Die Valangin-Hauterive-Grenze im zentralen Niedersächsischen Becken
1988Reimer, Berlin
Sammelbandbeitrag, digitalisiert
Deutsch
Janofske, Dorothea; Keupp, Helmut (Ed.), 1988: Die Valangin-Hauterive-Grenze im zentralen Niedersächsischen Becken. Berliner geowissenschaftliche Abhandlungen. Reihe A, Geologie und Paläontologie; Band 94, Reimer, Berlin, DOI: https://doi.org/10.23689/fidgeo-6243.
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Zwei Profile im Grenzbereich Valangin-Hauterive des zentralen Niedersächsischen Beckens - entlang des Mittellandkanals bei Stadthagen und die ca. 1,5 km entfernte Bohrung Wiedensahl 2 – wurden sedimentologisch und paläontologisch bearbeitet. Bei gleichbleibender Fazies (graue Silt- und Tonsteine) ermöglicht die lückenlose Sedimentation trotz der Armut und größtenteils schlechten Erhaltung der Mikro- und Megafossilien, den stratigraphischen Grenzbereich mit neuen Argumenten zu diskutieren. Nach einer systematischen Bearbeitung der wesentlichen Organismengruppen (Ammoniten, Belemniten, Foraminiferen, Ostracoden) und einer Erfassung des kalkigen Nannoplanktons, kalkiger und organisch-wandiger Dinoflagellaten-Zysten, Sporen/Pollen wird für die nicht eindeutig definierten "Astierien-Schichten" , die im vorliegenden Bearbeitungsraum ca. 12 m mächtig sind, die Einstufung als paucinodum- Zone in das basale Hauterive vorgeschlagen. Der Vorschlag ist auf das Einsetzen der Ammonitengattung cf. Eieniceras, der phylogenetischen Stammgruppe der Endemoceraten, und das erste Auftreten charakteristischer Mikrofossilien des Hauterives (Lenticulina bettenstaedti, Lagena hauteriviana hauteriviana, Triplasia georgsdorfensis, Protocythere triplicata, Acrocythere hauteriviana hauteriviana) gestützt. Für die Stratigraphische Anwendung und die systematische Bearbeitung der Ammonitenfaunen werden erstmals für diesen Bereich phylogenetisch begründete Reihen eines Chronospezieskonzepts angewandt.
Gleichbleibende sedimentologische Verhältnisse in Verbindung mit einem seit dem Ober-Valangin allmählichen Anstieg der Artendiversität sowie wärmeliebender Nanno-, Mikro- und Megafossilien lassen als Ursache für den Organismenwandel eher kontinuierliche Milieuverbesserungen infolge langsamer Transgressionsvorgänge und einem dadurch zunehmenden tethyalen Einfluß erkennen, als einen durch das Abschmelzen von Eismassen auf der nördlichen Hemisphäre (KEMPER 1983, 1987) bedingten, raschen eustatischen Anstieg des Meeresspiegels.
Die Bearbeitung der Palynomorpha hat infolge der schlechten Erhaltung (Beeinflussung durch Intrusion des Vlotho-Massivs) keine zusätzliche Argumente für die Stratigraphie erbracht. Ein vom Ober-Valangin bis Unter-Hauterive offensichtlich unverändertes Sporen/Pollen-Spektrum und eine nahezu gleichbleibende terrigene Tonmineral -Zufuhr lassen auf ± konstante Klimaverhältnisse schließen.
Für die kalkigen Dinoflagellaten-Zysten, die erst im Unter-Hauterive mit einer arten- und individuenarmen Flora kosmopolitischer Formarten einsetzt, scheint zu dieser Zeit die Situation des Ablagerungsraumes im Beckenzentrum ökologisch noch zu ungünstig gewesen zu sein. Die Vertikal Verteilung des kalkigen Nannoplanktons zeigt - wohl verursacht durch mediterrane Einflüße während des Transgressionsschubs an der Ober-Valangin-Basis (KEMPER et al. 1981) - einen auffälligen Florenschnitt an der Grenze Unter-Ober-Valangin. Bei starker Dominanz von Ellipsagelosphaeraceen nimmt die Artendiversität bis zum Unter-Hauterive allmählich zu. Kurzzeitige Ingressionen von Nannoconiden im basalen Ober-Valangin und in der amMygomum-Zone des Unter-Hauterive belegen den jeweiligen Tethys-Einfluß. Autoren:
Prof. Dr. Helmut Keupp, Institut für Paläontologie, FU Berlin;
Dipl.-Geol. Andreas Janicke, Institut f. Geologie, Ruhr-Universität Bochum;
Dr. Kurt Niedziolka, Institut für Geologie, Ruhr-Universität Bochum;
Dipl.-Geol. Peter Quensel, Institut für Geologie, Ruhr-Universität Bochum;
Dr. Abdul R. Ashraf, Institut für Paläontologie, Bonn;
Priv.-Doz. Dr. Raimund Below, Institut für Paläontologie, Bonn;
Dr. Jörg Mutterlose, Institut für Geologie und Paläontologie, TU Hannover;