Hydrochemie, Thermometrie und Fließverhältnisse des Grundwassers in den südöstlichen Stadtbezirken von Berlin (West) - Neukölln, Kreuzberg, Tempelhof, Schöneberg
Otto, Roland
Reimer, Berlin
Sammelbandbeitrag, digitalisiert
Deutsch
Otto, Roland, 1987: Hydrochemie, Thermometrie und Fließverhältnisse des Grundwassers in den südöstlichen Stadtbezirken von Berlin (West) - Neukölln, Kreuzberg, Tempelhof, Schöneberg. Berliner geowissenschaftliche Abhandlungen. Reihe A, Geologie und Paläontologie; Band 88, 140 S., DOI: https://doi.org/10.23689/fidgeo-6235.
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Im Zuge des Grundwassererkundungsprogramms "Bohrprogramm Süd" des Senators für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Berlin (West), wurde in den südöstlichen Stadtbezirken von Berlin (West) - Kreuzberg, Schöneberg, Neukölln sowie in Teilen von Wilmersdorf und Tempelhof - die Hydrochemie, die Thermometrie und die Fließverhältnisse des Grundwassers untersucht. Die Auswertung der zuvor niedergebrachten Aufschlußbohrungen ergab folgende Schichtenfolge und Lagerungsverhältnisse:
Ober dem mi tteloligozänen Septarienton, welcher das Salzwasser im Liegenden vom Süßwasser im Hangenden trennt, folgen gl immer führende Quarzsande sowie glaukonithaltige Schluffe des Oberoligozäns (Untere und Obere Cottbusser Schichten). Die miozäne Quarzsandgruppe beginnt zuunterst mit dem sogenannten Basalhorizont, welcher sich lithologisch durch scharfkantige, z.T. feinkiesige Quarzsande auszeichnet. Im weiteren besteht sie vornehmlich aus grauen und braunen fein- und grobsandigen Mittelsanden. Die Formsandgruppe im Hangenden setzt sich im wesentlichen aus kohlehaltigen Schluffen und schluffigen Tonen zusammen. Sowohl der Quarzsand- wie auch der Formsandgruppe sind lokal mehrere bis zu 5m mächtige Braunkohlenflöze zwischengeschaltet. Beide Gruppen werden durch Feinsande, dem Hauptmittel, voneinander getrennt.
Die ältesten eiszeitlichen Ablagerungen sind in das Elsterglazial zu stellen. Zu dieser Zeit bildeten sich im Untersuchungsgebiet durch subglaziäre Schmelzwässer Rinnen, deren Sohlfläche im Rinnentiefsten bei -190 m NN liegt. In diesen Rinnen lagerten sich neben grobklastischen Sedimenten auch Geschiebemergel und Beckentone in großer Mächtigkeit ab.
Das Holsteininterglazial , dessen Oberkante um 0 m NN schwankt, ist im Untersuchungsgebiet weit, verbreitet und zeichnet sich durch das Auftreten von Ton-, Schluff- und Kalkmudden aus. Die jungpleistozäne Schichtenfolge besteht aus Mittel- und Grobsanden, denen bis zu 5 Grundmoränen zwischengeschaltet sind. Im oberflächennahen Bereich ist im Untersuchungsgebiet ein weichseleiszeitlicher Geschiebelehm bzw. -mergel großflächig verbreitet.
Nach ihrer Beschaffenheit sowie gemäß ihrer geologischen Entnahmeposition bilden die Grundwässer des Untersuchungsgebietes drei Gruppen. Die Grundwässer der Gruppe 1 wurden der Schichtenfolge im Hangenden des Holsteininterglazials sowie in drei Fällen aus demselben entnommen. Es handelt sich um Wässer des Ca(Mg)-HCO3-SO4-Typs, die z.T. erhebliche Cl-Gehalte aufweisen. Darunter folgen als Gruppe 2 die Grundwässer aus den höheren elsterglazialen Schichten sowie die aus der miozänen Quarzsand- und Formsandgruppe ausschließlich des Basalhorizonts. Sie sind mäßig mineralisiert und stellen Kalzium-Hydrogenkarbonat-Wässer mit deutlichen Übergängen zum Kalzium-Natrium- bzw. Natrium-Kalzium-Hydrogenkarbonat-Typ dar. Das Auftreten dieser Austauschwässer ist im Grenzbereich zwischen Süß- und Salzwasser zu beobachten. Die Grundwässer der dritten Gruppe entstammen den tieferen Schichten des Untersuchungsgebiets, d.h. den oberoligozänen Sedimenten, dem miozänen Basalhorizont sowie den tieferen Bereichen der elsterglazialen Rinnen. In dieser Gruppe sind vorallem Übergänge vom Ca-HCO3-Typ bzw. Ca-Na-HCO3-Typ zu Na-Ca-HCO3Cl- und NaCl-Wässern zu beobachten, welche auf den Aufstieg salinarer Tiefenwässer hinweisen. Eine Aufstiegszone liegt im Nordosten des Bezirks Kreuzberg, wo erhöhte NaCl -Gehalte in Tiefen >-40 m NN beobachtet werden.
Die Spurenmetallgehalte der Grundwasserproben lagen in der Regel deutlich unter den Grenzwerten der TrinkwV (1986). Während das Grundwasser aus der jungpleistozänen Schichtenfolge die größten Fe- und Mn-Gehalte aller drei Gruppen aufwies, waren erhöhte Sr- und B-Konzentrationen charakteristisch für die versalzenen Tiefenwässer.
10 Grundwasserproben aus der tertiären Schichtenfolge wiesen als Charakteristikum eine braune bis schwarze Färbung auf, welche auf den Kontakt des Wassers zur Braunkohle zurückzuführen ist. Es deutet sich an, daß diese organischen Inhaltsstoffe in Form von Alkalihumaten gelöst sind.
Im oberflächennahen Bereich wurden in 2 von insgesamt 37 Baulosen die Lösungsmittel Tri- und Perchloräthylen gefunden, die bei weitem die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung überstiegen.
Das Temperaturfeld wird im Untersuchungsgebiet durch mehrere Faktoren geprägt. Unter den Infiltrationszonen haben sich bis in Tiefen von -20 m NN Bereiche mit Temperaturen ausgebildet, welche der mittleren Jahrestemperatur an der Erdoberfläche entsprechen (Neutrale Zone). In den dicht besiedelten Teilen hingegen sind die oberflächennahen Schichten infolge der urbanen Abwärme deutlich erwärmt.
Im Liegenden des Holsteininterglazials ist ein Anstieg der Temperaturen von Süden nach Norden zu verzeichnen. Dieses Wärmehoch hat seine Ursache im Aufstieg wärmerer, hoch mineralisierter Tiefenwässer. In den thermisch ungestörten, tieferen Schichten im Süden des Untersuchungsgebiets schwankt die aus den Temperaturgradienten und Wärmeleitfähigkeiten berechnete Wärmestromdichte zwischen 0.050 und 0.065 W∙m-2.
Aus den Grundwassergleichenplänen und den Druckspiegeldifferenzenplänen ist zu entnehmen, daß der Abstrom des Grundwassers in den Grundwasserleitern sowohl im Hangenden (A) als auch im Liegenden (B) des Holsteininterglazials im Südosten des Untersuchungsgebietes auf das Wasserwerk Johannisthal, im Südwesten sowie nördlich des Teltowkanals nach Norden bzw. Nordwesten gerichtet ist. Im Bereich des Senktrichters des Wasserwerks ist die Potentialdifferenz (Δh=(B) - (A)) zwischen beiden Grundwasserleitern positiv, im Südwesten in Richtung auf die Rieselfelder in den Landkreisen Zossen und Königs-Wusterhausen (Nährgebiet) negativ. Daraus ergibt sich im Südwesten des Untersuchungsgebietes eine Ernährung des unteren Grundwasserleiter über den oberen, während im Bereich der positiven Druckspiegeldifferenzen eine Zusickerung des Grundwassers von unten nach oben wahrscheinlich ist. Im Norden des Gebietes sind die Druckverhältnisse infolge von Leakage ausgeglichen.
Während die oberoligozänen Schichten sowie das höhere Miozän nur mäßig durchlässig sind, weisen der miozäne Basalhorozont und die pleistozänen Grundwasserleiter gute Durchlässigkeiten auf.
Für eine Notversorgung mit Trinkwasser ist, ausgenommen die Aufstiegszone der salinaren Tiefenwässer im Norden, der Grundwasserleiter unmittelbar im Liegenden des Holsteininterglazials geeignet, da er gut durchlässig ist und eine Abdeckung durch grundwasserstauende Schichten in Form der holsteininterglazialen Sedimente sowie der saale- und weichseleiszeitlichen Geschiebemergel besitzt. Zudem weist das Grundwasser eine gute Qualität auf. In the course of the ground water exploration programm "Bohr Programm Süd" of the Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz in Berlin-West the hydrochemistry, the temperature-field close to the surface and the ground water flow in the southeast districts of Berlin (Kreuzberg, Schöneberg, Neukölln and in parts of Tempelhof and Wilmersdorf) was examined. The analysis of the exploration drilling program showed the following stratigraphic seqúense and bedding conditions:
Above the middle Oligocène "Septarienton", which separates the saltwater in the depth from the fresh water above, micaceous quartz sand and glaukonitic silt of the upper Oligocene are found (Untere and Obere Cottbus ser Schichten). The Miocene "Quarzsandgruppe" starts with the "Basalhorizont", which is composed of angular quartz sand, partly mixed with fine gravel. Above this layer follows a grey and brown fine-sandy and coarse-sandy medium-grained Sand. The "Formsandgruppe" in the hanging layer consists of coal -bearing silts and siltic clays. In the "Quarzsandgruppe" as well as the "Formsandgruppe" coal seams exist with a thickness of up to 5 m. Both groups are separated by fine sands (Hauptmittel).
The oldest glacial layers were deposited in the Elsterian drift. At that time channels arised in this area caused by subglacial melt water. Their greatest depth is nearly 190 m below the sea level. In these channels coarsely clastic sediments, boulder clay and glacial basin clay are found.
The Holstein Interval, its top almost reaching sea level, consists of clay mud, silt mud and calcareous mud. The upper Pleistocene layers are composed of middle and coarse sands and up to 5 ground moraines. In the works area boulder clay is spread, which is deposited in the Weichselian, close to the surface.
Suiting their condition and geological sampling position the ground water is devided in three groups. The water of the first group was taken out the hanging layers of the Holstein Interval. It is water of the Ca(Mg)-HCO3-SO4-type with partly high concentrations of chloride. Below that there follows the ground water of group two, which was pumped out of the upper Elsterian and the Miocene layers except the "Basalhorizont". It was lowly mineralized and is appointed to the Ca-HCO3-type with a developement to the Ca-Na-HCO3- or Na-Ca-HCO3-type. The occurrence of these exchange waters is observed near the boundary of fresh and salt water.
The ground water of the third group was taken out of the deeper layers in the works area especially out of the upper Oligocène deposits, the Miocene "Basalhorizont” and the deeper areas of the Elsterian channels. In this group you find a developement from the Ca-HCO3 type or Ca-Na-HCO3-type to a Na-Ca-HCO3 -Cl-type and NaCl -water, which refers to an ascent of deeper salt water. The ascent area is in the northeast of the district Kreuzberg, where the NaCl-water is found in a depth of 40 m below sea level.
The amounts of trace metal of the ground water samples were lower than the limiting values of the TrinkwV (1986). Whereas the ground water of the upper Pleistocene stratigraphic sequense has the highest concentrations of Fe and Mn, you find high values of Sr and B in the salt water.
Ten ground water samples, which were pumped out of the Tertiary layers, have a brown or black color, which was led back to their contact to the brown coal. It indicates, that this organic matter is dissolved as alkali humate.
Close to the surface we found in 2 of 37 ground water measuring points tricloroethen and tetrachloroethen with levels higher than the threshold values of the TrinkwV (1986).
The temperature field in the works area is affected by several factors. Under the infiltration zones temperatures arised up to a depth of 20 m below sea level, which correspond with the average annual temperatures at the surface (Neutrale Zone). In those areas, which are densely populated, the layers close to the surface are clearly warmed, in consequence of the urbane waste heat.
In the underlaying bed of the Holstein Interval the temperatures are rising from south to north. This is conditioned by an ascend of warm and highly mineralized ground water from the depth. In the thermal undisturbed deeper layers in the south of the works area the heat flow, which was calculated by values of temperature gradients and thermal conductivity, varied between 0.050 and 0.065 W m-2.
The contour map of the water table and the map of the differences of the piezometric levels of the ground water showes, that the flow off in the aquifer in the hanging layer (A) as well as in the underlaying bed (B) of the Holstein Interval is directed in the southeast of the works area to the water-works (Johannisthal), in the southwest and northern the "Teltowkanal" to the north and northwest.
In the depression funnel of the waterworks the difference of the piezometric levels Δh=(B)-(A) between both aquifers is positive, in the southeast directed to the sewage fields in the districts Zossen and Königs-Wusterhausen (alimentation area) the difference is negative. In the southeast of the works area the lower aquifer is supported by the upper aquifer, whereas in the area of the positive difference of the piezometric levels from the bottom toward the top a leakage is probable. In the north the pressure difference is equalized.
Whereas the upper Oligocene layers and the upper Miocene are not very permeable, the Miocene "Basal horizont" and the Pleistocene aquifer present a good permeability.
For a supply of the population with drinking water in a period of distress the aquifer in the underlaying bed of the Holstein Interval is suitable except the ascent area of salt water in the north, because it is of good permeability and has itself an impermeable bed above. Besides the ground water has a good quality.