Biometrische Untersuchungen zur Evolution von Theridomys und Blainvillimys (Rodentia, Theridomorpha) des europäischen Alttertiärs mit Hilfe graphischer Datenverarbeitung (Phylogenese, Stratigraphie, Funktionsmorphologie, Paläoökologie, Paläobiogeographie)
Gad, Jürgen
23: 7 - 38
Gad, Jürgen, 1994: Biometrische Untersuchungen zur Evolution von Theridomys und Blainvillimys (Rodentia, Theridomorpha) des europäischen Alttertiärs mit Hilfe graphischer Datenverarbeitung (Phylogenese, Stratigraphie, Funktionsmorphologie, Paläoökologie, Paläobiogeographie). In: Mainzer geowissenschaftliche Mitteilungen, Band 23: 7 - 38, DOI: https://doi.org/10.23689/fidgeo-5720.
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Die Analyse von Zähnen der Theridomyinae aus Süddeutschland der
Gattungen Theridomys und Blainvillimys ergibt jeweils eine eigenständige, von Westeuropa
unabhängige phylogenetische Linie. Für die Theridomys-Linie (MP 21-MP 25, T.
brachydens - T. ludensis ludensis) lassen sich unter anderem mit Bildverarbeitungsmethoden
insgesamt 20 verschiedene Trends nachweisen (z. B. Zunahme der Hochkronigkeit,
Abnahme der Schmelzbanddicke, Eintiefung des Sinus, Zunahme in der Rundung des
Sinusids, Zunahme in der Taeniodontie). Bei der Blainvillimys-Lmie von B. heimersheimensis
(MP23-MP25, primitiver B. heimersheimensis - evoluierter B. heimersheimensis)
sind zwei Trends feststellbar (Synklinale I nimmt an Häufigkeit zu, das Sinusid wird
größer). Diese Trends werden für eine Einstufung der jeweiligen Fundpunkte in die
europäischen Säugereinheiten benutzt. Weiterhin konnten mit den gewonnenen Daten
biogeographische, paläoökologische und funktionsmorphologische Überlegungen verknüpft
werden. Die jeweiligen Endglieder der Süddeutschen Blainvillimys- und Theridomys-
Linie wanderten nach Westeuropa, im Gegenzug erschienen in dieser Zeit die Endglieder
der westeuropäischen Theridomys- und Blainvillimys-Lmie (T. lembronicus und
B. blainvillei) in Süddeutschland. Die evolutionären Veränderungen im Zahnbau von
Blainvillimys werden nicht als reine Anpassung an eine härtere Nahrung in einer zunehmend
ariden Umgebung angesehen (Vianey-Liaud 1979), da Blainvillimys blainvillei in den
Sumpfwäldern der Süddeutschen Molasse nachzuweisen ist. Es handelt sich bei dieser
Art möglicherweise um eine ausgesprochen euryöke Form. Mit Hilfe der graphischen
Datenverarbeitung konnte gezeigt werden, daß bei der westeuropäischen Blainvillimys-
Linie (B. langei - B. helmeri) eine sukzessive Veränderung in der Ausrichtung der
Schmelzbänder senkrecht zur Bewegungsrichtung stattgefunden hat. Dieser Wechsel
wird als Optimierung der Scherfunktion dieser Zähne erklärt. Abstract: Analysis of the associations of the teeth of Theridomyinae from Southern
Germany show that the genera Theridomys und Blainvillimys are represented in this area
by other species than in contemporaneous deposits in Western Europe. The Theridomys
lineage (MP 21-MP 25, T brachydens - T. ludensis ludensis) consists of 20 different phylogenetical
trends (for example: increase in crownheight, decrease in the thickness of the
enamel band, increase in the indentation of the sinus, increase in the roundness of the
sinusid). The Blainvillimys lineage (MP23-MP25, a primitive B. heimersheimensis -
evolved B. heimersheimensis) consists of two trends (Syncline I increases in frequency, the
sinusid enlarges). These trends are used to allocate the different localities into the Mammal
Paleogene (MP) Reference levels. The different data are useful to biogeographical,
paleoecological and functional morphological considerations. The respective terminal taxa (T. ludensis ludensis and B. heimersheimensis) of the Theridomys and Blainvillimys
linaeage of south Germany emmigrate to Western Europe and the westem Europe species
(T. lembronicus and B. blainvillei) immigrate to south Germany The changes of the teeth
of Blainvillimys are not considered to be a pure adaption to compensate the increased
wear of teeth if tough food is degested in an aride environment (Vianey-Liaud 1979), since
B. blainvillei is found in Southern Germany in the wet environment of the subalpine
molasse. It seems more likely that the Blainvillymis species are able to live in wet and
dry environments. It is shown with the aid of Computer graphics that the direction of
the enamel ridges (Blainvillymis lineage: B. langei to B. helmeri) changes in relation to the
longitudinal axis of the cheek teeth through time. This evolutionary change is explained
as an increase in efficiency of shearing function of the teeth.
1. Einleitung
2. Phylogenetische Trends
2.1. Phylogenetische Trends in der Entwicklungslinie von Theridomys brachydens
(Möhren 13) zu Theridomys ludensis ludensis (Habach 5)
2.1.1. Oberkieferzähne (Zunahme der Hypsodontie am Beispiel der Ml/2 sup., Vergrößerung
des Sinus am Beispiel der Ml/2 sup., Abnahme der Schmelzbanddicke
dargestellt an den Ml/2 sup., Abnahme der Sporne am Beispiel der
Ml/2 sup., Zunahme der Taeniodontie, Veränderungen am P4 sup.)
2.1.2. Unterkieferzähne (Höhenzunahme am Beispiel der Ml/2 inf., Vergrößerung
des Sinusids am Beispiel der Ml/2 inf., Zunahme der Rundheit des Sinusids,
Abnahme der Schmelzbandfläche, Abnahme der Sporne am Beispiel der
Ml/2 inf., Reduktion des Anteconids am Beispiel der Ml/2 inf., Veränderungen
am D4 inf., Veränderungen am P4 inf.)
2.2. Phylogenetische Trends innerhalb der Linie von Theridomys aquatilis (Möhren
19 über Grafenmühle 10 nach Möhren 13)
2.3. Phylogenetische Trends bei den deutschen Blainvillimys-Arten
2.3.1. Blainvillimys rotundidens moehrenensis, ein Beispiel für eine konservative
Art
2.3.2. Phylogenetische Trends innerhalb der Linie von Blainvillimys heimersheimensis
(Schelklingen 1 über Heimersheim nach Mumau 1 und Burgmagerbein 2)
2.4. Phylogenetische Trends innerhalb der Westeuropäischen Blainvillimys-Arten
3. Versuch einer Rekonstruktion des Anpassungsprozesses für Blainvillimys und
Theridomys
4. Paläoökologie
5. Paläobiogeographie
6. Stratigraphie
7. Zusammenfassung der Ergebnisse
Schriften