Kugelfelsen und Röhrenhöhlen als besondere Phänomene des Pfälzer Buntsandsteins
Dittrich, Doris
44: 73 - 148
Dittrich, Doris, 2016: Kugelfelsen und Röhrenhöhlen als besondere Phänomene des Pfälzer Buntsandsteins. In: Mainzer geowissenschaftliche Mitteilungen, Band 44: 73 - 148, DOI: https://doi.org/10.23689/fidgeo-5451.
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Die Kugelbildungen in der pfälzischen Oberen Felszone („Kugelfelshorizont")
und die Röhrenhöhlen stehen beide in einem genetischen Zusammenhang
mit der linksrheinischen Randlage des saar-pfälzischen Buntsandsteins. Dort dominierte
in der Untertrias ein grobklastischer fluviatiler Randsaum, der einige Male von
sehr seichten, salinar vorkonzentrierten Wässern geflutet wurde, wodurch das chemische
Milieu der Porenwässer im Sedimentkörper verändert und angereichert wurden.
Diese Wässer konnten bei Meeresspiegelhochständen kurzzeitig aus dem Beckenzentrum
im Norden und Nordosten in die proximalen Beckenrandbereiche Vordringen.
Insbesondere die weit durchhaltenden stratigraphischen Niveaus von Violetten
Horizonten (Zonen) - auch und vor allem die Violette Grenzzone am Top des Mittleren
Buntsandsteins - markieren Hochstandsereignisse des fernen Meeres. Es handelt
sich dabei nicht in erster Linie um Sedimentationsunterbrechungen. Die klastische
Vorschüttung vom Gallischen Land im Südwesten wurde synsedimentär tektonisch
gesteuert, alt angelegte Senkungsbereiche mit erzgebirgischem Streichen (WSW-ENE)
bilden sich ab.
Kugelfelsen treten in mehreren stratigraphischen Niveaus des Unteren und Mittleren
Buntsandsteins auf. Zusammenhänge mit temporären, karbonatisch-salinaren
Beeinflussungen sind jeweils vorhanden. Der in der Beckenrandregion vorgegebene
fluviatile Sedimentkörper wurde dabei frühdiagenetisch überprägt. Die Kugelbildungen
gehen auf inzwischen ausgewitterte Karbonatgehalte zurück. Sie entstanden
schon in der Untertrias, in einem frühen Stadium der Diagenese, als phreatische Calcretes
bzw. Dolocretes. Es sind Grundwasser-Bildungen mit typischen anorganischen
Alpha-Gefügen.
Die Röhrenhöhlen bzw. die einzelnen Röhrenstrukturen sind die Resultate einer
Sandstein-Verkarstung im zeitlichen Grenzbereich Spätmesozoikum/Frühkänozoikum,
bei (sub-)-tropischem Klima. Sie entstanden bei der Quarzlösung durch saure,
Huminstoff-reiche Grundwässer. Bei bevorzugter Auflösung der Quarzzemente kam
es zur Sandkorn-Vereinzelung (Arenitisierung), zum Ausspülen von Röhren (Piping)
und zur Entwicklung eines zum Altrhein im Osten gerichteten Karstsystems. An den
Röhrenwandungen bildeten sich im Grundwasserbereich Kiesel-, Eisen- und Huminsäurekrusten.
Bei einer genaueren Betrachtung und Bewertung aller von Röhrenhöhlen
bekannten, recht komplexen Fakten, lässt sich dafür ein widerspruchsfreies genetisches
Gesamtmodell entwickeln.
Die einzelnen Röhrenstrukturen folgten damaligen Kluftrichtungen. Dadurch konservierten
sie das Abbild eines alten Strukturinventars. Dies wurde vor allem von der
erzgebirgischen WSW-ENE-Richtung dominiert, die vom variskisch deformierten
Unterlager durchgepaust war. Röhrenhöhlen-Korridore zeichnen alte, erzgebirgisch
ausgerichtete Tiefschollen nach. Hinweise auf das Entstehungsalter dieser Karstformen
ergeben sich aus der statistischen Verteilung der Röhren-Längsachsen-Richtungen. Vergleicht man diese mit den für Südwest-Deutschland bekannten tektonischen
Deformationsereignissen, so lässt sich ein Entstehungszeitraum zwischen spätester
Oberkreide und frühestem Eozän einengen. Auf diese Weise ergeben sich Hinweise
auf die Ausgestaltung des linksrheinischen Deckgebirges vor der tertiären Oberrheingraben-
Tektogenese. Abstract: The spherical forms in the Obere Felszone (Middle Buntsandstein) and
the tube-shaped caves of Palatinate were caused resp. influenced by the border Situation
of the Buntsandstein left of the Rhine. Düring Lower Triassic a coarse fluvial
marginal facies dominated there. Several times this region has been flooded by very
shallow pre-concentrated saliferous waters. Thereby the chemical environments of the
porewaters in the Sediment body were changed and enriched. Düring wide-ranging
highstands of the sea level these waters could intrude briefly from the northern and
northeastern center to the (proximal) marginal zones of the Palatinate basin. Especially
the very expansive Stratigraphie units of violet horizons or zones and mainly the Violette
Grenzzone at the top of Middle Buntsandstein indicate highstands of the far off
sea. They were not primarily caused by interruptions of Sedimentation. The clastic
Sedimentation from the Gallic Land in the Southwest was controlled by slow synsedimentary
tectonic movements, old WSW-ENE striking troughs are documented.
Rocks with spherical segregations appear in several Stratigraphie units of Lower
and Middle Buntsandstein. Connections with temporary carbonatic-hypersaline influences
exist. The fluviatile Sediment succession which existed in the marginal area
has been overprinted by this during early diagenesis. The sphere-shaped structures resulted
from carbonate contents which have been washed out in the meantime. They
already generated during Lower Triassic, as phreatic calcretes resp. dolocretes. They
represent groundwater- produced formations with typical inorganic Alpha fabrics.
The tube-shaped caves resp. the individual tube structures resulted from the
karstification of sandstones. This happened under (sub-)tropical climatic conditions,
which existed during late mesozoic/ cenozoic times. They generated by dissolution of
quartz, caused by acidic groundwaters, rieh in humins. Quartz-cements were dissoluted
preferentially. This caused a singularization of the sand grains (arenitization)
and a rinsing of tubes (piping). Akarstic System developed, directed to the old precursor
of the Rhine River. At the tube walls silcretes and iron- resp. humin-crusts were
precipitated by groundwaters. By valuation of all facts known about the tube-shaped
caves, being quite complex, a consistent model can be generated.
The individual tubes followed the joint sets which existed at that time. An old
structural inventory was conserved by this. It was dominated by the WSW-ENE-direction.
This had been traced from the basement which was deformed during the variscan
orogeny. Corridors of tube-shaped caves follow old WSW-ENE striking, narrow
downthrown blocks in the underlying basement. The age of these karstifikation forms
can be deduced from the Statistical distribution of directions of the tube axes. The
development phase can be reconstructed by comparing these old directions with the
tectonic deformation phases known from southwestern Germany. The resulting time
span is latest Upper Cretaceous tili early Eocene. Moreover some informations concerning
the structural state of the palatinian mountains before the evolution of the
Upper Rhine Graben System can be gained.
1. Einführung
2. Rahmenbedingungen bei der Entstehung des Pfälzer Buntsandsteins
2.1. Die tektonischen Gegebenheiten
2.2. Die paläogeographische Situation am Südwestrand des Germanischen Beckens
2.2.1. Die klastische Vorschüttung vom Gallischen Hinterland
2.2.2. Temporäre marine Einflüsse und die besondere paläogeographische Bedeutung
von Violetten Horizonten bzw. Zonen
3. Kugelfelsen
4. Röhrenhöhlen
4.1. Generelle Charakteristika der Röhrenhöhlen
4.2. Ältere Deutungsansätze
4.3. Die genetische Erklärung durch Sandsteinkarst
4.4. Alterseinstufung der Entstehungsprozesse
4.5. Röhrenförmige Strukturen in anderen stratigraphischen Niveaus
5. Ausblick
Schriften