Lokale Schwerefeldbestimmung und -modellierung mit Hilfe der Ableitungen des Schwerepotentials

Goltz, Georg

Persistent URL: http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?gldocs-11858/11749
DOI: 10.23689/fidgeo-6080
Goltz, Georg, 2001: Lokale Schwerefeldbestimmung und -modellierung mit Hilfe der Ableitungen des Schwerepotentials. Berliner geowissenschaftliche Abhandlungen. Reihe B, Geophysik; Band 39, Selbstverlag Fachbereich Geowissenschaften, FU Berlin, 152 S., DOI: 10.23689/fidgeo-6080. 

Abstract

Die mit der Drehwaage gemessenen Ableitungen des Schwerepotentials, insbesondere der Horizontalgradient und die Krümmungsgröße, begründeten ganz wesentlich den kommerziellen Erfolg der Geophysik bei der Suche nach Kohlenwasserstoffen. Die Bedeutung der Drehwaage - und damit die Weiterentwicklung der Auswertemethodik - nahm jedoch mit der weiten Verbreitung von Gravimetern seit etwa 1950 immer mehr ab. Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Frage, mit welchen Methoden die Berechnung von Schwerewerten aus Drehwaagemessungen am besten gelingt und verfolgt den Ansatz, eine Synthese aus klassischen Verfahren mit computergestützten numerischen Methoden herzustellen. Bei Lösung dieser Aufgabe dienen die Horizontalgradienten Wxz und Wyz als Eingangsparameter, während die Krümmungsgrößen Wxy und Wyy-xx keine Verwendung finden.

Die verschiedenen Methoden werden dazu zunächst an einem synthetischen Modell und später mit Drehwaagedaten von BEB Erdgas und Erdöl GmbH (Hannover) getestet. Dazu sind insgesamt 39 Meßtischblätter im Gebiet Soltau bzw. Wathlingen (Norddeutschland) mit 35000 Drehwaagemessungen digitalisiert worden.

Das Verfahren von Haalck liefert trotz seines simplifizierten Ansatzes eine recht gute Übereinstimmung zwischen der aus den Gradienten berechneten Schwere und der Modellschwere (etwa 0.4 x 10-5 ms-2), reagiert jedoch sehr empfindlich auf Datenfehler, die sich in ausgeprägten Verbiegungen der Isolinien der Schwere äußern. Durch nachträgliche Glättung läßt sich jedoch eine Verbesserung erzielen. Nachteilig bei diesem Verfahren ist die Abhängigkeit des Ergebnisses von der vorher durchzuführenden Interpolation der Gradienten auf ein regelmäßiges Gitter und die methodenbedingte Mittelwertbildung zweier unabhängig voneinander berechneten Schwerefelder.

Diese Nachteile lassen vermeiden, wenn die Berechnung der Schwere aus den Horizontalgradienten als Ausgleichungsproblem formuliert wird, bei dem die vorherige Interpolation der Horizontalgradienten auf ein Gitter entfallen kann und eine gewisse Filterung von Fehlern in den Daten implizit durchgeführt wird. Die hiermit erreichbaren Genauigkeiten betragen bis zu 0.1 x 10-5 ms-2 und liegen in der Größenordnung der Genauigkeit einer Schweremessung.

Eine noch flexiblere Berechnungsmethode bietet die Methode der kleinsten Quadrate, bei der sowohl „Rauschen“ in den Daten als auch die gleichzeitige Berücksichtigung von Horizontalgradienten und Schwerewerten möglich wäre. Die hiermit erreichte Genauigkeit beträgt etwa 0.5 x 10-5 ms-2.

Die berechneten Schwerewerte lassen einfach sich in bestehende Datensätze integrieren, um Datenlücken zu füllen bzw. die Stationsdichte zu verdichten. In einem vier Meßtischblätter umfassenden Gebiet (Salzstock Wathlingen) konnte auf diese Weise für Teilgebiete eine verbesserte, detailreichere Schwerekarte generiert werden.

Eine unmittelbare Verwendung der Horizontalgradienten - ohne vorherige Umrechnung in Schwerewerte - erlaubt die Modellierung von Dichte und Geometrie eines dreidimensionalen Untergrundmodells. Das aus der Modellierung über- und untertägiger Schweremessungen entstandene Dichtemodell des Salzstocks von Wathlingen zeigt auch eine prinzipielle Übereinstimmung zwischen gemessenen und berechneten Horizontalgradienten. Geringfügige Abweichungen sind durch Vernachlässigung von Strukturen in Oberfiächennähe zu erklären. Deren Berücksichtigung und die damit verbundene Modellierung der Horizontalgradienten könnte jedoch eine Verbesserung des bestehenden Modells erbringen.


Torsion balance measurements of derivatives of gravitational potential - especially horizontal gradient and curvature - were a significant factor in the commercial success of exploration geophysics in detecting hydrocarbons. However, with the widespread use of gravimeters since about 1950, there has been a continuous decrease in the importance of the torsion balance and hence in the improvement of methods of analysis.

This study aims to establish which are the best methods of determining gravity values from torsion balance measurements. Its approach is to synthesize classical procedures with computer-based numerical methods, taking horizontal gradients Wxz and Wyz as input parameters, but not using the curvature values Wxy and Wyy - xx . The various methods were first tested in a synthetic model and again using torsion balance data supplied by BEB Erdgas and Erdöl GmbH (Hanover). A total of 39 topographical maps (1:25,000) of the Soltau and Wathlingen areas (northern Germany) were digitzed with 35,000 torsion balance measurements.

Despite its simplified approach, the Haalck procedure yields a good agreement between theoretical gravity and gravity calculated from gradients (about 0.4 x 10-5 ms-2 ); however it shows a highly sensitive response to data errors, expressed in pronounced deformations of the gravity contour lines. This can be improved by subsequent smoothing. The disadvantage of this procedure is that results depend on prior interpolation of the gradients to a regular grid and taking the mean of two independently calculated gravity fields.

These disadvantages may be avoided by formulating the gravity calculation from the horizontal gradients as a least squares adjustment problem, leaving out the prior interpolation of the horizontal gradients to a grid and implicitly filtering errors in the data. Accuracies of 0.1 x 10-5 ms-2 may be obtained in this way and are in the order of magnitude of gravity measurement accuracy.

A more flexible method of calculation is the method of least squares collocation by which both "noise” in the data and simultaneous allowance for horizontal gradients and gravity values are possible. Here the accuracy is about 0.5 x 10-5 ms-2.

The computed gravity values can be readily integrated in existing datasets in order to fill data gaps or enhance station density. In the case of an area covered by four topographical maps (the Wathlingen salt dome) this method allowed us to create an improved, more detailed gravity map for specific sub-areas.

The direct use of horizontal gradients - without prior conversion into gravity values - allows the modeling of density and geometry of a three-dimensional subsurface model. The density model of the Wathlingen salt dome generated by the modeling of surface and subsurface gravity measurements also shows a basic agreement between measured and computed horizontal gradients. Slight deviations are due to the disregard of near-surface structures. However, their inclusion and the simultaneous modeling of horizontal gradients could improve the existing model.