%I Selbstverlag Fachbereich Geowissenschaften%C FU Berlin %X In Süß- und Brackwasserablagerungen aus Obeijura und Unterkreide von Westeuropa gehören Charophytenreste zu den häufigsten Mikrofossilien. Sie sind für diese Fazies von besonderer biostratigraphischer Bedeutung. In zwei Hauptarbeitsgebieten (Niedersächsisches Becken in Norddeutschland und Cameros-Becken in Nordspanien) sowie einigen weiteren Gebieten, aus denen stratigraphisch und regional isoliertes Probenmaterial vorlag (Sauerland, Pariser Becken, Südfrankreich, Ostspanien, Portugal, Marokko), konnten 59 Arten und Unterarten aus 13 Gattungen nachgewiesen werden. Hohen Leitwert weisen hierunter vor allem die Vertreter der Familie Clavatoraceae auf. Da die traditionelle Klassifikation der fossilen und rezenten Charophyten wegen ihrer zu starken phänetischen Orientierung nicht befriedigen kann, wird nach einer Analyse nach den Prinzipien der phylogenetischen Systematik ein neues System der Charophyten vorgestellt, in dem Bemühen, nach Möglichkeit nur noch monophyletische Taxa zuzulassen. Allerdings läßt sich dieses Ziel wegen der in der Paläontologie vorhandenen praktischen Probleme nicht ganz erreichen, so daß eine ganze Reihe von Paraphyla (in Anführungszeichen gesetzt) in der hier vorgeschlagenen Systematik verbleiben müssen. Zur grundsätzlichen Vorgehensweise ist weiterhin zu betonen, daß bei der Verwandtschaftsanalyse einer solchen merkmalsarmen Organismengruppe mit reicher Fossilüberlieferung wie den Charophyten stratigraphische Informationen (geologisches Alter von Merkmalen) unverzichtbar sind. Die seit dem Silur bekannten "Sycidiophyceae" (mit vertikalen Gyrogonit-Hüllzellen) werden als primitive Schwestergruppe des zeitgleich oder möglicherweise etwas später erscheinenden Monophylums Charophyceae emend. (Apomorphie: spiralig eingedrehte Hüllzellen) aufgefaßt. Innerhalb der Charophyceae stellen die "Trochiliscales" (rechtsgewundene Spiralzellen) lediglich ein Paraphylum dar, aus dem sich im Devon das Monophylum Charales (Apomorphie: finksgewundene Spiralzellen) abgespalten hat. Unter den Charales werden nach einer im Oberdevon / Unterkarbon erfolgten Reduktion der Anzahl der Spiralzellen ("Eocharineae" und Palaeocharineae) alle postpaläozoischen Charophyten zu dem Monophylum Charineae (Apomorphie: fünf Spiralzellen) zusammengefaßt. Innerhalb dieser Gruppe wird die Morphologie der Basalplatte (geteilt oder ungeteilt) wegen ihrer vermuteten engen Verknüpfung mit der Gametogenese für bedeutender erachtet als z.B. die Ausbildung des Apex (Hals vorhanden / fehlend) und andere morphologische Merkmale. So läßt sich ein subordiniertes Monophylum Porocharaceae emend, mit den wiederum untergeordneten Taxa "Porocharoideae" emend. (Paraphylum) und Nitelloideae emend. (Monophylum) charakterisieren. Bei Anwendung der phyletischen Sequenzbildung ist dieses vom gleichen systematischen Rang wie die später von der konservativen Feistiella – Stammlinie (Feistiellaceae n. fam.) abgespaltenen Monophyla Characeae emend., Clavatoraceae emend, und Raskyellaceae. Innerhalb der Clavatoraceae wird das Konzept der "evolutionären Art" konsequent angewandt. Dadurch werden zahlreiche traditionelle Arten in den Rang von Chrono-Subspezies gestellt. Eine Subspezies, Clavator reidi pseudoglobatoroides, wird neu beschrieben. Darüberhinaus werden zahlreiche Rekombinationen und Emendierungen vorgenommen. Die Unterfamilie Atopocharoideae emend, wird intern neu gegliedert, nachdem es erstmalig gelungen ist, die Struktur von Echinochara pecki aus dem nordwestdeutschen Kimmeridge im Detail zu erfassen. Eine weitere wichtige Änderung in der Systematik ist die Rücknahme der Synonymisierung von Aclistochara mit Lamprothamnium in MARTIN-CLOSAS & SCHUDACK (1991), da alle untersuchten Aclistochara – Gyrogonite mehrteilige Basalplatten aufweisen und die Gattung somit zu den Nitelloideae emend, gestellt werden muß. Bei vielen aufgefundenen Arten werden die Mikrostrukturen des Calcins der Spiralzellen beschrieben und typisiert Zusätzlich wurde eine eihe von rezenten Characeen untersucht um den Einfluß von Salinitätsunterschieden auf diese Wandstrukturen zu testen. Es stellte sich heraus, daß die Haupt-Gefiigetypen des Calcins, mit Ausnahme der typischen Ringstruktur der Clavatoraceen-Gyrogonite, nach bisherigem Kenntnisstand weder taxonomische noch sichere palökologische Aussagen zulassen. Basierend auf mehreren Lokalzonierungen (Nordwestdeutschland, Französischer und Schweizer Jura, Nord- und Ostspanien) sowie allen weiteren verfügbaren stratigraphischen Einzelangaben wurde eine überregionale Charophyten-Biozonierung für Obeijura und Berriasium Westeuropas erarbeitet welche vor allem im Berriasium schon eine befriedigende stratigraphische Auflösung erlaubt während die im Obeijura ausscheidbaren Zonen jeweils noch recht lange Zeitspannen umfassen. Darüberhinaus wurde die nordwestdeutsche Lokalzonierung gegenüber früheren Untergliederungen in vielen Details verfeinert. Über die Salinitätsansprüche einzelner Oberjura / Unterkreide-Taxa war bislang kaum etwas bekannt zumindest nicht durch Datenmaterial erhärtet. Durch eine detaillierte Analyse der Organismen-Gesamtassoziationen von fast 600 Proben (Auftreten von Charophyten mit palökologisch auswertbaren Ostracoden, Foraminiferen, Gastropoden u.a.) konnten für die auftretenden Gattungen und weitere Taxa erstmals genauere Aussagen getroffen werden: Besonders stark auf den limnisch-oligohalinen Salinitätsbereich beschränkt sind die Clavatoraceen Atopochara trivolvis (Spätformen), Ascidiella (Embergerella) und Pseudoglobator sowie die offenbar zu verschiedenen Clavatoraceen gehörenden vegetativen Teile der Formgattung Munieria. Auffallend salinitätstolerant sind dagegen Aclistochara, Echinochara und vor allem Porochara sowie - in etwas geringerem Maße - Globator und Mesochara. Sie kamen besonders häufig auch in stärker brackischen Gewässern vor, traten jedoch immer auch im Süßwasseibereich auf. Die übrigen Taxa (meist Clavatoraceen) liegen in ihren Ansprüchen zwischen diesen Extremen. %U http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?gldocs-11858/11545 %~ FID GEO-LEO e-docs