Einfluss der Moorflächen auf die Besiedlung Niedersachsens zwischen 1821 und 2018
Rösel, Lydia
Rösel, Felix
Rösel, Lydia; Rösel, Felix, 2020: Einfluss der Moorflächen auf die Besiedlung Niedersachsens zwischen 1821 und 2018. In: TELMA - Berichte der Deutschen Gesellschaft für Moor- und Torfkunde, Band 50; 2020: 29 - 44, DOI: 10.23689/fidgeo-3952.
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Geographische Gegebenheiten und Naturressourcen beeinflussen langfristig das menschliche
Siedlungsverhalten und die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen. Studien haben gezeigt, dass ein
naturbedingter Unterschied in der Entwicklung auch dann noch nachwirkt, wenn die Ressource selbst
bereits verschwunden ist. Ein wichtiges, aber bisher kaum systematisch untersuchtes Beispiel hierfür
sind Moore. In diesem Artikel zeigen wir, wie Moorbedeckung die langfristige Entwicklung einer Region
beeinflusst. Dazu betrachten wir die Moorflächen um 1800 und 2012 im Land Niedersachsen und stellen
sie der Entwicklung der Bevölkerungszahl von 1821 bis 2018 in allen niedersächsischen Gemeinden
gegenüber. Unsere Ergebnisse zeigen einen enormen Rückgang der Fläche intakter Moore von 17,3 auf
0,8 % im Durchschnitt über alle Gemeinden, bei einem gleichzeitigen Anstieg der Einwohnerdichte
von 40,6 auf 145,8 Einwohner pro km2. Vormals stark durch Moore geprägte Gemeinden waren 1821
weniger dicht besiedelt – und sie sind es heute noch, obwohl das Moor größtenteils verschwunden
ist. Trotz der massiven Bemühungen bei der Moorkolonisierung und -kultivierung sind Gemeinden
mit vormals hohem Mooranteil heute immer noch halb so dicht besiedelt als Gemeinden ohne Moor.
Dass die einst moorreichen Gemeinden den einstigen Bevölkerungsrückstand noch nicht vollständig
aufholen konnten, ist auch auf die zahlreichen prägenden historischen Ereignisse der jüngeren deutschen
Geschichte der letzten 200 Jahre zurückzuführen. Geographical conditions and natural resources affect local human settlement and economic development
in the long run. An important but hardly examined example are peatlands. In this article, we show how
original peatland coverage influences regional long-term development. For that purpose, we investigate
peatland coverage at around 1800 and 2012 Niedersachsen, Germany, and link it to population density
TELMA Band 50 Seite 29 - 44 2 Abb., 3 Tab. Hannover, November 2020
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over the period 1821 to 2018 in all communities. We find a drastic decrease of untapped peatland
coverage, dropping from 17.3 to 0.8 % on average. By contrast, population density increases from 40.6
to 145.8 inhabitants per square kilometer within 200 years. In 1821, communities that were extensively
covered by peatlands were less densely populated – and they still are today, even though almost all
peatland has disappeared. In spite of the massive efforts in peatland colonization and cultivation,
peatland communities are still half as densely populated as communities without any peatland around
1800. We discuss historical events over the last 200 years explaining why communities formerly rich in
peatlands did not fully catch up.