eine Periode der Reorganisation dar, in der 
eine geringe Diversität ihrer Vertreter zu erwar-
ten ist. Die wenigen aus der Trias bekannten 
Hexactinellida- Taxa sind aus diesem Grunde für die 
Phylogenie der modernen Hexactinell iden besonders 
interessant. Von RAUFF (1937) wurde Cribrospongia 
( Tremadictyon) roemeri (EcKLEBEN) aus dem oberschle-
sischen mittleren Muschelkalk beschrieben. Eine 
gut erhaltene .. Tremadictyon" cf. roemeri ist 
außendem aus dem Anis der Alpen dokumentiert (TI~Y 
1975). Aus dem deutschen Muschelkalk stammt ein 
Fund von ?Casearia QUENSTEOT (V.FREYBERG 1928 ) . Diese 
triassischen Formen waren bis vor wenigen Jahren 
die ältesten bekannten diktyonalen Hexactinellida. 
RIGBY et. a1. (1981) beschreiben aber eindeutig 
di ktyona 1 e Formen aus dem Ober-Devon von Polen. 
Nach den Abbildungen zu urteilen, handelt es sich 
hierbei um "moderne" Hexact inosa, ähnl ich Crat icu-
7aria ZITTEL. Diese Gruppe scheint also die Krisis 
der Perm-/Trias-Wende überlebt zu haben. Ein gesi-
cherter Vertreter der Lychniscosa ist aus der 
Trias bekannt: Triadocoe7ia magyara aus dem Karn 
von Ungarn (VINASSA OE REGNY 1911). Im Zusammenhang 
mit der Beschreibung von Hexact inell iden-Spongio-
lithen im Unteren Muschelkalk von Polen (BooZIOCH 
1989) sind jüngst verschiedene Taxa bekannt gewor-
den. AUßer einem "Tremadictyon" roemeri beschreibt 
BooZIOCH zwei "Dictyida sp". Bei einem der abgebil-
deten Individuen besteht das parenchymale Skelett 
222 
aber offensichtlich nicht aus verschmolzenen 
Hexact i nen sondern aus Di act i nen. Ei ne Zugehöri g-
keit zu den Lyssacinosa ist somit sehr wahrschein-
1 ich. Neben ei nze 1 nen Hexact i nosa und L ychn i scosa 
sind aus der Trias noch einige lyssakine Hexacti-
nellida bekannt. 
ErWähnungen isol ierter hexactinell ider Spicula 
liegen vor allem aus der alpinen Trias (Ladin bis 
Rhät) vor. So bildet z.B. MOSTLER (1976) Gerüst-
skleren (Hexactine, Pentactine und ?Oxyhexaster) 
und Dermalskleren (Pinulen, Scopulen und Clavulen) 
ab. Aus der Gruppe der Hexactinosa sind somit 
sowohl die Clavularia (= Farreidae), als auch die 
Scopularia bereits aus der Trias dokumentiert. 
Neben den Hexactinelliden, die relativ häufig zu-
sammen mit den für die unterkarnischen Bui ld Ups 
typi schen Gemei nschaften von cora 11 inen Demospon-
giern auftreten (Vg1.DIECI et a1. 1970, FORSICH & 
WENOT 1977, REITNER 1987), fi nden sich aber desmen-
tragende Spongien in gleicher Häufigkeit. Oft je-
doch werden beide Spongientypen übersehen bzw. 
nicht als solche erkannt, da ihr Erhaltungszustand 
schlecht ist. Bei lithistiden Formen kommt dazu, 
daß sie leicht mit bestimmten Typen coralliner 
Spongien verwechse lt werden können, z. B mi t Prae-
coryne77a, die ein ähnliches Kanalsystem aufweist 
wie die meisten Lithistiden. 
Vollständige Exemplare von lithistiden Demospon-
giae waren aus der Trias bis jetzt unbekannt. 
MOSTLER (1971, 1972, 1976) beschreibt eine Vielzahl 
von isolierten Spicula aus verschiedenen strati-
graphischen Niveaus der nordalpinen Trias, die 
eine hohe Diversität unterschiedlicher Spongien 
Taxa aufzeigen. Auffällig in diesem Zusamenhang 
ist, daß Desmen relativ selten sind. Ursache dafür 
mögen die recht stabilen Desmen-Choanosomal-
skelette sein, die nur schwer zerfallen und somit 
nicht über weitere Distanzen transportiert werden 
können. Isol ierte Desmen dagegen, wie sie in re-
zenten Demospongiern gelegentlich gefunden werden, 
können nach dem Absterben des Schwammes leicht 
verfrachtet werden. Damit erklärt sich das iso-
1 ierte Vorkommen vollständiger, unbeschädi gter 
Desmen im Sediment. Dies macht andererseits auch 
ve rständ 1 ich, warum MOSTLER in se i nen Proben nu r 
bestimmte Typen von Desmen gefunden hat. Er beob-
achtete vor allem große Megaclone, selten 
Rhizoclone und Heloclone. Diese Spicula-Typen bil-
den entweder nur ein lockeres Desmen-Skelett oder 
sind isoliert im organischen Stützskelett des 
Schwammes eingelagert. Häufig sind dagegen die ty-
pischen 1angschaftigen Triaenen der Dermalskelette 
tetractiner L ithistiden. Es muß allerdings damit 
gerechnet werden, daß ein Teil dieser Spicu1a zu 
den desmen-10sen Tetractinellida (z.B. den Chori-
stida) gehören können. 
Angesichts der geringen Kenntnis über triadische 
Kieselschwämme mit rigidem Skelett erscheint die 
Dokumentation einer weiteren, wenn auch gering-di-
versen Assoziation aus dem Karn Südtiro1s sinn-
voll. Kiese1ige hap10sc1eride Demospongier ohne 
rigides Skelett (Aka) werden bereits von REITNER & 
KEuPp 1989 aus den Ci pi t-Ka 1 ken vorgeste 11 t. Auch 
wenn aufgrund der schlechten Erhaltung taxonomi-
sche Zuordnungen teilweise vage bleiben müssen, 
können die Formen doch für eine spätere Beurtei-
lung der frühen Phylogenie moderner Schwanwn-Grup-
pen einen wichtigen Beitrag liefern. Die Studie 
resultiert aus dem derzeit laufenden DFG-Projekt 
Ke 322/5-1: "Systematik, Phylogenie und Pa1öko10-
gie rigider Kieselschwämme im Mesozoikum". 
2. Material und Methoden 
Die hier bearbeiteten Proben, durchweg allochthone 
Cipit-Ka1ke, stammen von zwei Lokalitäten in den 
Südtiro1er Dolomiten, die eine ähnliche sedimento-
1 ogi sche und pa 1 äogeographi sche Pos i t ion dokumen-
tieren: 
1. Giao-Paß südwestlich Cortina d'Ampezzo, aufge-
san.ne 1 t von J. REITNER 
2. See1and-A1pe (= Alpe di Specie) bei Sch1uder-
bach (Plätzwiese) , aufgesammelt und zur Verfügung 
gestellt durch K. BANDEL, Hamburg & CHR.DuLLo, 
Erlangen. 
Für eine detaillierte Darstellung des pa1äogeogra-
phischen und geologischen Rahmens sei auf die Ar-
beiten FORSICH & WENDT (1977), WENDT (1982) verwiesen. 
Die Seelandalpe ist die klassische Lokalität für 
die allochthonen "Cipit-Bou1ders" (RICHTHOFEN 1860). 
Kleine Patch Reefs bzw. einzelne Riff-Brocken lie-
gen heute als isolierte Knollen in ei nem sandi g-
tonigen, quartären Verwitterungsschutt. Das Aus-
gangsmaterial der Solif1uktionsböden waren merge-
lige Sedimente eines oberen Plattformhanges (Cas-
sian Formation), in dem gravitativ unterschiedlich 
große Fragmente des aktiven Plattformrandes bzw. 
223 
von kleineren unmittelbar oberhalb gewachsener Mud 
Mounds eingeg1 itten sind (verg1. FÜRSICH & WENDT 
1977: Fig.3; WENDT 1982). Diese in der Dimension 
von 10-er Metern großen Mud Mounds sind heute noch 
direkt unterhalb des Dürrenstein-Do1omits im ober-
sten Abschnitt der Cassianer Schichten ins i tu 
erhalten. Eine gesicherte pa1äogeographische Ein-
ordnung ei nze 1 ner Ri ffkörper und ihre exakte Kor-
relation mit der zei~äquiva1enten Schichtfazies 
sind aber info1ge der gestörten Lagerungsverhält-
nisse durch junge Erosionsvorgänge erschwert (WENDT 
& FORSICH 1980). Dem postu1 ierten, durch Mass Falls 
charakterisierten primären Sedimenttyp entspricht, 
daß einzelne Karbonatblöcke aufgrund ihrer unter-
schied1 i ch weiten Herkunft jewei 1 s durch ei ne ei-
genständige Biofazies-Komposition charakterisiert 
sind (verg1. MOUSSAVIAN & SENOWBARI-DARYAN 1988). Die 
Fossilreste sind weitgehend durch die einzigartige 
Erhaltung ihrer primären Minera1isate (Aragonit, 
Mg- Kalzit) und der Feinstrukturen gekennzeichnet 
(SCHERER 1977; CUIF 1973, 1974; WENDT 1979; REITNER 
1987; SENOWBARI-DARYAN in diesem Band). Sie läßt sich 
möglicherweise durch die sedimentationsbedingte 
Konservierung der 01istho1ithe bei der raschen 
Einbettung in das mergelige Slope-Sediment erklä-
ren. Die wichtigsten Strukturbildner in den hier 
untersuchten Proben sind cora11ine Schwämme unter-
schiedlichster taxonomischer Zugehörigkeit und in-
krustierende, thrombo1itische Bakterien-Assozia-
tionen. 
3. Erhaltung der Kiesel 
Die Kieselschwämme wurden in den Cassianer Schich-
ten im Gegensatz zu den zahl reichen kalkigen co-
ra 11 i nen Spong i en und dem re i chha 1 t i gen Spekt rum 
der übrigen Fossilgruppen bisher ausschließlich in 
Dünnschliffen, nicht als ~usgewitterte oder primär 
im Sediment isolierte Exemplare gefunden. Ihre 
Skelette liegen generell in kalkiger Erhaltung 
, 
vor. Durch die Substitution der Kieselsäure sind 
sie selbst nur lückenhaft überliefert, die Verbin-
dungen zwischen den einzelnen Skleren-Elementen 
oft nur angedeutet. Kleine Fragmente hexactine11i-
der Skelette, von denen sich die Diktyona1stränge 
schattenhaft in das umgebende Sediment fortsetzen, 
belegen die starken diagenetischen Lösungsvor-
gänge, die auch zum Zerfall einzelner Schwammkör-
per geführt haben (Taf.l/4a; Taf.2/6). Die rela-
tive Seltenheit von Hexactinellida und "Lithi -
stida" in den Cassianer Schichten geht wohl teil-
weise auf diese Lösungen zurück. Innerhalb der 
überlieferten Skelettreste sind durch die neomor-
phen Vorgänge viele Detai lstrukturen verlorenge-
gangen. Ehemalige Hohlräume, wie Zentral kanäle der 
Skleren oder durchbrochene Kreuzungsknoten mögl i-
cher Lychnisken (Taf.2/4), sind bestenfalls als 
schemenhafte Reliktstrukturen erkennbar. 
Die über 200 angefert i gten Dünnsch 1 i ffe haben je-
weils eine durchschnittliche Fläche von 10x15 cm. 
Erst mit Hilfe dieser Großschliffe war es möglich, 
die nicht allzu häufigen Kieselschwämme zu finden. 
Die Schliffe sind im Institut für Paläontologie 
der Freien Universität Berlin aufbewahrt. 
4. Stratigraphie 
Die biostratigraphische auf Ammonoideen basierende 
Einordnung der bis zu 500 m mächtigen, überwiegend 
mergeligen Cassianer Schichten in das Zeitinter-
vall Ober-Ladin (Langobard) bis Unter-Karn (Corde-
vol, ? Jul) geht auf URLICHS 1974 zurück. Die exakte 
Datierung der im höheren Abschnitt der Cassian 
Format ion auftretenden, foss il rei chen Patch Reefs 
und die durch sie beeinflußte Slope-Fazies dagegen 
ist prob lemat i sch. URLICHS 1974 und WEHDT & FORSICH 
(1980) gelang, das dolomitisierte "Richthofen-
Ri ff" durch die Verzahnung mit unterkarn ischen und 
die überlagerung mit cordevolischen Sedimenten 
als unterkarnisch einzugrenzen. WEHDT (1982) geht 
von einer annähernden Gleichzeitigkeit der hier in 
Frage kommenden Patch Reefs aus, schließt aber für 
Riffe am N-Hang der Sella Gruppe ein oberladini-
sches Alter nicht aus. MoussAvIAH & SEHOWBARI-DARYAH 
(1988) diskutieren aufgrund des sich gegenseitigen 
Ausschließens von nicht näher klassifizierten 
"Kieselschwämmen" und der als stratigraphisch re-
levant erachteten benthonischen Foraminifere Pseu-
docucurbita infundibu7iformis (JABLONSKY 1973) in 
den Cipit-Kalken eine Heterochronie der einzelnen 
Blöcke. Die Kieselschwanwu führenden Fazies, die 
frei von Pseudocucurbita sind, hätten nach diesen 
Autoren Langobard- bis Cordevol-Alter, während die 
Blöcke mit Pseudocucurbita jünger seien. Ein sehr 
wahrscheinliches unterkarnisches Alter der Cipit-
• 
Kalke korrespondiert mit zeitgleichen ähnlichen 
Mud Mound-Entwicklungen in Kärnten und Slovenien 
(DuLLo & LEIH 1982; RAMOvs & TURHSEK 1984). 
224 
5. Die rigide Kiesel der Cipit-Kalke 
5.1 Lithistide Spongien 
Die beobachteten "Lithistida" der Cassianer 
Schichten sind geringdivers und beschränken sich 
auf zwei Typen (Abb.1,2; Taf.3/1-3; Taf.4/5- 6). 
Während vom Typ 2 nur ein Exemplar vorliegt, domi-
niert Typ 1 mit über 20 Individuen. Auf eine no-
o 
menklatorisch gen aue Bearbeitung des Material wird 
hier verzichtet. Die mäßige Erhaltung, bei der das 
Kieselskelett durch Kaltzit substituiert ist, läßt 
sichere taxonom i sche Aussagen ni cht zu. Erschwe-
rend kon011t hinzu, daß die "Lithistida" eine hoch 
polyphyletische Gruppe sind (BURTON 1929) und es 
aufgrund des Fehlens der Dermalskelette nicht mög-
lich ist, die Organsimen sicher einer übergeordne-
ten systematischen Klasse zuzuordnen. Aus diesem 
Grund wird nur eine Typisierung anhand der Desmen 
vorgenommen. 
Lithistider Schwamm Typ 1 
Diese Form tritt am häufigsten auf und ist leicht 
an sei nen promi nenten Oscul ar-Röhren zu erkennen. 
Die Oscularröhren sind radial angeordnent, so daß 
der Schwamm meistens eine halbkugelige Gesamt-
gesta lt von mehreren Zentimetern besaß. Im Dünn-
schliff werden infolge der Röhren-Anordnung in ei-
nem Individuum unterschiedliche Schnittlagen ange-
troffen (Taf.3/1-3). Selten finden sich brotlaib-
förmige Wuchsformen, bei denen die Oscular-Röhren 
parallel verlaufen und erst in den ontogenetisch 
jüngeren 
übergehen 
den viele 
Abschnitten in eine radiale Anordnung 
(Taf.3/3). Neben großen Exemplaren wer-
kleine Individuen gefunden, die noch 
kein gut entwickeltes Oscular-Röhrensystem besit-
zen (Taf.5/1-7). 
Vom spiculären Skelett ist nur das choanosoma 1 e 
rigide Desmenskelett vorhanden (Taf.3/4-6; 
Taf.4/4). Nur in einem Fall wurden monaxone Skle-
ren im Desmenskelett beobachtet, die möglicher-
wei se Re 1 i kte 
(Taf.4/3). Die 
eines Dermalskeletts darstellen 
Desmen zeigen in der Regel 4 Äste, 
die in einem ungefähren Winkel von 1000 stehen. 
Sie sind somit eindeutig als Tetraclone anzuspre-
chen (Abb.1; Taf.3/4-6; Taf.4/4). Sie sind über 
spezielle Haken (Zygome) an ihren Enden mit ande-
ren Desmen verhakt und wahrschei n 1 ich zusätz 1 ich 
auch über Si02-Brücken zementiert (Taf.4/4). Kno-
tenförmige Aufwüchse werden nicht beobachtet. Es 
a 
b 
Abb. 1: Megaclone (a ) und tetraclone (b) Desmen 
aus lithistiden Schwämmen (Dünnschliffe ) der 
unterkarnischen Cipit-Kalke nahe der Seelandalpe 
be i Schluderbach. Maßstab 200 ~ 
entsteht e i n typisches rigides Desmenskelett 
(Taf.3/ 1-3; Taf.4/ 1- 2; Taf.5/ 1- 7) . Die einzelnen 
Desmen haben e i ne durchschichtliche Größe von 200-
400 ~m. 
Diskussion 
Die Existenz von Tetraclonen schränkt die überge-
ordnete Klassifizierungsmöglichkeit ein. Vermut-
lich handelt es sich um einen Vertreter der Disco-
dermiidae, die Tetraclone besitzen und ein Teil 
des Dermal ske 1 etts besteht aus monaxonen Skl eren. 
Leider Fehlen die charakterist ischen Phyllotriae-
nen und die namensgebenden scheibenförmigen Triae-
nen des Dermalskeletts, so daß eine sichere Zuord-
nung offen bleiben muß. Es handelt sich jedenfalls 
um einen Vertreter der Tetracladina sensu ZITTEL 
(1877/78). Die Tetracladina sind seit dem Mittel-
kambrium bekannt (KRUSE 1983 ) . Sie haben ein erstes 
Maximum ihrer Verbreitung mit den Gattungen Aulo-
copium und Archaeoscyphia (RAuFF 1893/94, VAN KEMPEN 
1983) im Ordovozium. In Jura und Kreide besitzen 
sie eine größere Verbreitung und Diversität 
(SCHRAMMEN 1910-12, 1924, 1936; KROOER 1978 u.a. ) . 
Heute sind sie re 1 at i v se lten (SCHMIDT 1864). 
Aus der Trias waren sie bisher nicht bekannt. Die 
hier vorgestellten Funde aus den unterkarnischen 
225 
Cassianer-Schichten schließen eine Beobachtungs-
lücke. 
Lithistider Schwamm Typ 2 
In mehr als 200 Großdünnschliffen konnte von die-
sem Typ bis jetzt nur ein Exemplar gefunden werden 
(Taf.4/5-6). Der vorliegende Schwamm hat einen 
Durchmesser von ca. 3 cm. Er zeigt ein sehr 
• 
dichtes Desmenskelett. Ein spezielles Oscular-Röh-
rensystem wi rd nicht beobachtet. Verrnut 1 ich besaß 
der Schwamm wiederum eine halbsphärische Form. Die 
Desmen sind groß und haben eine Länge von 0,5-1 rr'lI 
(Taf.4/6). Sie besitzen in der Regel 4 Äste, die 
allerdings in eine Richtung orientiert sind 
(Abb.2). Meist sind diese Skleren glatt und zeigen 
keine Besonderheiten. Es handelt sich somit um ty-
pische Megaclone. Im vorliegenden Fall sind in ei-
n i gen Megac 1 onen noch Re li kte de r Zent ra 1 kanä 1 e 
sichtbar (Taf.4/6 ) . Reste eines Dermalskelettes 
wurden nicht gefunden. 
Diskuss ion 
MOSTLER ( 1976 ) beschrei bt iso 1 i erte Megac 1 one aus 
dem Unterladin . Bekannt sind diese Formen ab dem 
Karbon ( KROGER 1978). Erst in der Kreide werden sie 
allerdings häufig. Der hier gefundene Schwamm 
zeigt jedoch keine näheren Überinstimmungen zu an-
deren megamorinen "Lithistida". 
5.2 Hexactinellida 
Es liegen aus den Dünnschliffen insgesamt sechs 
vollständige Exemplare und 9 Fragmente von 
?Cribrospongia, eine vollständige ?Casearia, ein 
fragmentari scher ?Lychni scosa i ndet. und etwa 20 
Hexactinosa indet. als Gerüstfragmente vor. 
• 
?Cribrospongia (Tremadic;tyon) sp. 
(Taf .1/1 - 5) 
, 
Der kleine Schwammkörper ist becherförmig mit ei -
nem weiten, tiefen Paragaster. Er mißt in der 
Länge 2,2 cm, am oberen, breitesten Ende ist sein 
Durchmesser 1,5 cm, die Wand ist 0,5 cm dick. Am 
unteren Drittel zeigt der Körper einen klumpen-
artigen Anhang. Auf den ersten Blick sieht es aus, 
als wären zwei Schwäll'lle "i nei nandergeschachte 1 t" . 
Bei näherem Studium fällt jedoch auf, daß si ch die 
Diktyonalstränge über einen Stylolith hinweg fort-
setzen. Es handelt sich somit um ein einziges In-
dividuum. Das Skelett ist euretoid (REIO 1958), 
durch subparallele Diktyonalstränge, die zu den 
(dermalen und gastralen) Oberflächen hin umbiegen 
(Taf.1/4), charakterisiert. An den Rändern -beson-
ders an der Dermalseite- geht das Gerüst in eine 
sehr kräftig entwickelte Diktyonalcortex über, die 
dadurch entsteht, daß vor allem die Tangential-
strahlen der Hexactine plattenartig verdickt sind. 
Kanäle (Epi- und Aporhysis) sind angedeutet, die 
randliche Cortex scheint aber nicht durchbrochen 
zu sein. Das Gerüst ist unregelmäßig. Außer den 
kubischen Maschen gibt es viele "extra Stränge·' 
(Synapt i kulae). Maschenweite (Länge der Strahlen 
zwischen zwei Kreuzungsknoten) variiert stark: 160 
~ bis 320 ~ Durchschnitt 214 ~ (50 Messungen). 
Diskussion 
Bei der lückenhaften Erhaltung ist es unmögl ich, 
den Verlauf und Charakter der Kanäle zu erkennen. 
Die undurchbrochene Erscheinung des Randes mag auf 
einen Schnitt"lageneffekt zurückzuführen sei n. A 1-
lein aufgrund der Wanddicke relativ zur Körper-
größe ist anzunehmen, daß der Schwamm ein gut ent-
wickeltes Kanalsystem hatte (Sowohl im Mesozoikum, 
als auch Rezent besitzen die Hexactinellida Wände, 
die entwede r ext rem dünn ode r von Kanä 1 en du rch-
brochen sind). Die Körperform stimmt gut mit der 
von ZITTEl (1871) beschriebenen überein. Was die 
Maschenweite betrifft, liegt sie im unteren Be-
rei ch, jedoch i nnerha 1 b der von RAUFF (1931) ange-
gebenen Maße. Eine rand 1 i che Ve rd i chtung des 0 i k-
tyona 1 gerüstes (Cortex) wi rd von SCHRAlltEN (1931) 
bei mehreren Arten von "Tremadictyon" angegeben. 
Den basalen Anhang deuten wir als eine für die 
Gattung charakterist ische Wurzel knolle. SCHRAlIIEN 
(1937: 32) spricht von einer "klumpenartigen 
Basis". MOllER (1989) hat ein .. Tremadictyon" radi-
catum mit einer vollständigen Wurzel knolle abge-
bildet und deren Funktion diskutiert. Anhand der 
erhaltenen Merkmale (äußere Form incl. Wurzel-
knolle, Diktyonalcortex und Maschenweite) dürfte 
die Zugehörigkeit des vorliegenden hexactinelliden 
SchwalT'lies zur Gattung Cribrospongia recht gut ab-
gesichert sein. 
Die Gattung Cribrospongia geht auf O'ORBIGNY (1847, 
beschrieben und zitiert in D'ORBIGNY 1849) zurück. 
Generotypus ist "Scyphia" reticu7ata GOlOFUSS 1826. 
Aufgrund der fehlenden Sklerenerhaltung beim Holo-
typ ist die Gattung "Scyphia" jedoch zweifelhaft. 
Später wurde sie durch ZITTEL (1877) mit dem heute 
226 
weitgehend eingebürgerten Namen Tremadictyon be-
legt. TICHY (1975) hat deshalb vorgeschlagen, Cri -
brospongia als nomen oblitum zu betrachten und die 
Bezeichnung Tremadictyon beizubehalten. Das ältere 
Synonym, das von ROEIIER (1864) und REID (1963) be-
nutzt wurde, hat jedoch die Priorität. Die aus-
führliche Erörterung der nomenklatorischen Proble-
matik der Gattung Cribrospongia (Tremadictyon) 
soll jedoch einer späteren VerÖffentlichung vorbe-
, 
halten bleiben. KOlB (1910) und RAUFF (1931) haben 
.. Tremadictyon" (=Cribrospongia) zu den Craticula-
ri idae RAUFF gestellt. SCHRAlltEN (1931), OE LAuBENFELs 
(1955) und TICHY (1975) ordnen die Gattung dagegen 
der Fami 1 i e Staurodermi dae ZITTEL zu. ROEIIER (1864) 
und REIO (1963) betrachteten sie als Typus einer 
eigenen Familie. Diese Unsicherheit in der syste-
matischen Handhabung ist möglicherweise in Unklar-
heiten über das Kanal system als wesentl iches 
diagnostisches Merkmal begründet. Nach HINOE (1893) 
und RAUFF (1931) besitzt" Tremadictyon" blinde Ra-
dialkanäle. Verwechslungen mit dem ähnlichen Ka-
na 1 system von Stauroderma ZITTEL, deren Epi rhys i s 
die Wand schräg von unten nach oben durchsetzen 
und unmittelbar unterhalb der Paragaster- Oberflä-
che b 1 i nd enden (HINOE 1893; ZIEGlER 1962) , sind 
leicht möglich. So sind wir aufgrund der Neubear-
beitung des Originalmaterials der Meinung, daß 
TICHY (1975) versehentlich ein Exemplar von Stauro-
derma für seine taxonomischen Überlegungen von 
.. Tremadictyon" zugrundegelegt hatte. Die Ähnlich-
keit in der Ausbildung des Kanalsystems war auch 
für ZIEGLER (1962) Anlaß, eine enge Beziehung zwi-
schen beiden Genera zu postulieren. Es bleibt zu 
prüfen, ob sich unter der Bezeichnung" Tremadic-
tyon" nicht mehrere Gattungen verbergen. Vorrangig 
aber fehlen vergleichende Studien, inwieweit Modi-
fikationen des Kanalsystems bei 
tastsäch 1 i ch apomorphen Charakte r 
den Hexact i nosa 
haben und somit 
ümberhaupt ein brauchbares taxonomisches Merkmal 
sind. 
? Casearia so. 
(Taf.2/1-2) 
Der axial geschnittene 
der breitesten Stelle mißt 
• 
ist 3,6 cm lang, an 
sein Querschnitt 1,5 
cm. Er zei gt drei Ei nschnürungen, und besteht so-
mit aus (mindestens) vier Kammern, von denen nur 
drei vollständig angeschnitten sind. Das Para-
gaster ist im ersten Segment nicht sichtbar. Eine 
kleine zentrale Aussparung im zweiten und dritten 
Segment wird als ein schräg angeschnittenes Para-
gaster interpretiert. Eine dünne Diktyonalcortex 
ist an der Dermalseite vorhanden. Am Ende des 
dritten Segments ist ersichtlich, daß die Cortex 
zur Mitte des Schwammes hin umbiegt, und darauf 
die Diktyonalstränge einer neuen Kan."er ansetzen 
(Taf.2/2 ) . Dieses abschließende Umbiegen der rand-
lichen Cortex ist aus Erhaltungsgründen an den üb-
rigen Kammern nicht mehr sichtbar. Kanäle sind nur 
schattenhaft angedeutet. Das fragmentarisch erhal-
tene Diktyonalgerüst ist euretoid (REID 1958). Es 
weist einige Unregelmäßigkeiten, wie häufig auf-
tretende dreieckige Maschen, auf. Sie entstehen 
dadurch, daß ein Strahl eines Hexactins mit dem 
Kreuzungsknoten eines benachbarten verschmilzt. 
Maschenweite 140 ~ - 280 ~, durchschnittlich 205 
~ (40 Messungen ) . 
Diskussion 
Quereinschnürungen 
des vorl iegenden 
allein würden 
Hexactinelliden 
• elne Zuordnung 
zur Gattung 
Casearia nicht rechtfertigen, da sie auch bei an-
deren diktyonalen Formen auftreten können. Ent-
scheidend ist das beobachtete Umbiegen der Cortex 
am Ende einer Kammer. Dadurch ist dokumentiert, 
daß eine echte Segmentierung mit der Bildung einer 
in sich geschlossenen Kammer vorliegt. In einer 
eingehenden Analyse an einigen gut erhaltenen 
Exemplaren von Casearia articulata (SCHMIEDEL) aus 
dem schwäbischen Weißjura hat MOLLER (1974) diese 
Segmentierung 
Vergleich ist 
beschrieben und illustriert. 
hier ein Dünnschliff durch zwei 
Zum 
Kalmll-
mern einer jurassischen Casearia articulata abge-
bildet (Taf.2/3 ) . Eine solche Segmentierung ist 
bei anderen Hexactinellida nicht bekannt. Die Zu-
ordnung des vorliegenden Exemplars zur Gattung Ca-
searia dürfte somit als gesichert gelten. Die Gat-
tungszuordnung ei ner von v. FREYBERG (1928) abgebi 1-
deten Casearia sp. aus dem deutschen Muschelkalk 
ist berechtigterweise in Frage gestellt worden, da 
keine Sklerenanalyse vorl iegt (RAUFF 1937). Das 
hier vorl iegende Exemplar aus den Cassianer 
Schichten bestätigt die Annahme, daß Casearia be-
reits in der Trias existent ist. 
Hexactinosa indet. 
Es handelt sich um ein halbkreisförmiges Fragment, 
1,5 cm im Durchmesser, mit einer zentralen Ausspa-
rung. Ob diese Aussparung ein Paragaster ist, läßt 
sich nicht mit Sicherheit entscheiden, da keine 
gastrale Cortex zu sehen ist. Die dermale Diktyo-
227 
nalcortex ist dagegen deutlich erkennbar, wenn 
auch wenig kräftig entwickelt. Von dem Diktyonal-
gerüst ist fast nichts erhalten. Aussagen über 
eine eventuelle Kanalisation sind deshalb nicht 
möglich. Die Kreuzungsknoten erscheinen (soweit 
sie erhalten sind) kugelförmig verdickt (Taf.2/5). 
Das Diktyonalskelett ist unregelmäßig, die 
Maschenweite beträgt 160 ~ - 300 ~, durch-
schnittlich 242 ~ (26 Messungen). 
• 
Diskussion 
Kugelförmige Verdickungen der Kreuzungsknoten fin-
den sich rezent vor allem bei Vertretern der Eure-
tidae SCHULZE. Sie sind für alle Formen der Gattung 
Pararete IJIMA und für viele Arten der Gattung 
Eurete SEMPER charakteristisch. Fossile Hexactinel-
lida mit verdickten Knoten sind von REID (1961) aus 
der oberen Kreide Großbritaniens beschrieben wor-
den: Eurete formosum, E. mantel1i, E. lithodendron 
und E. smithi. Die Gattungen Eurete und Pararete 
zeichnen sich außerdem durch die Unregelmäßigkeit 
ihrer Diktyonalskelette aus. So variiert bei-
spielsweise die Maschenweite in Pararete far-
reopsis (CARTER) zwischen 215 ~ und 500 ~ (Mes-
sungen an Abbildungen von IJIMA 1927). Anhand die-
ser wenigen erhaltenen Merkmale (verdickte Kreu-
zungsknoten, unregelmäßige Maschenweite) allein 
• 
erscheint eine Zuordnung der beschriebenen Form 
zur Familie Euretidae SCHULZE nicht gerechtfertigt. 
Erschwerend kOIl.nt hinzu, daß die Charakterisierung 
der Euretidae im wesentlichen aufgrund eines Nega-
tivkatalogs von Merkmalen definiert ist: "Without 
canals, or showing at most amararhysis or epirhy-
tic depressions but not aporhysis" (Diagnose von 
IJIMA 1927: 128), so daß selbst bei besserer Erhal-
tung ei ne ges i cherte Zuordnung prob lemat i sch sei n 
kann. 
? Lychniscosa jndet. 
• 
Ein Fragment liegt vor, von dem wir aufgrund der 
, 
rege lmäßi gen, rhomboedri schen Form der Kreuzungs-
knoten (Taf. 2/4) annehmen, daß es sich um einen 
Rest eines lychniscosen Hexactinelliden handeln 
könnte, obwohl keine Durchbrechungen zu beobachten 
sind. Es sind jedoch alle Kieselschwämme aus den 
Cassianer Schichten stark umkristallisiert. Eine 
neomorphe Schließung ursprünglich durchbrochener 
Knoten ist des ha lb sehr wahrscheinlich. Das Ske-
lettfragment zeichnet sich durch einen engen, sehr 
regelmäßigen Maschenbau aus, wie er für die Lych-
niscosa charakteristisch ist: Maschenmweite 160 ~ 
bis 240 ~, im Durchschnitt 194 ~ (30 Messungen). 
6. Palökologie der Hexactinellida und Lithistida 
der Cass;aner C;pit-Kalke 
Zur Palökologie der Spongien-Vorkommen der Cassia-
ner Schichten wurde vor allem von FORSICH & WENDT 
(1977) grundlegende Arbeit geleistet. Allerdings 
wurden in dieser Studie nicht alle syn-und autöko-
logischen Parameter einzelner Taxa erfaßt. REITNER 
(1987) führt erstmals für die Gattung Cassiano-
thalamia eine detaillierte taxonomische und pal-
ökologische Studie durch. Alle übrigen Arbeiten 
zur Paläontologie der Spongien der Cassianer 
Schichten beschäftigten sich ausschließlich mit 
systemat ischen Fragste 11 ungen. Bi s heute fehl t 
eine grundlegende Arbeit zur Mega-und Mikrofazies 
einzelner Cipit-Komponenten. Es hat sich gezeigt, 
daß die Fazies der einzelnen allochthonen Ciptit-
Kalke sehr unterschiedlich ist. 
Di e Hexact i ne 11 i da sind in diesen Vorkommen vor 
allem in Boundstones angereichert, die durch große 
becherförmige coral1ine Spongien mit einem sehr 
prominenten Spongocoe1 dominiert werden. Diese 
Spongien werden traditionsgemäß als "Inozoa" be-
zeichnet, obwohl für eine mögliche Affinität zu 
den Ca1carea alle Merkmale fehlen. Ihre sphäru1it-
aragonitischen Basalskelette sind aspiculär, erin-
nern allerdings morphologisch an die modernen Pha-
retroniden der Murrayonida, die jedoch ein aspicu-
1äres Basalskelett aus Hoch-Mg-Kalzit besitzen. 
Neben diesen dominanten Formen finden sich zusam-
men mit den Hexactine 11 i da andere co ra 11 i ne Demo-
spongiae, wie z.B. die krustose Form Hurania sp .. 
Auffällig ist die Häufigkeit von stromatolithi-
schen Strukturen (Taf. 1/4), die oft blumenkohl-
artige Wuchsformen aufweisen. Sie entsprechen etwa 
den Thrombolithen bei AITKEN (1967). Diese Struktu-
ren bestimmen im erheblichen Maße die Mikrofazies 
und sind wesent1 icher Bestandtei 1 der Spongien-
gemei nschaften. Die "crypta 1 ga 1 crusts" durchset-
zen auch primäre Hoh 1 räume und haben somi tauch 
teilweise einen kryptisch-aphotischen Charakter. 
Ihre Entstehung geht möglicherweise auf das Zusam-
menwi rken von Cyanobakterien und chemoautotrophen 
Bakterien zurück. 
Die Hexactinelliden zeigen bei der klaren Dominanz 
einer Art (Cribrospongia) , ähnlich wie bei den 
"Lithistida", überwiegend vasenförmige Wuchsform-
228 
Typen (Taf.1/1). Sie sitzen isoliert im Lücken-
system der anderen co ra 11 i nen Spongi en. Krustose 
oder plattige Formen konnten nicht beobachtet wer-
den. Auffällig in diesem Zusammenhang ist das Vor-
handensein einer sehr stabilen Dermallage 
(Taf. 1/2-4). 
In anderen Faziestypen der Cipit-Ka1ke sind die 
Hexactine1liden selten oder nicht vorhanden. 
Die "L ithistida" sind ebenfalls an bestimmte Ge-
• 
mei nschaften von cora 11 i nen Spongien gebunden. In 
Mikrofaziestypen mit häufigen Hexactinelliden tre-
ten sie eben fa 11 s vermehrt auf, werden aber nur 
selten in unmittelbarem Kontakt zueinander gefun-
den. Dies 1 iegt daran, daß die 1 ithistiden 
Schwämme ausschl ießl ich einen Festgrund benötigen 
und z. T. inkrustieren, während die Hexactinelliden 
hier eher Weichböden bevorzugen. Sehr häufig sind 
1ithistide Demospongier zusa"."en mit den thalami-
den Cassianotha1amidae, die eine Gemeinschaft aus 
co ra 11 i nen Spongien der Gattungen Praecoryne Ila, 
Atrochaetetes und Zardinia, krustosen Foraminife-
ren, stromato1ithischen 
(Thecideidae) bi lden 
Krusten und Brachiopoden 
(Taf.5/1-7) (vergleiche 
REITNER 1987). Di e Li thi st i da wachsen auf den abge-
storbenen Teilen coralliner Spongien, Z.T. inner-
halb ihres primären Biogenporen-Systems, ein Phä-
nomen, das auch bei vergleichbaren rezenten Formen 
zu beobachten ist (Taf.5/5). Innerhalb dieser Ge-
meinschaften stellen die Lithistida mit bis zu 15% 
Anteil an der Gesamtpopulation der Schwämme einen 
wichtigen Faktor. 
Environment Interpretation 
Beide Gruppen rigider Kieselschwämme liegen weit-
gehend nur monospezifisch vor und sind stets ge-
bunden an best i"."te ri gi de cora 11 i ne Spongi en. Di e 
entsprechenden Faziestypen sind generell arm an 
echten Algen. Solenoporaceen werden nur sehr sel-
ten beobachtet. Häufig sind allerdings mikriti-
sche, z. T. thrombo1ithische Krusten, die auch in 
primären Hohlräumen vorkon.nen. Ähn 1 i ches wi rd auch 
in den Archaeocyathiden-Kalken ' des Kambriums, an-
deren Mud Mounds des Jungpa 1 äozoi kums, des Juras 
(z.B die Kiese1spongien-Mud Mounds von Süddeutsch-
land) und den Mud Mounds der Unterkreide von Nord-
span i en beobachtet (vg 1 . KOCH & REITNER in diesem 
Band). Eine bevorzugte Wuchsrichtung der stromato-
1 ithi schen Krusten wi rd kaum beobachtet, so daß 
der Einfluß von Licht für diese Organsimen offen-
sichtlich keine große Rolle spielte. Vermutlich 
handelte es sich bei diesen Organismen eher um 
• 
anoxygen-photoautotrophe oder chemoautotrophe Bak-
terien. In Oberjura-Schwan.nka 1 ken konnten nach 
photoakustischen Pigmentmessungen als Krusten-
erzeuger anoxygene Schwefelpurpurbakterien, die 
zur HzS-Spa1tung nur schwaches Infrarot-Licht 
benöt i gen, wah rsche i n 1 ich gemacht we rden (LANG 
1987) . 
Der den Ci pi t-Ka 1 ken entsprechende Typ von Spon-
gien-Gemeinschaften wird heute in Schattengebieten 
flacher bis mittlerer Schelfbereiche (50-250 m) 
und kryptischen Habitaten tropischer und subtropi-
scher Meere beobachtet (REITNER 1989). Es ist des-
halb anzunehmen, daß sich diese speziellen Spon-
gien-Gemeinschaften auf einer Karbonatrampe eines 
tieferen Bereiches um 50-200 m, der bereits ein 
erhebliches Lichtdefizit aufwies, in Mud Mounds 
angesiedelt hatten. 
Die übereinstimmungen mit den modernen Vorkommen, 
die auch im Einklang mit anderen fossilen Assozia-
tionen stehen, ist bemerkenswert. Eine Position im 
1 i chtdurchf1 uteten, bewegten F1 achwasser muß auch 
aufgrund fehlender sedimento10gischer Kriterien 
dafür abgelehnt werden. 
Dank 
Wir danken den Kollegen K.Bande1 (Hamburg ) und 
Chr. Du110 (Erlangen) für die überlassung zahl rei -
cher Proben aus den Cipit-Ka1ken, Herrn 
B.Senowbari-Daryan (Erlangen) für das zur Verfü-
gungstellen einiger Dünnschliffe aus den Cassianer 
Schichten. Herr W. Müller (Ess1ingen) hat uns 
durch die großzügige Bereitstellung von jurassi-
schem Vergleichsmaterial (Casearia articu7ata) in 
dankenswerter Weise unterstützt. Der Deutschen 
Forschungsgemeinschaft danken wir für ihre finan-
zielle Hilfe. 
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• 
, 
Tafel 1 
Hexactinellida aus den unterkarnischen Cipit-Kalken (Cassianer Schichten) 
Schluderbach: 
Fig, 1: ?Cribrospongia sp, Axialschnitt. Maßstab 5 mm 
Fig. 2: ?Cribrospongia sp. Axialschnitt mit Knospe. Maßstab 2 II~" 
Fig. 3: ?Cribrospongia sp. Detailaufnahme der Wurzelknolle. Maßstab 2 mm 
nahe der Seelandalpe bei 
, 
Fig. 4: ?Cribrospongia sp, Detailaufnahme der Diktyonalstränge, die euretoid gegen die Dermale Oberfläche 
abbiegen. Maßstab 1 mm 
Fig. 4a: Die schlecht erhaltenen Überreste einer Cribrospongia sp .. Das Diktyonalskelett ist fast voll-
ständig weggelöst, die dermale Cortex ist gerade noch erkennbar. Maßstab 0,5 mm 
Fig. 5: ?Cribrospongia sp. Schräger Querschnitt. Maßstab 2 mm 
TAFEL 1 
2 
4 3 
4A 5 
I 
Tafel 2 
Hexactinellida aus den unterkarnischen Cipitkalken (Cassianer Schichten) nahe der Seelandalpe bei 
Schluderbach: 
• 
Fig. 1: ?Casearia sp. Schräger Axialschnitt. Pfeil = Diktyonalcortex. der Dermalseite. Maßstab 5 mm 
Fig. 2: ?Casearia sp. Ende der dritten und Anfang der vierten Kammer. Die Diktyonalstränge der vierten 
Kammer setzen an der Außenseite der umbiegenden Cortex an (Pfeil). Maßstab 1 mm 
Fig. 3: Zum Vergleich eine Casearia articu7ata (SCHMIDEL) aus dem Weißjura von Schwaben. Maßstab 5 mm 
Fig. 4: ?L ychniscosa indet.: Detailaufnahme des Diktyonalskeletts. Die rhomboedrischen Kreuzungsknoten und 
die Regelmäßigkeit des Gerüstes lassen ein lychniskoses Skelett vermuten. Die ursprünglich 
durchbrochenen Knoten si nd vermut 1 i ch durch diagenetische überprägung nicht mehr erkennbar. 
Maßstab 250 ~m 
Fi g. 5: Hexactinosa indet.: Detailaufnahme des Diktyonalskeletts mit kugelig verdickten Kreuzungsknoten. 
Maßstab 300 ~m 
Fig. 6: Hexactinosa indet.: Von den Dikt yonalsträngen ist kaum mehr als die Kreuzungsknoten zu erkennen. 
Maßstab 250 ~m 
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4 6 
Tafel 3 
Lithistide Demospongiae aus den unterkarnischen Cipit-Kalken (Cassianer Schichten) nahe der Seeland-Alpe 
bei Schlu~rbach: 
Fig. 1: Tetracladiner lithistider Schwamm mit zentral verlaufenden Oscular-Röhren, die vertikal und hori -
zontal geschnitten sind. Maßstab 5 mm 
Fig. 2: Vertikaler Schnitt eines tetracladinen Lithistiden mit deutlichen Oscular-Röhren. Maßstab 5 mm 
Fig. 3: Horizontalschnitt eines tetracladiner Lithistiden. Maßstab 3 mm 
Fig. 4: Tetraclone Desmen. Maßstab 150 ~ 
Fig. 5: Netzwerk von tetraclonen Desmen. Maßstab 100 ~ 
Fig. 6: Netzwerk von tetraclonen Desmen. Maßstab 200 ~ 
TAFEL 3 
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Tafel 4 
Lithistide Demospongiae aus den unterkarnischen Cipit-Kalken (Cassianer Schichten) nahe der Seeland-Alpe 
bei Schluderbach: 
, 
Fig, 1: Horizontal geschnittener tetracladiner Lithistide, Maßstab 2,5 mm 
Fig. 2: Horizontalschnitt eines teracladinen Lithistiden. Ein Teil des Sklerenskeletts ist diagenetisch 
aufgelöst. Maßstab 2,5 mm 
Fig. 3: Detailaufnahme von Fig. 2. Innerhalb des rigiden Desmenskeletts befindet sich eine monaxone Sklere, 
vermutlich ein Rest des Dermalskeletts. Maßstab 100 ~m 
" Fig. 4: Gut erhaltenes Desmenskelett des Exemplars von Fig. 2. Die Vernetzungspunkte (Zygome) der 
Tetraclonen sind deutlich erkennbar. Maßstab 100 ~m 
Fig. 5: Megamoriner lithistider Demospongier im Vertikalschnitt. Maßstab 5 mm 
Fig, 6: Detailaufnahme von Fig. 5: Sichtbar ist das typische Netzwerk der megaclonen Desmen. Maßstab 500 ~m 
TAFEL 4 
3 
4 
5 6 
Tafel 5 
L ithistide Demospongiae aus den unterkarnischen Cipit-Kalken (Cassianer Schichten) nahe der Seeland-Alpe 
bei Schluderbach und ihre unterschiedlichen Substrate: 
• 
Fig. 1: Tetracladiner Lithistide, der auf einem ceratoporelliden Chaetetiden aufwächst. Cassianotha7amia-
Gemeinschaft. Maßstab 2,5 mm 
Fig. 2: Tetracladiner Lithistide, der auf einer Uvane77a (thalamider coralliner Demospongier) aufwächst. 
Cassianotha7amia-Gemeinschaft. Maßstab 2,5 mm 
Fig. 3: Tetracladiner L ithistide, auf einem nicht näher bestimmbaren thalamiden Schwamm aufwachsend. 
Cass ianotha 7amia-Gemei nschaft. Maßstab 2,5 mm 
Fig. 4: Ein tetracladiner Lithistide wächst in einem primären Hohlraum. Der Resthohlraum ist zementiert. Es 
1 assen sich zwei Zement gene rat ionen unterscheiden: A - Reste ei nes mari nen aragonit ischen 
Faserzements, B - meteorisch phreatischer kalzitischer Blockzement. Maßstab 2,5 mm 
Fig. 5: Ein tetracloner Lithistide umkrustet eine Cassianotha7amia zardinii REITNER. Cassianaotha7amia-
Gemeinschaft. Maßstab 2,5 mm 
Fig. 6: Ein tetracloner Lithistide siedelt im Lückensystem zwischen zwei corallinen Demospongiae (Z -
Zardinia, A -Atrochaetetes). Cassianotha7amia-Gemeinschaft. Maßstab 2,5 mm 
Fig. 7: Ein tetracloner Lithistide mit Spongocoel einer Cassianotha7amia zardinii REITNER aufgewachsen. 
Maßstab 2,5 mm 
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